Adrian M. steht erneut im Fokus

von Redaktion

Es könnten die Tage der Entscheidung am Amtsgericht Laufen werden: In der Neuauflage des Eiskeller-Prozesses geht es heute und am morgigen Donnerstag um die Aussage des sogenannten „Knast-Zeugen“. Was die Staatsanwaltschaft erwartet und wie der Anwalt von Hannas Eltern darüber denkt.

Aschau/Laufen – 3. Oktober, Tag der Deutschen Einheit. Für Hannas Eltern ein Tag des Gedenkens. Am frühen Morgen des 3. Oktober 2022 kehrte ihre Tochter vom Besuch des Clubs „Eiskeller“ in Aschau im Chiemgau nicht zurück; ihr lebloser Körper wurde zwölf Stunden, nachdem Hanna den Club verlassen hatte, leblos in der Prien treibend entdeckt.

Hannas Eltern verbrachten diesen Tag heuer wieder mit Freunden Hannas auf einer Berghütte. Bei strahlend blauem Himmel hielten sie inne und gedachten ihrer Tochter.

Sprach Sebastian T. mit dem Mithäftling?

Sind im Eiskeller-Prozess drei Jahre nach Hannas Tod endlich Entscheidungen zu erwarten? Am heutigen Mittwoch soll der Zeuge aussagen, der bei Sebastian T.s Verurteilung vor eineinhalb Jahren die entscheidende Rolle spielte: Adrian M., der Mithäftling aus der Untersuchungshaft. Sebastian T. habe ihm anvertraut, dass er Hanna auf dem Heimweg angegriffen und die Bewusstlose in den Bärbach geworfen habe.

Ein Zeuge, der
wie gerufen kam

M.s Bericht drehte ein Verfahren, das am seidenen Faden hing. Die Zeugin, deren Worte Sebastian T. überhaupt erst als Verdächtigen markiert hatten, hatte sich zuvor in so schwere Widersprüche verstrickt, dass ihre Aussage bald keinen Wert mehr besaß. Da kam Adrian M. wie gerufen. Nun schien der Angeklagte erneut schwer belastet. Er habe zugegeben, dass „er sie ins Wasser geworfen hat“, sagte M. Und dass er sie zuvor bewusstlos geschlagen habe, „damit sie sich nicht wehrt.“

Schon darin – dass die 23-Jährige bewusstlos, aber eben lebend ins Wasser gelangt war – erkannten die Ermittler Täterwissen. Ebenso darin, dass sich die Schilderung des JVA-Zeugen mit dem decken sollte, was T. selbst in seiner zweiten Vernehmung als Zeuge ausgesagt hatte. Da hatte eine Vernehmungsbeamtin T. befragt. Ob er sich vorstellen könne, wie das mit Hanna passiert sei? Es habe sie halt jemand mit einem Stein niedergeschlagen, soll T. geantwortet haben.

Am Ende stand bekanntlich die Verurteilung Sebastian T.s zu neun Jahren Jugendstrafe, dann die Revision, schließlich der Spruch des BGH und damit eine neue Hauptverhandlung, diesmal durch die Erste Jugendkammer des Landgerichts.

Wird Adrian M. in Laufen seine Aussage wiederholen?

Absehbar ist, dass Adrian M. einen schweren Stand haben wird. Regina Rick und ihr Kollege Dr. Yves Georg verteidigen ohnehin aggressiv. Für diesen Zeugen hat Yves Georg im Gespräch mit dem OVB harte Fragen angekündigt. Vielleicht mache der Zeuge daher von seinem Recht der Aussageverweigerung Gebrauch.

Andererseits – damit spielt Georg auf die Borderlinestörung des Zeugen an – „steht er vielleicht gern im Mittelpunkt.“

Da würde sich auch Experte Peter Dürr, Vorsitzender des Anwaltsvereins Rosenheim, nicht festlegen lassen. „Wenn er sich elegant aus der Affäre ziehen will, beruft er sich darauf“, sagte er dem OVB mit Blick auf Paragraf 55 der Strafprozessordnung. Demnach darf ein Zeuge die Aussage verweigern, wenn er sich mit seiner Aussage selbst Probleme einbrockt – etwa wegen einer falschen Aussage. „Andererseits hätte das natürlich ein Gschmäckle“, sagt Dürr.

Nebenkläger-Anwalt Walter Holderle, Vertreter von Hannas Eltern, hofft angesichts der angespannten Atmosphäre in Laufen auf eine souveräne Vorsitzende Heike Will. Er erwarte sich vom Gericht, dass es wisse, wer die Prozessleitung innehabe. „Wenn das Gericht vorhat, diesen Fall aufzuarbeiten, muss es gewährleisten, dass jeder zu Wort kommt.“

Wie kam es zu der belastenden Aussage?

Bleibt Adrian M. also bei seiner Geschichte? Am frühen Mittwochnachmittag wird man Genaueres wissen. Am Vormittag bereits wird ein Mitglied der Zweiten Jugendkammer aussagen: Ein Beisitzender Richter soll mitteilen, wie die Aussage von Adrian M. wirkte. Zeugen aus der JVA und von der Polizei sollen dann am morgigen Donnerstag beantworten, wie es zur Aussage von Adrian M. kam.

Die Beurteilung der Persönlichkeit und der Aussage des JVA-Zeugen wird kommende Woche ein Thema sein: Am Montag, 13. Oktober, werden der Aussagepsychologe Professor Dr. Max Steller und der forensische Psychiater Michael Soyka berichten. Steller hatte M.s Aussage als nicht glaubhaft bezeichnet, die Erste Jugendkammer hob T.s U-Haft daraufhin sofort auf.

Hier machte die Verteidigung Punkte

Die Verteidigung von Sebastian T. hatte am zweiten Verhandlungstag bereits vorgelegt. Die Aussagen der Polizeibeamten, die Sebastian T. beim zweiten Vernehmungstermin als Zeuge befragten, hatten zuvor viele Zuhörer in Laufen ratlos zurückgelassen. Fragen nach dem bevorzugten Frauentyp des Zeugen oder dem Beziehungsstatus: Will man das als Ermittler üblicherweise von einem Zeugen wissen? Oder hegte die Polizei da bereits einen dringenden Tatverdacht, den die Beamten gegenüber dem Zeugen verschwiegen? Es bleiben Zweifel.

Regina Rick und Yves Georg legten jedenfalls Widerspruch ein. Es bleibt damit offen, ob das Gericht die zu M.s Behauptung passenden Aussagen Sebastian T.s aus dieser Vernehmung überhaupt zulässt.

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