Massive Kritik an „Rundem Tisch“

von Redaktion

Vor wenigen Tagen lud der CEO der Schön-Klinik-Gruppe zum Austausch über die Gesundheitsversorgung in der Region. Geladen waren allerdings nicht Mitarbeiter oder Patienten der Klinik in Vogtareuth, sondern Politiker und der Chef der Romed-Kliniken. Warum Gästeliste und Ergebnisse für Kritik sorgen.

Vogtareuth – Zu einem „konstruktiven Austausch“ hatte am vergangenen Freitag Dr. Mate Ivancic, CEO der Schön-Klinik-Gruppe, geladen. Auf der Gästeliste standen die CSU-Bundestagsabgeordnete Daniela Ludwig, Rosenheims Landrat Otto Lederer, Rosenheims Oberbürgermeister Andreas März, der CSU-Landtagsabgeordnete Daniel Artmann und Ulrich Schulze, Geschäftsführer der Romed-Kliniken. Kritik gab es unter anderem an der Auswahl der geladenen Teilnehmer.

Nicht alle hatten Platz
am „Runden Tisch“

„Ein ,Runder Tisch‘ verdient seinen Namen nur, wenn dort alle Platz haben – auch die, um die es wirklich geht“, sagt Elke Fischer-Wagemann. Sie hat in Vogtareuth auf der Station „Jerwa“ für ihren 30-jährigen Sohn Nils das gefunden, was viele Eltern von Kindern mit schweren Behinderungen lange gesucht haben: eine umfangreiche, ganzheitliche Behandlung, die perfekt auf die so individuellen Bedürfnisse der Patienten abgestimmt ist. Doch genau dieses Angebot möchte die Schön-Klinik in Vogtareuth nun zum Jahresende schließen – genauso wie einige weitere Fachzentren.

Fischer-Wagemann hat dazu auch eine Petition mit dem Titel: „Erhalt der Station Jerwa in Vogtareuth – Einzigartige Transition sichern!“ ins Leben gerufen. Inzwischen haben über 28.000 Menschen unterzeichnet. Dennoch fürchtet die Initiatorin, dass die Belange der Betroffenen in all den Diskussionen rund um die Schließungen nicht gehört werden. Der „Runde Tisch“ dient hierfür als Beispiel. „Nicht die Anliegen der Beschäftigten und der betroffenen Patientinnen und Patienten standen im Mittelpunkt – sondern allein die politische Selbstdarstellung und die Angst vor Verantwortung“, kritisiert die Mutter.

Eine Sprecherin der Schön-Klinik antwortet darauf, dass beim „Runden Tisch“ das gemeinsame Engagement aller Beteiligten deutlich spürbar gewesen sei. „Die Interessen der Mitarbeitenden und der Patientinnen und Patienten standen und stehen dabei jederzeit im Mittelpunkt. Sie bilden die Grundlage all unserer Überlegungen und Entscheidungen“, so die Sprecherin weiter. Fischer-Wagemann hat allerdings noch mehr Kritikpunkte: „Es war keine unabhängige Pressestelle oder neutrale Instanz beteiligt, die den Gesprächsverlauf objektiv hätte wiedergeben können“, merkt sie an. Somit bliebe der Öffentlichkeit nur die einseitige Sichtweise des Konzerns. „Ein Vorgehen, das Transparenz, Glaubwürdigkeit und Vertrauen massiv untergräbt.“ Die politische Aussage sei das Einzige gewesen, was nach außen drang, betont die „Petitions“-Initiatorin. „Alles andere blieb ungehört.“

Neues ergab das Treffen – wie aus einer Pressemitteilung der Schön-Klinik hervorgeht – nicht wirklich. Darin hieß es, die Versorgung der „Jerwa“-Patienten bliebe auch nach den strukturellen Veränderungen gesichert. Dies vermeldete die Klinik bereits vor der Zusammenkunft mit der Politik. Doch zufriedenstellend ist die „Lösung“ der Schön-Gruppe für die Patienten nicht. Denn eine Anschlussversorgung über verschiedenste Stellen kann das einzigartige stationäre „Jerwa“-Angebot den Betroffenen zufolge nicht ersetzen. „Dadurch wären die Patienten, die Behandlungsbedarfe in vielen Fachbereichen haben, ja genau wieder an dem Punkt, dass sie regelmäßig eine Höllentour von Arzt zu Arzt, von Klinik zu Klinik vor sich hätten, um adäquat versorgt zu werden“, kritisiert Verdi-Gewerkschaftssekretär Domingo Heber. Und auch in Hinblick auf die Zukunft der Mitarbeiter blieb die Schön-Klinik in ihrer Pressemitteilung eher vage. „Für die von den Schließungen betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sollen ebenfalls gute Perspektiven geschaffen werden“, heißt es vonseiten des Unternehmens. Sowohl in der Schön-Klinik-Gruppe als auch bei Romed könnten Mitarbeiter unterkommen. „Die Aussagen von Ivancic sind erwartbar beschönigend. Zumindest für den ärztlichen Bereich aber auch einfach unzutreffend“, kritisiert Heber. Die Ärzte seien hochspezialisiert und eine entsprechende Tätigkeit daher nur schwer zu finden. „Was nützt es zum Beispiel dem Herzchirurgen, dass sie bei Romed irgendwelche Ärzte suchen? Eine Herzchirurgie gibt es dort einfach nicht.“ Im Bereich der Pflege sei es zudem eine „Verschwendung von Know-how“, wenn hochspezialisierte Pflegekräfte nun auf Normalstationen tätig werden müssten.

Verdi-Sekretär
fordert Moratorium

Heber fordert zuallererst aber ein Moratorium des Schön-Konzerns. Also einen vorläufigen Verzicht auf einseitige Maßnahmen wie Kündigungen und Schließungen zum Jahresende. Nur so könne man allen Beteiligten die notwendige Zeit geben, die künftige Versorgungsstruktur zu diskutieren und etwaige Vorbereitungen zu treffen. „Zumindest dieses bisschen Verantwortung sollte man auch von einem privaten Konzern erwarten können, wenn man ihm schon ein Krankenhaus anvertraut“, sagt Heber.

„Sollte der Konzern hierzu nicht bereit sein, stelle ich mir ernsthaft die Frage, ob er geeignet ist, weiter in der Gesundheitsbranche tätig zu sein.“

„Konstruktiver Austausch“

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