Traunstein – Ihre ehrenamtliche Arbeit ist „ein klares Bekenntnis zum demokratischen Rechtsstaat“, betonte Landgerichtspräsidentin Anja Kesting beim Schöffentag, einem Treffen von rund 160 Schöffen aus allen Gerichten im Landgerichtsbezirk Traunstein, Berufsrichtern und Gästen. Die ehrenamtlichen Richter zeigten, „dass Rechtsfindung nicht allein Aufgabe von Professionen ist, sondern dass bürgerliche Mitverantwortung eine unverzichtbare Rolle spielt“. Damit leisteten sie „einen wichtigen Beitrag zur Gesellschaft, zur Rechtsordnung und zur Chancengerechtigkeit vor Gericht“.
„Sie bringen die
Perspektive der
Gesellschaft ins Gericht“
Die Präsidentin verwies auf die Bedeutung der Laienrichter, die sich mit großem Verantwortungsbewusstsein in das Justizsystem einbrächten, dafür teils berufliche Verpflichtungen und private Interessen hintanstellten. Für das Funktionieren eines Rechtsstaats sei diese Aufgabe „von zentraler Bedeutung“: „Sie tragen maßgeblich dazu bei, dass Gerichtsverhandlungen gerecht, ausgewogen und nachvollziehbar verlaufen. Durch Ihre Mitwirkung bringen Sie die Perspektive der Gesellschaft direkt ins Gericht, fördern die Transparenz des Verfahrens und stärken damit das Vertrauen der Bürger in den Rechtsstaat. Ohne Ihr Engagement und Ihre Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen, wäre eine ausgewogene Urteilsfindung in vielen Fällen nicht möglich.“
Von ihren Kollegen in den Strafkammern des Landgerichts sowie in den Schöffengerichten der Amtsgerichte in Altötting, Laufen, Mühldorf, Rosenheim und Traunstein wisse sie, so die Präsidentin weiter, dass diese die sorgfältige Prüfung der Beweislage, die faire Abwägung der Argumente und die Unparteilichkeit der Schöffen schätzten. Kesting wörtlich: „Sie tragen dazu bei, dass die Rechtsprechung nicht nur juristisch schlüssig, sondern auch glaubwürdig und verständlich bleibt. Ihr Urteil basiert auf fairer Würdigung, auf dem Hören der unterschiedlichen Sichtweisen und auf dem Respekt vor den Grundrechten aller Beteiligten.“
Der Schöffentag bot nach Worten von Anja Kesting Gelegenheit zum Erfahrungsaustausch, zur Weiterbildung, zum Netzwerken, zur Diskussion bewährter Verfahren und zur Identifikation von Verbesserungsmöglichkeiten – damit die Zusammenarbeit zwischen Schöffen, Richtern und Justizbehörden kontinuierlich gestärkt werde. Die Arbeit der ehrenamtlichen Richter verdiene Respekt, Anerkennung und nachhaltige Unterstützung – sowohl von der Gesellschaft als auch von den Justizbehörden. In der Öffentlichkeit werde nur der Richter, die Richterin für das Urteil verantwortlich gemacht – „obwohl Sie über Schuld- und Rechtsfrage maßgeblich mitentscheiden“, würdigte die Präsidentin die Anwesenden.
Für die Veranstaltung am Freitag im übervoll besetzten Schwurgerichtssaal hatte der Bayerische Landtag die notwendigen Mittel zur Verfügung gestellt. Der CSU-Abgeordnete Konrad Baur überbrachte die Grüße des Landtags und von Justizminister Georg Heidenreich. Das Schöffenamt sei „ein wichtiger Teil der Gerichtsbarkeit und ein Beitrag zum Schutz des Staates“. Der Freistaat Bayern sei „zu größtem Dank verpflichtet“, dass Bürger – wie hier im Landgerichtsbezirk Traunstein – dieses Ehrenamt übernehmen. Die Arbeit sei aufwendig, zeitintensiv und bedürfe „einer besonderen geistigen Reife“, geschehe „nicht zum eigenen Vorteil, sondern zu unser aller Vorteil“, schloss Konrad Baur.
Mit Vorträgen zum Thema „Richterliche Überzeugungsbildung und Beweiswürdigung“ lösten Volker Ziegler, Vorsitzender Richter des Schwurgerichts Traunstein und der Strafabteilung am Landgericht, und Richter am Landgericht Oliver Roth, der über die Strafzumessung in einem Strafurteil referierte, eine spannende Diskussion aus. Gefragter Gesprächspartner war auch Alexander Bauer, Bundesvorsitzender des Schöffenverbands und Landesvorsitzender in Bayern. Die Präsidialgeschäftsstelle hatte die vierstündige Veranstaltung mit abschließendem Gespräch im Foyer vorbereitet. Richter des Landgerichts und der Amtsgerichte standen Rede und Antwort. Für die Bewirtung sorgte die Gastroabteilung der Kalscheuer-Wirtschaftsschule Traunstein.