Gelassenheit der letzten Ferientage

von Redaktion

Zwischen Himmel und Erde

Wenn ich meine Ministranten frage, wie es ihnen in den Ferien geht, höre ich meist ein leises Knurren: „Könnte mich dran gewöhnen.“ Oder: „Ein paar Wochen mehr wären schon recht gewesen.“ Vereinzelt aber auch die Rückmeldung: „Zumindest sehe ich alle meine Freundinnen bald wieder.“ Und doch schwingt meist die Wehmut mit: Bald geht es los mit Wecker, Hausaufgaben und vielen Verpflichtungen. Erwachsene reagieren oft nüchterner. „So gut hatten es die jungen Leute ohnehin noch nie“, heißt es dann, verbunden mit der Klage über das sinkende Leistungsniveau. Dabei übersehen sie, welcher Druck sich bei den Schülern nach wenigen Wochen schon wieder aufbaut. Nicht selten sitzen mir später im Seelsorgegespräch Berufstätige gegenüber, die Jahre vor der Rente seelisch so erschöpft sind, dass es nicht mehr weitergeht. Gerade deshalb sind Ferien, Urlaub und freie Tage kein Luxus. Sie sind ein heiliger Rhythmus. Ruhe ist nicht Leerlauf, sondern Quelle für neue Lebendigkeit. Wie ein Feld, das brachliegen darf, um fruchtbar zu bleiben, so brauchen wir jetzt noch die freien Tage vor Schulbeginn. Die letzten Ferienmomente sind wie das leise Verklingen einer Melodie. Wer sie zu früh abbricht, beraubt sich des Nachklangs. Wer sie bewusst hört, nimmt den Klang mit hinein in die nächsten Wochen. Darum: Noch nicht aufbrechen, bevor es nötig ist, sondern Kraft schöpfen. Damit der Alltag nicht mit Frust beginnt, sondern mit Gelassenheit. Nur so kann man im Leben das Wesentliche vom Unwichtigen unterscheiden. Vielleicht ist das auch eine der Kernkompetenzen, die wir in der Zukunft noch mehr brauchen werden.

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