Trachtler erobern die Wiesn – da bleibt „Cordula Grün“ lieber dahoam

von Redaktion

Rosenheim – Das Oktoberfest mag das größte Volksfest der Welt sein. Was die Münchner aber nicht haben, das hat das Rosenheimer Herbstfest: einen urigen Blasmusikabend in Europas größtem Holzfestzelt mit Goaßlschnalzern und Schuhplattlern – garantiert schlagerfrei. Jedenfalls ließ sich im ganzen Zelt keine „Joana“, keine „Cordula Grün“ und keine „Sweet Caroline“ blicken.

Schee, dass es das auch 2025 noch gibt auf der Party-Wiesn, wo sich die Leute sonst gern nach „Bella Napoli“, „Amarillo“, „Amsterdam“ oder „Fürstenfeld“ singen und sehnen. „Weit und breit findet man so a pfundige boarische Gaudi koa zwoats moi“, betonen Roland Merk, Dirigent der Dreder Musi, Trachten- abend-„Erfinder“ Walter Weinzierl, Ehrenvorsitzender des Inngau-Trachtenverbandes, und Flötzinger-Brauereichefin Marisa Steegmüller. Dabei die Köpfe etwas einzuziehen – das ist vorteilhaft, wenn die schneidigen Nußdorfer Goaßlschnalzer unter Leitung von Georg Dettendorfer junior auf die Bänke steigen und zum „Rainer Marsch“ die Peitschen schwingen und knallen lassen. Während die Schnalzer schnalzen, juckt es die Schuhplattler schon in Hand und Fuß. Schnell füllen sich dann die Gänge zwischen den Biertischen vor und neben der Musikbühne – und schließlich geht die Post ab. Hunderte schneidige Burschen hauen im Takt auf ihre Schuhsohlen und ihre Lederhosen, dass es eine wahre Freude ist. „Oiß, wos an Hax no auffebringt“, so formuliert es Walter Weinzierl, macht bei dem urbayerischen Spektakel mit. Die Ursprünge des Schuhplattelns reichen übrigens bis ins frühe Mittelalter zurück. „Erfunden“ haben es wohl einfache Leute – Bauern, Holzknechte und Jäger. 1050 hat ein Mönch des Klosters Tegernsee in seiner Ritterdichtung „Ruodlieb“ erstmals eine Frühform des Schuhplatteln beschrieben, als er von einem „Sprung und Handgebärde im Tanz“ berichtete. 1838 soll sogar Alexandra Fjodorowna, die Kaiserin von Russland und Gemahlin von Zar Nikolaus I., beim Kuraufenthalt in Wildbad Kreuth in den Genuss einer „boarischen“ Tanzdarbietung gekommen sein, die dem Platteln von heute schon sehr nah kam. Während sich die Dirndl weiter im Takt drehten, sprangen, schnaggelten und plattelten die Burschen alleine weiter. Schon wenig später kam es dann zu einer Vereinheitlichung des Tanzes. 1861 – im Geburtsjahr des Rosenheimer Herbstfestes – gründete sich in Miesbach ein Verein, der sich bald in „Schuhplattler-Gesellschaft“ umbenannte. ru/ls

Artikel 11 von 11