Ein Streiter für Pro und auch für Contra

von Redaktion

Interview Lothar Thaler, Sprecher der BI „B15 raus aus Pfaffenhofen“ und des „Brennerdialogs“

Rosenheim – Er engagierte sich in der Bürgerinitiative „B15 raus aus Pfaffenhofen“ für die Rosenheimer Westtangente. Und er ist Sprecher des „Brennerdialogs“, der Widerstand gegen die Planungen der Bahn für den Brenner-Nordzulauf leistet: Lothar Thaler ist es gewohnt, bei der Planung von Großprojekten dicke Bretter zu bohren. Die Westtangente ist nun fertig, der Nordzulauf noch immer im Stadium der Planung. Wo er die Unterschiede sieht, und was beide Projekte verbindet: Das sagt Lothar Thaler im OVB-Gespräch.

Beim gestrigen Festakt zur Eröffnung der Westtangente waren viele Politiker dabei, auch Politiker, die damals noch gar nicht in Amt und Würden waren. Feiert sich die Politik zu sehr?

Wir waren uns in der Bürgerinitiative einig, dass es uns egal ist, wer hinterher die Lorbeeren einheimst. Hauptsache, wir erreichen unser Ziel. Und so ist es gekommen. Es wäre schön, wenn wir entsprechend gewürdigt würden, aber ja: Das kann man nicht erwarten.

In Pfaffenhofen haben Sie und ihre Mitstreiter zahllose Demos organisiert. Mit dem Ergebnis, dass Pfaffenhofen als erster Ort in den Genuss der Westtangente kam.

Ja, das haben wir als Bürgerinitiative geschafft: dass die Planungsabschnitte so weit geändert wurden, dass die vorzeitige Freigabe und Umfahrung von Pfaffenhofen möglich wurde. Sonst wäre die gesamte Strecke erst jetzt eröffnet worden. Wir waren beim staatlichen Bauamt in Rosenheim, beim Freistaat und bei Innenminister Herrmann. Und dass die Umfahrung von Deutelhausen und dem Kreisel gebaut wurde, ist tatsächlich den Initiativen zu verdanken. Frau Ludwig ist irgendwann dazu gekommen und hat sich von uns überzeugen lassen. Oder sie hat unsere Anregungen jedenfalls dankbar angenommen. Das ist auch in Ordnung. Sie hat dafür schon etwas getan, so ist es nicht.

Nach all den Jahren seitdem: Hat sich ihrer Erfahrung nach der ganze Aufwand rentiert?

Es hat sich in mehrfacher Hinsicht rentiert. Rosenheim wird extrem entlastet. Uns als Initiative ging es natürlich darum, dass wir die B15 aus Pfaffenhofen raus haben wollten. Wir hatten über 18000 Fahrzeuge am Tag, davon 3000 Lkw. Das war ein unzumutbarer Zustand. Von daher ziehe ich eine positive Bilanz. Es gab ja auch von Anfang an eine breite Zustimmung in der Bevölkerung und auch bei uns. Pfaffenhofen ist damals zusammengewachsen.

Das ist übrigens genauso wie beim Brenner-Nordzulauf. Wir sind ja nicht gegen den Brenner-Nordzulauf, auch wenn das oft behauptet wird. Wir sind für den Brenner-Nordzulauf.

Wir sagen nur, wir haben ihn schon, und wir brauchen keine neuen Gleise. Das ist der große Unterschied.

Die Gemeinsamkeit sind Sie: Sie waren und sind der Sprecher in beiden Initiativen.

Ja, es hat sich einfach bewährt, für etwas zu sein. Sie sagen es richtig, es ist kein Zufall, dass ich in Sachen Brenner-Nordzulauf wieder Sprecher bin. Ich bin für den Brenner-Nordzulauf, aber nicht für die neue Trasse. Wie Sie an der Westtangente sehen können, bin ich erfolgsverwöhnt. Schauen wir mal, wie es beim Brenner-Nordzulauf weitergeht.

Sie haben die Vorteile der Westtangente und dieser Aktion „B15 raus aus Pfaffenhofen“ gerade aufgezählt. Wenn so viel Erleichterung damit verbunden ist: Hätte man sich dann nicht mehr sputen müssen?

Das lag natürlich auch an dem für die Planer überraschenden Untergrund. Bei uns lernt jedes Grundschulkind, dass unsere Region in einem ehemaligen Gletschergebiet liegt, und dass deswegen der Untergrund im ganzen Rosenheimer Becken schwierig ist. Von daher war es für uns keine Überraschung, dass vor allem die Brückenbauwerke so lange gedauert haben. Für die Planer schon. Die waren überrascht, wie tief runter der Seeton reichte. Der Untergrund ist aber auch schwer zu berechnen, und daher war da auch einiges Lehrgeld fällig. Das hat Jahre und Geld gekostet.

Sie waren ganz entschieden für die Westtangente, sind aber aktuell auch ganz entschieden gegen die Planungen der Bahn für den Brenner-Nordzulauf. Wo ist für Sie der Unterschied? Das sind doch beides sehr große, zukunftsweisende Projekte.

Ja, das ist richtig. Der große Unterschied ist der, dass wir damals für das zukunftsweisende Projekt Westtangente die Voraussetzungen erst schaffen mussten, weil das Thema eigentlich schon gegessen war. Jetzt machen wir uns wieder für ein Projekt stark. Da müssen wir die Voraussetzungen nicht schaffen, sondern sie sind schon da. In Gestalt der Bestandsstrecke. Und dieses Potenzial wollen wir verteidigen.

Die BIs haben damals Druck aufgebaut und richtig dicke Bretter gebohrt. Ist das ein Mutmacher für Ihren Kampf auch gegen die Nordzulauf-Planungen der Bahn?

Ganz sicher. Wie gesagt, ich bin da durchaus erfolgsverwöhnt. Und wenn ich was anpacke, dann versuche ich das auch in entsprechendem Sinn zu realisieren. Also, ich bin guten Mutes, dass wir das wieder hinbekommen werden. Und dann ist mir auch wieder egal, wer sich vorne hinstellt und sagt, dass er es geschafft hat. Interview: Michael Weiser

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