„Höchste Alarmstufe“ – Vogelgrippe breitet sich aus

von Redaktion

Die Angst hat die Region längst erreicht, denn die Vogelgrippe breitet sich aus.In vielen Betrieben Deutschlands werden Hunderttausende Tiere gekeult. Erste Fälle sind in Altötting und Mühldorf festgestellt worden. Und auch im Landkreis Rosenheim rüstet man sich gegen den unheimlichen Erreger. Wie hoch ist die Gefahr für Menschen?

Rosenheim – „Wir machen uns Sorgen“, sagt Georg Gasteiger, „der gesamte Verein ist in höchster Alarmbereitschaft.“ Gasteiger ist Vorsitzender des Geflügelzuchtvereins Rosenheim von 1894. Was ihm und seinen Mitstreitern Kummerfalten auf die Stirn treibt, ist die Geflügelgrippe. Nicht, dass die sich zum ersten Male zeigen würde. Doch diesmal sei es besonders, sagt der Geflügelzüchter. Ein extremer Ausbruch sei das, behaupten auch offizielle Stellen; das Saarland hat nunmehr sogar als erstes Bundesland die Stallpflicht für Geflügel verhängt.

Gasteiger ist Landwirt, sein Biobetrieb steht in Aising, Stadt Rosenheim. Hühnerzucht ist für ihn eher eine Nebenbeschäftigung, 85 Hühner hat er, dazu 15 Enten und Puten. „Ich gehöre nicht gerade zu den Großen“, sagt er selbst. Aber es liegt ihm einiges an den gefiederten Wesen mit so putzigen Namen wie „Zwerghuhn blaugelbhalsig“, die er so gerne auf diversen Ausstellungen präsentiert. „Natürlich hängt man an den Tieren“, sagt Gasteiger. Das tut wohl auch Franz-Josef Lohner. Wenn er seine 6000 Hühner auf einer Wiese bei seinem Hof in Penning in der Gemeinde Niederbergkirchen beobachtet, liegt eher Sorge als Freude in seinem Blick. Denn die Gefahr durch die Vogelgrippe sei extrem groß, sagt Lohner. „Der Infektionsdruck ist so früh wie nie, so hoch wie nie.“ Und die Schutzmöglichkeiten seien gering.

Derweil breitet sich die Seuche aus. In Garching an der Alz (Landkreis Altötting) gibt es in einem Gänse-Betrieb einen amtlich bestätigten Fall der Geflügelpest. Auch im Landkreis Mühldorf herrscht seit Donnerstag, 30. Oktober, Vogelgrippen-Alarm: Bei Jettenbach seien fünf verendete Graugänse entdeckt worden, teilte das Landratsamt mit.

Das Rosenheimer Veterinäramt dagegen hat in Stadt oder Landkreis (Stand Freitag, 31. Oktober, 10 Uhr) noch keinen einzigen Fall registriert. Von Entwarnung aber keine Spur: „Das aktuelle Seuchengeschehen ist hochdynamisch.“

Zwar sei die Geflügelpest in Deutschland inzwischen ohnehin ganzjährig verbreitet, doch mit dem Vogelzug im Herbst gewinne das Infektionsgeschehen deutlich an Dynamik. Daher sei für die nächsten Wochen mit einem Anstieg der Fallzahlen zu rechnen. Auch in Rosenheim sind dann wohl Fälle zu erwarten.

Eine Neuigkeit
macht Experten Sorgen

Überhaupt unterscheidet sich diese Welle der Vogelgrippe. Das Virus zirkuliere nunmehr ganzjährig in Wildvogelpopulationen in Europa, teilt das Veterinäramt mit – „was früher so nicht beobachtet wurde“.

Mit Wachsamkeit registriert auch das Gesundheitsamt Rosenheim das Geschehen. Kann die Vogelgrippe, verursacht von Influenza-Viren, auch Menschen gefährlich werden? Schließlich wurde auch die millionenfach tödliche Spanische Grippe von 1918 von einem Grippe-Untertyp verursacht und womöglich zunächst von Tieren auf den Menschen übertragen.

Behördenleiter Dr. Wolfgang Hierl beruhigt. Zwar würden Vogelgrippe und Menschen-Grippe gleichermaßen durch Influenza-Viren ausgelöst. „Allerdings haben sich die Influenza-Viren an den jeweiligen Wirt angepasst und unterscheiden sich deutlich in ihrer Genetik.“ Auch vom Robert-Koch-Institut werde das Risiko einer Ansteckung in der „Allgemeinbevölkerung“ als gering eingestuft. Größer sei die Gefahr bei „engem Kontakt“ zu infiziertem Geflügel.

Beispiele dafür gab es 2024 in den USA. Das Virus wurde dort bei etwa 70 Menschen nachgewiesen. Der Krankheitsverlauf war in der Regel mild. Und es sei bislang keine Übertragung von Mensch zu Mensch beobachtet worden, teilte Hierl auf OVB-Anfrage mit.

Für Geflügelzüchter und Produzenten wären die Folgen schlimm genug. „Ein Ausbruch in einer Gruppe hätte natürlich die Tötung aller Hühner im Betrieb sowie einen mehrmonatigen Leerstand der Ställe mit entsprechenden wirtschaftlichen Verlusten zur Folge“, wissen Anton und Katharina Braun vom Hofladen Wiesenhausen in Brannenburg. Daher haben sich die beiden schon vorbereitet – dank ihrer Erfahrungen. Als vor einigen Jahren erstmals eine Vogelgrippenwelle die Stallpflicht nach sich gezogen habe, hätten sie noch Platzprobleme gehabt. Daher hätten sie in den Jahren danach in Wintergärten investiert.

Stallpflicht auch in Region
Rosenheim erwartet

Weiter werden die Brauns den Auslauf ihrer Tiere einschränken oder gar ganz aussetzen. Zu ihren Vorsichtsmaßnahmen gehören Desinfektionsmatten für die Schuhe am Eingang zu den Ställen. Platz, Einstreu und Pickblöcke – alles sei vorhanden. Denn, so sagen die beiden unisono: „Wir erwarten die nächsten Tage schon eine bundesweite Stallpflicht für Freilandgeflügel und haben auch volles Verständnis dafür.“

Dass es eine staatlich verordnete Pflicht ist, wäre für die Erzeuger wichtig, wie auch Franz-Josef Lohner weiß: Ohne amtlich verordnete Aufstallpflicht „droht uns eine Konventionalstrafe durch den Handel“. Den Geschäftspartnern im Handel hat die Firma „Obermeier Frischeier“ nämlich Freilandeier zugesagt.

Wenn das Familienunternehmen nicht mehr liefern kann, muss es unter Umständen zahlen.

Hoher Aufwand für Schutzmaßnahmen nötig

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