Noch mehr Widersprüche und Erinnerungslücken

von Redaktion

Tag zwölf im Hanna-Prozess, vorgeladen waren zwei Zeugen aus dem Freundeskreis des Angeklagten. Es ging im Amtsgericht in Laufen um eine Hausparty, viel Alkohol und bemerkenswerte Gedächtnislücken. Und um eine Überraschung: Die nächsten Prozesstage fallen aus.

Aschau/Laufen – Am Verhandlungstag zuvor, am vergangenen Mittwoch, hatte man mit Anna D. eine starke Zeugin aus dem Bekanntenkreis des Angeklagten erlebt. An Tag zwölf hingegen, am gestrigen Donnerstag, wurde den Zuhörern im großen Saal des Amtsgerichts in Laufen erst richtig klar, warum einem die Zeugin so außergewöhnlich vorkommen konnte: weil sie sich offenbar präzise erinnert und gut ausgedrückt hatte. Im Gegensatz zum ersten Zeugen vom Donnerstag.

Freunde ließen
Sebastian T. fallen

Der Bekannte von Sebastian T. ließ Richterin Heike Will den Kopf schütteln. Und zwar wegen der befremdlichen Haltung im Fall Hanna. Max K. beschrieb den Angeklagten zunächst als „nett und sympathisch“, als „aufgedreht auf die lustige Art“. Man sei befreundet gewesen. Doch nach seiner Verhaftung aufgrund der Aussage von Verena R. habe man Sebastian T. fallengelassen. Mehr noch: In einer Sprachnachricht an Verena R. – Heike Will hielt sie dem Mann vor – steigerte sich der Zeuge hinein. Da schilderte er, was er Sebastian T. am liebsten antun würde, damit der endlich gestehe. Als habe er zu viele Krimis gelesen.

Er wusste wohl auch, dass Verena R. ihre Aussage gegenüber Bekannten in einem wichtigen Punkt widerrufen hatte: dass Sebastian T. in einem Gespräch noch am 3. Oktober 2022, nur zwölf Stunden nach dem Tod Hanna Wörndls, Täterwissen offenbart habe.

Ein Irrtum – und
niemand sagt‘s der Polizei

Auf Heike Wills Frage, warum dennoch niemand Verena R. dringend geraten habe, ihren Irrtum beim Datum auch der Polizei mitzuteilen, sagte er: „Weiß ich nicht, ich hatte was anderes im Kopf.“

Dass das mit dem Datum wichtig sein könnte, sei ihm überhaupt erst kurz vor der aktuellen Verhandlung aufgefallen. Zur Erinnerung: Die Widersprüche in Verena R.s Äußerungen hatten die Zeugin vom Mittwoch im Herbst 2022 veranlasst, sich schnell an die Polizei zu wenden.

Ein eigenes Thema war die berüchtigte „Hausparty“ bei der Mutter von Verena R. Der Zeuge erzählte von viel Alkohol. Und von Scherzen über den fatalen 3. Oktober. „Wir haben Späßchen darüber gemacht. Ich hab aus Spaß zu T. gesagt: Jetzt sitzt du bald in U-Haft.” 

Hauptzeugin neigt zum
„Überdramatisieren“

Er werde bald selber sagen, dass er‘s war. Das habe Sebastian T. daraufhin gesagt. Denn er könne den Druck nicht mehr ertragen, „das mit der Polizei und dem ganzen Mord“, wie der Zeuge berichtete. T. habe zu einem anderen Zeitpunkt auch mal gesagt: „Haha, ich bin der Mörder von Aschau.“

Nochmals soll T. sich seltsam verhalten haben – er habe Verena R. mal sein Messer an den Hals gehalten. „So aus dem Spaßkontext heraus.“ Persönlich war der Zeuge nicht dabei, er will die Geschichte von Verena gehört haben. Und die neige nun mal zum „Überdramatisieren“, wie auch der Zeuge sagte, der sich ansonsten oft gar nicht oder widersprüchlich erinnerte.

Wenig Antworten
vom zweiten Zeugen

Noch ein junger Mann des Bekanntenkreises von Sebastian T. war für Tag zwölf ans Amtsgericht Laufen geladen: Raphael W. Er berichtete von einem Tischtennisspiel unter anderem mit Sebastian T. und Verena R. am Nachmittag des 3. Oktober. Er sei sich sicher, es sei der 3. Oktober gewesen, ein Montag, Tag der Deutschen Einheit.

Das würde wohl bedeuten, dass Sebastian T. gegenüber Verena R. am selben Tag kein Täterwissen verraten haben kann. Entgegen der von der Polizei aufgenommenen Aussagen von Verena R. wäre das Gespräch also am 4. oder 5. Oktober gewesen. Auch Raphael W. wirkte irritiert. Weil sich „die Vreni“ mit dem 3. Oktober immer so sicher gewesen sei. Da brandete kurz Gelächter auf. Lea R. – Verenas Schwester – hatte hingegen von einer ähnlichen Frage Sebastian T.s nach einem Tischtennisspiel berichtet. Klarheit wird hier kaum zu erlangen sein.

Weitere Pause
im Hanna-Prozess

Der zweite Zeuge war eben verabschiedet worden, da wurden die Zuschauer aus dem Saal geschickt. Verteidigung, Erste Jugendkammer und Staatsanwaltschaft berieten unter Ausschluss der Öffentlichkeit – weil außerhalb der Hauptverhandlung. Zwischen den Beteiligten sei das Ergebnis der bisherigen Beweisaufnahme besprochen worden, teilte Richterin Will nach der Unterbrechung mit.

Folge dieser Zwischenbilanz: Die nächsten drei Termine am 18., 19. und 24. November werden gestrichen. Fortgesetzt wird der Prozess am 25. November. Ob es nur darum ging, den medizinischen Sachverständigen in den Prozess-Terminplan einzutakten oder darum, wie das Verfahren zu beschleunigen sei: Darüber wollte sich vorerst niemand äußern.

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