Wasserburg – Trauer um eine der wichtigsten Unternehmerpersönlichkeiten in Bayern: Im Alter von 94 Jahren ist Toni Meggle, Pionier der milchverarbeitenden Industrie, am 30. Oktober 2025 verstorben. Der Ehrenbürger von Wasserburg machte Meggle – unter anderem mit der berühmten Kräuterbutter – weltweit bekannt und damit auch die Innstadt.
Beim Gründerpreis
erstmals abwesend
Vor einer Woche bei der Verleihung des Meggle-Gründerpreises fehlte er zum ersten Mal in elf Jahren. Das war ungewöhnlich, denn auch im hohen Alter war Toni Meggle bei diesem und vielen weiteren Anlässen präsent. Etwa beim Meggle-Jubiläum, das im Jahr 2022 gefeiert wurde. 900 Gäste bejubelten den damals 91-Jährigen, darunter auch Ministerpräsident Markus Söder. In der Region Wasserburg war der Verstorbene eine große Persönlichkeit: geschätzt, nicht nur aufgrund seiner großen unternehmerischen Erfolge, sondern auch als Mensch.
Ein Mann der vielen
Gesichter und Geschichten
Josef Anton „Toni“ Meggle III., geboren am 12. Mai 1931, hatte viele Gesichter: Unternehmer, fünffacher Vater, engagierter Bürger, Sportsmann, Musikliebhaber. Ihn in einem Satz zu beschreiben – beinahe unmöglich. Er selbst bezeichnete sich in einem Interview einmal als „kultivierten Vollblutjäger“. Was zunächst widersprüchlich klingt, trifft gut auf Toni Meggle zu, denn schon früh lernte er, zwei Welten zu navigieren, die der eigenen traditionell bayerisch-katholischen Familie und die des Internats Landheim Schondorf, das selbst während des Krieges von Schulleiter Ernst Reisinger liberal-humanistisch geführt wurde.
Früher Sprung
aus „dem Nest“
Den Eltern sei, so erklärte Toni Meggle, die Gemeinschaftserziehung im Internat wichtig gewesen. Er selbst bedauerte es später, so früh „das Nest“ verlassen zu haben. Zudem war das Schriftdeutsch, das er in Schondorf lernte, zu Hause nicht angesehen. Ob er denn überhaupt noch bayerisch reden könne, habe ihn der Vater einmal gefragt.
Trotzdem sei Schondorf auch eine „Chance zur Distanz“ gewesen, durch die er die Möglichkeit erhalten habe, andere Interessen wie seine Liebe zur Musik, zur bildenden Kunst und zur Literatur zu entdecken.
Trotz allem war es für Toni Meggle eine Selbstverständlichkeit, in den väterlichen Betrieb einzusteigen. Er habe nie, so gab er später zu, darüber nachgedacht, was er sonst machen könnte.
Gleich nach dem Abitur im Jahr 1950 ging es deshalb für Meggle in die Ausbildung zum Molkereimeister. 1956 begann er im väterlichen Betrieb zu arbeiten. Für die spätere Übernahme des Unternehmens bereitete er sich in Kursen vor, die er beim Management Center Europe in Brüssel belegte.
Alles Handeln
aus Überzeugung
Bereut hat er die Entscheidung, das Familienunternehmen zu führen, nach eigenen Angaben nicht. Eine Berufswahl sei eine Entscheidung, bei der es insbesondere wichtig sei, dazu zu stehen und sich auch in der Verpflichtung zu sehen, etwas daraus zu machen, davon war er überzeugt. Andere Interessen könne man ins weitere Leben mit hinein nehmen.
Jäger und Reiter
mit großer Passion
Das tat Toni Meggle auch. Er war passionierter Jäger, 63 Jahre lang hatte er einen Pachtvertrag in Soyen. Am liebsten war er aber in den Bergen unterwegs, zur Gamsjagd. Die Landschaft zog ihn dorthin, erklärte er. Auch zum Reiten nahm er sich immer Zeit, in der Disziplin Military schaffte er es sogar zur Landesmeisterschaft.
Trotzdem, die meisten kannten Toni Meggle als erfolgreichen Unternehmer. 1973 übernahm er die Geschäftsführung in der Firma, die sein Großvater gegründet hatte, und strukturierte um. Ein kooperativer Führungsstil wurde eingeführt, denn Toni Meggle verstand sich als Vorbild für die Mitarbeiter.
Doch auch nach außen veränderte sich das Unternehmen, es wurde international. Im Jahr 1977 war Meggle das erste westliche Unternehmen der Milchindustrie, das in Japan selbstständig auftrat. Bis heute ist dies an asiatisch anmutenden Außenanlagen am Firmensitz in Reitmehring zu sehen. 1990 expandierte Meggle nach Osteuropa. Das Unternehmen wuchs, hatte bald darauf über eintausend Mitarbeiter weltweit.
