Unterbringung in der Psychiatrie für sehr lange Zeit

von Redaktion

Ihre Tat erschütterte Ende 2024 die ganze Region: Eine Mutter erschlug nach Weihnachten im Wahn zwei ihrer Kinder. Sie wird auf lange Zeit in der Psychiatrie untergebracht. Das entschied am gestrigen Montag das Landgericht Traunstein. In ihrem Schlusswort äußerte sich die Frau verzweifelt.

Traunstein – Für gut eine halbe Stunde wurde die Verhandlung am Landgericht Traunstein ohne die Beschuldigte fortgesetzt. Es waren die 30 Minuten, in denen die beiden Sachverständigen Prof. Oliver Peschel und Prof. Jiri Adamec ihre Gutachten über die Situation am Tatort und die tödlichen Verletzungen der beiden Kinder vortrugen.

Konfrontation
mit Tat erspart

Um eine erneute Traumatisierung der Frau zu verhindern, möge man ihr die Konfrontation mit den Befunden ihrer Tat ersparen, hatten die Ärzte der forensischen Klinik gebeten. Richter Volker Ziegler trug dazu ein Attest vor und fasste danach den entsprechenden Beschluss.

Die Details machen es ohnehin nicht leichter, diesen Albtraum nachzuvollziehen, der sich nach einem Weihnachtsabend in einer Wohnung in Rosenheim abspielte. Wie kann man verstehen, warum Eva Maria F. in der Nacht auf 25. Dezember 2024 in den Keller ging und dort das schwerste Werkzeug an sich nahm, das sie finden konnte: einen Spalthammer.

In ihre Wohnung zurückgekehrt, schlug sie damit im Schlafzimmer auf ihre schlafenden Kinder ein. Nicht ein- oder zweimal, sondern Dutzende Male. Von einer „unfassbaren Zahl von Schlägen“ sprach Richter Volker Ziegler.

Sechs Jahre wurde ihr Sohn alt, sieben ihre Tochter. Zum Opfer gefallen einem unfassbaren Verbrechen, begangen im Wahn. Danach sprühte Eva Maria F. drei Wörter an die Wand hinter dem Kopfende des Betts: „Liebe mal anders“. Daneben ein Smiley in Herzform.

Eine Zeugin, früher Polizistin, hatte die 39-Jährige während eines Online-Coachings kennengelernt. Und zwar als „reflektierte Frau, die wirkte, als habe sie das Ende ihrer Beziehung gut hinter sich gebracht“. Doch dann sei sie mehr und mehr abgedriftet.

Wie sie davon fantasierte, dass ihr kleiner Sohn im Kindergarten von einem Erzieher missbraucht worden sei. Von „gleich auf jetzt“ sei sie auf „die Geschichte“ angesprungen. „Der Switch war extrem und nicht nachvollziehbar“, sagte die Zeugin.

In ihrer letzten Whatsapp-Nachricht, einen Tag vor Weihnachten, habe sie die verwirrte Frau angefleht, die Klärung der Sache professionellen Kräften zu überlassen.

Doch Eva Maria F. hatte sich schon komplett in Wahnvorstellungen und Verschwörungstheorien verirrt. Der Krieg in der Ukraine schürte ihre Angst vor einem Dritten Weltkrieg, sie wähnte sich und ihre Kinder zudem verfolgt und überwacht. Außerdem glaubte sie offenbar an einen weltweit agierenden Ring, der Kinder missbrauche. Sie nahm sogar Kontakt mit einem AfD-Politiker auf, der den Pädophilen entgegentreten solle.

Irgendwann kurz vor Weihnachten scheint sie keinen Ausweg mehr gesehen zu haben. Die beiden Kinder habe sie aus Sorge und Angst umgebracht. „Ich dachte, ich töte sie, um sie zu schützen“, teilte sie vor Wochen in einem Brief mit – als sie eingesehen hatte, was sie getan hatte. Ein drittes Kind überlebte, weil es nach der gemeinsam verbrachten Weihnachtsfeier bei der Oma blieb.

Staatsanwältin Kathrin Kreidl folgte in ihrem Schlussplädoyer im Wesentlichen an dem Gutachten von Prof. Michael Soyka vom ersten Verhandlungstag. Die Tat sei im Zustand der Schuldunfähigkeit verübt worden, die Beschuldigte leide unter einer paranoiden wahnhaften Störung, wenngleich die sich in den vergangenen Monaten unter dem Einfluss abgemildert habe.

Dennoch sei die Prognose für die 39-Jährige insgesamt ungünstig, sagte Kreidl, auch wegen der übermäßigen Gewalt während ihrer Tat. Es bestehe das hohe Risiko einer weiteren Gewalttat. Dr. Kai Wagler aus München sprach als Anwalt des Vaters der Kinder von „unvorstellbarer Brutalität“. Die Verteidiger Harald Baumgärtl und Alexander Kohut gaben hingegen zu bedenken, dass es sich nicht um die Tat einer herzlosen Mutter gehandelt habe, sondern der Mord vielmehr die Folge einer massiven psychischen Erkrankung gewesen sei.

„Die Prognose
ist nicht gut“

Als „Mörderin ohne Schuld“ wird die 39-Jährige nun in einer psychiatrischen Klinik untergebracht. Dass sie irgendwann wieder auf freien Fuß kommt, scheint ungewiss, auch, wenn in regelmäßigen Abständen über die weitere Unterbringung zu entscheiden ist. Richter Ziegler äußerte sich jedenfalls ähnlich wie die Staatsanwältin: Die Prognose sei nicht gut. Die Beschuldigte sei in einem „stabilen Wahngebäude“ gefangen gewesen, zu fest gefügt, als dass sie hätte ausbrechen können.

Es war schon während der Verhandlung zu beobachten gewesen, wie es in der Beschuldigten arbeitete. Ihr standen die Tränen in den Augen. Sie sei „fassungslos“, sagte sie am Ende der Verhandlung schluchzend. Ihr tue leid, was die Tat in ihrem Umfeld angerichtet habe. Aber sie sei keine schlechte Mutter gewesen. „Wir sind alle Leidtragende dieser Misere“, sagte sie.

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