Urteil gegen falsche Pflegekräfte gefallen

von Redaktion

Landgericht Traunstein schickt männlichen Täter für sechs Jahre hinter Gitter – Freispruch für die Ehefrau

Traunstein – Falsche Pflegekräfte sind ein deutschlandweites Phänomen. Zumeist Frauen schleichen sich in Pflegekleidung bei alten Menschen ein, Mittäter bestehlen die Opfer. Ein rumänisches Ehepaar aus Duisburg, 40 und 39 Jahre alt, musste sich sechs Tage lang vor dem Landgericht Traunstein wegen derartiger Taten verantworten. Die Neunte Strafkammer mit Vorsitzender Richterin Barbara Miller verhängte gegen den Mann nun eine Freiheitsstrafe von fünf Jahren und zehn Monaten. Seine 40 Jahre alte Ehefrau wurde freigesprochen – weil gegen sie kein Tatnachweis möglich war.

Eine alte Dame (84) aus dem Landkreis Traunstein traf das kriminelle Vorgehen der Betrüger besonders tragisch. Die Täter erbeuteten bei ihr im Juni 2024 30000 Euro Bargeld. Sie schlichen sich offenbar über die Tiefgarage in eine Einrichtung für Betreutes Wohnen im Achental.

Schlaganfall bei der
Zeugenanhörung

Nach der Strafanzeige erlitt das Opfer bei der Zeugenanhörung einen Schlaganfall, kann seitdem nicht mehr sprechen, nicht mehr essen und muss über eine Magensonde ernährt werden. Die 84-Jährige und ihr Mann sind die Hauptgeschädigten einer Betrugsserie zwischen April und November 2024 in mehreren Bundesländern. Die Masche der mehrköpfigen rumänischen Bande, zu denen das Paar laut Anklage zählte, war immer gleich: Eine „Pflegekraft“, manchmal in Begleitung einer ebenfalls weiß gekleideten „Praktikantin“, klingelte bei alten Menschen, um mit ihnen zum Beispiel „Kraftübungen“ zu machen. Mittäter durchsuchten währenddessen die Räume nach Bargeld und Schmuck, der in Leihhäusern landete.

Anhand von Finger- und Genspuren sowie Handyüberwachungen kam die Polizei dem Paar auf die Spur. In der Wohnung der Angeklagten fanden die Ermittler 72 gestohlene Schmuckstücke. Die Neunte Strafkammer stellte in dem Prozess einige Vorwürfe ein. Letztlich blieben bei dem 39-Jährigen 18 Fälle des „schweren Bandendiebstahls“ übrig sowie fünf Versuchstaten.

Die Vorsitzende Richterin hielt dem Angeklagten sein Geständnis „von extremem Wert“ zugute, das durch die Beweisaufnahme untermauert worden sei. Ein weiterer Pluspunkt sei der wiedergutgemachte Schaden. Dem stünden mehrere Vorstrafen und eine erhebliche kriminelle Energie gegenüber. Die Senioren seien in ihren eigenen Räumen bestohlen worden: „Das hat ihr Sicherheitsgefühl beeinträchtigt.“

Identifizierung
nicht sicher möglich

Wesentlich komplizierter sei alles bei der 40-Jährigen. Staatsanwältin Lisa Böhm habe im Plädoyer die Verurteilung in fünf Fällen beantragt, erläuterte die Vorsitzende Richterin. In der Gesamtschau sehe die Kammer jedoch „keinen Tatnachweis“. In keinem Fall sei die 40-Jährige von Zeugen „sicher identifiziert“ worden. Sie habe zehn Geschwister, Hotels seien für zahlreiche Personen gebucht worden. Miller weiter: „In den einzelnen Fällen könnte immer auch jemand anders die Täterin gewesen sein – jemand, der der Angeklagten ähnlich sah.“ Wenn ein Ehemann Straftaten begehe, sei nicht automatisch davon auszugehen, dass die Ehefrau mitbeteiligt war. Ob des Freispruchs gestand das Gericht der 40-Jährigen Haftentschädigung für die neunmonatige Untersuchungshaft zu. Die Verfahrenskosten muss die Staatskasse tragen.Monika Kretzmer-Diepold

Artikel 5 von 11