Trotz Expansion stets
ein „Mittelständler“
Toni Meggle selbst verstand das Unternehmen aber weiterhin als mittelständisch. Denn Mittelstand, so erklärte er einmal, habe nichts mit der Unternehmensgröße zu tun. Vielmehr gehe es um die Frage, ob das Eigentum und die Führung noch in der Hand einer Familie lägen. Diesem Grundprinzip treu zu bleiben war ihm wichtig, denn obwohl er 2002 Meggle zu einer Aktiengesellschaft umwandelte, wollte er nie an die Börse. Das widerspreche seinem eigenen Verständnis von guter Unternehmensführung.
2019 brachte Toni Meggle als Alleininhaber seine Anteile zu hundert Prozent in eine Stiftung ein, in der er gemeinsam mit seiner Frau Marina den Vorsitz innehatte. Die Stiftung sichert langfristig den Bestand des Unternehmens und die Unabhängigkeit, freute er sich bei seinem 90. Geburtstag.
Damals, im Jahr 2021, beschenkte der Jubilar seine Heimatstadt mit der Ankündigung, dass Meggle hier in den nächsten Jahren etwa 120 Millionen Euro investieren werde – ein klares Bekenntnis zum Stammsitz des Unternehmens. Es war hier vor 135 Jahren als kleine Käserei gegründet worden.
Große Verbundenheit
mit Wasserburg
Verbunden mit Wasserburg war Toni Meggle aber ohnehin. Die Stadt hatte ihn bereits 2006 zum Ehrenbürger ernannt. Hier veranstaltete Toni Meggle gemeinsam mit seiner Frau Marina außerdem seit 2012 – dem Jahr des 125-jährigen Firmenbestehens – die Verleihung des Meggle-Gründerpreises – ein Wettbewerb, der junge Unternehmer mit Pioniergeist auszeichnet. Er hatte den Preis ins Leben gerufen, weil ihm „die Zukunft wichtiger ist als die Vergangenheit“, wie er bekannte. 2019 konnte Toni Meggle sogar Ministerpräsident Markus Söder als Laudator für den Gründerpreis nach Wasserburg holen.
Persönlicher Einsatz
für die Allgemeinheit
Toni Meggle setzte sich jedoch nicht nur für sein Unternehmen ein, auch die Allgemeinheit war ihm wichtig. Ab 1994 förderte er aktiv das Behindertenreiten in Bayern und ermöglichte Reitern des Reitvereins Chiemgau-Nord, in Ising an internationalen Wettbewerben bis hin zu den Olympischen Spielen teilzunehmen. Zudem war er 20 Jahre als Vorsitzender des Milchindustrieverbandes tätig und engagierte sich in der Bundesvereinigung der Ernährungsindustrie. Als Förderer und Sponsor unterstützte er gemeinsam mit seiner Frau Marina zahlreiche Vereine aus dem Sport und der Kultur. Als Wasserburger zeigte er sich bürgernah und bodenständig: etwa beim Maibaumaufstellen auf dem Firmengelände oder bei Veranstaltungen.
Von Mensch zu Mensch
immer in Verbindung
Wenn ihm ein Mensch wichtig war, gratulierte er zu Geburtstagen oder erkundigte sich persönlich nach dem Befinden – so manche Wasserburger freuten sich über einen überraschenden Anruf von Toni Meggle.
Es war ihm wichtig zurückzugeben, insbesondere da er der Überzeugung war, dass die Gemeinschaft helfen muss, sollte eine einzelne Person nicht mehr dazu in der Lage sein, ihr eigenes Leben zu gestalten. Entwicklungen zur Individualisierung, zu dem Grundsatz „lieber einen Job machen, als einen Beruf haben“, beobachtete er deshalb mit Sorge. Denn dadurch werde die Gemeinschaft geschwächt, weil der Einzelne egoistisch auftrete.
„Der Sinn des Lebens
ist zu überleben“
Die Frage nach dem Sinn des Lebens beantwortete Toni Meggle deshalb so einfach und komplex, wie sein eigenes Leben war: „Der Sinn des Lebens ist zu überleben.“ Es sei wichtig, sich zu fragen, mit welchen Voraussetzungen man ins Leben gegangen sei und wie man weitergehen werde. „Wie du überlebst, das musst du daran messen, wie du deine Talente nutzt!“
Er hat sie perfekt angewandt – bis zum Schluss. Denn er war Unternehmer durch und durch. Neue Produktentwicklungen beispielsweise probierte er persönlich aus, bevor sie ins Segment aufgenommen wurden, und dachte dabei stets innovativ: Deshalb stand der Pionier auch hinter den neuen veganen Produkten und testete sie selbst. Der Startschuss für die Produktion des ersten veganen Grillknödels fiel selbstverständlich erst, nachdem Toni Meggle ihn gekostet und für gut befunden hatte.
Geheimnis des Altwerdens
mit Humor gelüftet
Regelmäßig nahm er auch mit über 90 Jahren noch an Besprechungen der Führungsriege teil. Sein eigenes hohes Alter kommentierte er dabei gerne spöttisch: „Es ist ganz einfach, so alt zu werden. Man muss nur warten können.“