Rott/München – Der Streit um die Erstaufnahme-Einrichtung für Geflüchtete in Rott dreht die nächste Runde. Wie nun bekannt wurde, hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof die Beschwerde der Gemeinde Rott gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts zugelassen. Ein Rückschlag für das Landratsamt Rosenheim, das nun wohl eine neue Baugenehmigung erteilen und die Unterkunft zwischenzeitlich räumen muss.
Hintergrund ist eine Beschwerde der Gemeinde Rott. Die Kommune hatte beim Bayerischen Verwaltungsgericht Klage gegen die vom Landratsamt Rosenheim erteilte Baugenehmigung für die Erstaufnahme-Einrichtung eingereicht. Zusätzlich hatte Rott einen Antrag auf „Abordnung der aufschiebenden Wirkung“ beim Gericht gestellt.
Der Grund dafür: Bei einer einfachen Klage hätte das Landratsamt Rosenheim die Baugenehmigung während des gesamten juristischen Verfahrens umsetzen können. Heißt: Geflüchtete hätten einziehen und dort wohnen können. Nur mit einer aufschiebenden Wirkung wäre ein Einzug zumindest bis zur Entscheidung über die Klage nicht möglich gewesen.
Rückbau der
Sanitär-Container
das Problem
Im Eilverfahren hatte das Verwaltungsgericht über diese aufschiebende Wirkung entschieden und sie am 16. Juni abgelehnt. Dagegen hatte die Gemeinde Rott Beschwerde bei der höheren Instanz, dem Verwaltungsgerichtshof, eingereicht. Dieses hat am 5. September die Beschwerde zugelassen.
Wie Felix Nürnberger, Pressesprecher am Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (BayVGH) auf Anfrage erklärt, habe der VGH „die Entscheidung des Verwaltungsgerichts dahingehend abgeändert, dass die Baugenehmigung für die Asylbewerberunterkunft in Rott vorläufig bis zur Entscheidung über Klageverfahren nicht vollzogen werden darf.“
Als Grund für die Entscheidung gibt der VGH eine fehlende Verpflichtungserklärung seitens des Landratsamts an. Die Behörde hatte aufgrund fehlender Toiletten im Gebäude am Haus Sanitär-Container aufgebaut. In der Baugenehmigung fehlt aber eine Verpflichtungserklärung, diese nach Ende der Nutzung wieder zurückzubauen. „Eine solche Erklärung ist aber erforderlich, um das Vorhaben nach den Bauplanungsvorschriften errichten zu dürfen“, so der BayVGH. Insbesondere, da für die Sanitär-Container auch keine Anschlussnutzung vorgesehen sei. Die Entscheidung des VGH ist laut Pressesprecher Nürnberger unanfechtbar.
Für das Landratsamt ist dies ein massiver Rückschlag. Zwar ist mit der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs die Baugenehmigung noch nicht aufgehoben, wie auch Pressesprecher Nürnberger betont.
Sie dürfe allerdings bis zur Entscheidung über das Klageverfahren nicht genutzt werden. Allerdings wird in Juristen-Kreisen eine Entscheidung über einen Eilantrag immer auch als Prognose gesehen, ob eine Klage gelingen könnte oder nicht.
Mit dem neuerlichen Beschluss des BayVGH könnten also Rotts Chancen deutlich steigen, im Rechtsstreit gegen die Baugenehmigung Erfolg zu haben.
Das Landratsamt sieht dies wohl ähnlich. In einer Stellungnahme erklärt die Behörde nämlich, dass die Ankunftseinrichtung in Rott zwar nicht aufgelöst werde. Allerdings solle die angefochtene Baugenehmigung zurückgenommen und demnächst eine neue erlassen werden, die dann die Rechtsauffassung des BayVGH berücksichtige. Sollte dies tatsächlich so passieren, würde das gesamte Verfahren wohl von vorne beginnen. Heißt, auch die Gemeinde Rott müsste wohl die Genehmigung wieder behandeln und könnte dann bei ablehnender Haltung des Gemeinderates erneut klagen. Rotts Bürgermeister Daniel Wendrock zeigt sich angesichts des Beschlusses des BayVGH jedenfalls zufrieden. „Die fehlende Rückbauverpflichtung nach Auslaufen der Baugenehmigung war immer auch ein Teil unserer juristischen Argumentation“, betont er in einer Pressemitteilung und fordert erneut eine paritätische, an der Gemeindegröße orientierte Verteilung der Flüchtlinge mit einer Vermeidung von Großunterkünften. Die Entscheidung des Landratsamts, eine neue Baugenehmigung anzustreben, nehme er „erstmal so zur Kenntnis“.
Derzeit
92 Geflüchtete
Seit Mitte Juli ist die Erstaufnahme-Einrichtung in Rott belegt. 92 Geflüchtete sind dort laut Landratsamt aktuell untergebracht. „Derzeit wird geprüft, ob und wo alternative Unterbringungsmöglichkeiten geschaffen werden können“, so die Behörde.
Die Baugenehmigung für die Erstaufnahme-Einrichtung war ursprünglich bis zum 30. September 2028 begrenzt. Insgesamt sollten hier maximal 270 Personen untergebracht werden.
Auch die Bürgerinitiative „Rott rot(t)iert“ zeigt sich auf Anfrage erfreut über die Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs. Sie bestätige, „dass der eingeschlagene Weg von Anfang an voller Fehler war.“ Nach Ansicht der Initiative sei nun der Zeitpunkt gekommen, „endlich zur Vernunft zu kommen.“ Der Landrat dürfe nicht weiter Steuergelder in ein gescheitertes Projekt stecken, so „Rott rot(t)iert“.
Statt Millionen in eine rechtlich und praktisch unhaltbare Großunterkunft zu investieren, brauche es eine gerechte Verteilung im gesamten Landkreis. Maßstab hierfür müsse der Gemeindeschlüssel sein, damit alle Kommunen ihren fairen Anteil übernehmen – ohne einzelne Orte zu überlasten. Daher fordere die Bürgerinitiative „die dauerhafte Schließung der Unterkunft in Rott.“