Frauenarzt-Termin bleibt Glückssache

von Redaktion

Der nächste freie Termin ist erst in drei Monaten verfügbar? Das ist beim Gynäkologen keine Seltenheit. Doch warum ist das so? Und was können Patientinnen tun, wenn sie schnell einen Termin brauchen? Ein Facharzt für Gynäkologie und Geburtshilfe klärt auf.

Rosenheim – Einen Termin beim Frauenarzt zu vereinbaren, ist für viele Patientinnen schwierig. Wer Glück hat, bekommt einen in zwei bis drei Monaten. Wer Pech hat, bekommt gar keinen, weil die Praxen keine Neupatienten mehr aufnehmen. Dahinter stecken mehrere Probleme, wie Dr. med. Klaus Doubek, Präsident des Berufsverbands der Frauenärzte, erklärt. Unter anderem der Mangel an Nachwuchs und die hohen bürokratischen Anforderungen.

Praxen arbeiten
hart am Limit

„Gynäkologische Praxen haben ein konstant hohes Patientenaufkommen“, sagt Doubek. Er ist Facharzt für Gynäkologie und Geburtshilfe und kennt die Probleme der Praxen nur zu gut. Gleichzeitig bleiben die personellen und zeitlichen Ressourcen begrenzt. Denn Frauenärzte betreuen ihre Patientinnen häufig ein Leben lang, wie Doubek weiß.

„Hinzu kommen regelmäßig dringende Fälle, etwa akute Schmerzen, Blutungen oder Schwangerschaftskomplikationen, die kurzfristige Termine erforderlich machen“, betont der Mediziner. Das fülle die Terminpläne zusätzlich. „Viele Praxen arbeiten deshalb bereits am absoluten Limit“, sagt Doubek. Kapazitäten für neue Patientinnen gebe es oft keine oder nur mit mehreren Wochen bis Monaten Wartezeit.

„Praxen, die am Limit arbeiten, können aus Kapazitätsgründen schlicht keine neuen Patientinnen mehr aufnehmen, ohne die Versorgung der bestehenden Patientinnen zu gefährden“, erklärt Doubek. Dabei gehe es also nicht darum, dass die Praxen keine Neuen aufnehmen wollen, sondern um die Verantwortung gegenüber der Qualität der Versorgung der bereits bestehenden Patientinnen.

Ein Grund für die schwierige Situation ist Doubek zufolge der Nachwuchsmangel: „Die Gynäkologie gehört neben Allgemeinmedizin, Pädiatrie und Psychiatrie zu den Fachrichtungen, in denen der Fachärztemangel besonders deutlich spürbar ist.“ Viele alteingesessene Gynäkologen gehen in den nächsten Jahren in den Ruhestand. Es kommen aber nicht genug neue Ärzte nach.

Dafür gibt es unterschiedliche Ursachen. „Die hohen Anforderungen und Belastungen im Praxisalltag. Der hohe bürokratische Aufwand“, zählt Doubek auf. Vor allem bei der Niederlassung bestehe für Frauenärzte außerdem eine wirtschaftliche Unsicherheit. Zudem würden junge Ärzte eine Anstellung in Kliniken oder medizinischen Versorgungszentren anstreben – mit geregelten Arbeitszeiten.

Aber auch die strikte Budgetierung spielt laut Doubek eine große Rolle. „Kassenärztliche Leistungen werden nur bis zu einem gewissen Punkt vergütet“, weiß der Verbandsvorsitzende. Alles darüber hinaus werde entweder gar nicht oder nur unzureichend bezahlt. „Das bedeutet, dass Praxen oft keine unbegrenzte Zahl an gesetzlich versicherten Patientinnen versorgen können, ohne wirtschaftlich in Schwierigkeiten zu geraten“, betont Doubek. Hinzu kommt der steigende bürokratische Aufwand. Denn der nehme Zeit in Anspruch, die von der eigentlichen Patientenversorgung abgehe.

Für Betroffene bedeutet das: Es wird weiterhin schwer, einen Termin beim Gynäkologen zu bekommen. Wenn es mit dem Termin gar nicht klappt, gibt es aber mehrere Stellen, an die man sich wenden kann. Etwa an Frauenkliniken, die ambulante Notfallsprechstunden anbieten. „Die können in medizinischen Notfällen oder bei akuten Beschwerden in Anspruch genommen werden“, sagt Doubek.

Außerdem gebe es bei der Kassenärztlichen Vereinigung sogenannte Terminservicestellen. Bei akuten Anliegen sollen diese innerhalb von vier Wochen einen Termin vermitteln. „Einige Praxen bieten zudem wöchentliche offene Sprechstunden an“, so Doubek. Dabei müsse man aber vor Ort mit längeren Wartezeiten rechnen.

Wie sich die Lage in Zukunft entwickeln wird, weiß auch der Mediziner nicht. „Die Entwicklung ist stark von der konsequenten Umsetzung der geplanten Reformen der neuen Bundesregierung abhängig“, sagt er. Der Koalitionsvertrag setze aber bereits wichtige Impulse für das Gesundheitswesen, die auch für das Fachgebiet Gynäkologie relevant seien. „Etwa die Sonderstellung beim verbindlichen Primärarztsystem sowie die Stärkung und Sicherung der ambulanten Versorgung“, erklärt Doubek.

Ein Bündel an Maßnahmen muss her

Um die Situation langfristig zu verbessern, braucht es ihm zufolge aber ein ganzes Bündel an Maßnahmen. So sollten die Praxen jede erbrachte Leistung auch vergütet bekommen. „Die Versorgung darf nicht länger durch willkürliche Budgetgrenzen eingeschränkt werden, sondern muss sich am realen Bedarf der Patientinnen orientieren“, betont der Gynäkologe.

Der hohe Bürokratieaufwand, der auch andere Fach- und Hausärzte beschäftigt, müsse ebenfalls abgebaut werden – „damit mehr Zeit für Patientinnen bleibt“. Und zu guter Letzt sollten Niederlassungen gefördert werden. „Etwa durch finanzielle Anreize, weniger Reglementierungen und mehr Unterstützung für junge Fachärzte“, sagt Doubek.

Artikel 5 von 11