Endlich eine Nacht durchschlafen

von Redaktion

HeimatLichter Wie Raphael (14) im Haus Marini ein zweites Zuhause findet – und seine Mama etwas Zeit für sich

Rosenheim/Mühldorf – Was für ein großartiger Moment! Raphael (14) strahlt im Haus Marini vor Glück. Den grünen Stoffball lässt er nicht mehr los – die Mama dafür schon. Ein wunderbarer Augenblick, der genau auf den Punkt bringt, worum es bei der OVB-Weihnachtsspendenaktion 2025 geht.

Denn das Haus Marini – die neue Kurzzeit- und Tagespflege in Brannenburg für Kinder und Jugendliche mit Handicap – ist für Raphael absolutes Neuland. Es ist sein erster Aufenthalt dort überhaupt. Drei Tage, zwei Nächte – ohne Mutter, ohne Vater, ohne Schwester und ohne sein eigenes Bett. Ein Experiment, das auch hätte schiefgehen können.

Wenn die Zeit im Flug
vergeht oder stehen bleibt

Zumal Raphael nicht nur ein sensibler und liebenswerter Bub mit feinen Antennen ist, sondern auch mit Schwerstmehrfachbehinderungen zu kämpfen hat, die seinen Alltag – und den seines Umfeldes – ihren Stempel aufdrücken. Eigentlich kann man ihn kaum einen Moment alleine lassen.

Manchmal reichen schon Kleinigkeiten, um Raphael aus der Bahn zu werfen. Das kann der Vollmond sein, ein Wetterumschwung oder die Zeitumstellung, viel Lärm oder eine unvertraute Umgebung – wie zum Beispiel das Haus Marini.

Umso bemerkenswerter ist es, wie gut der Bub aus Großkarolinenfeld bei seiner Premiere in Brannenburg zurechtkommt. „Raffi“, wie ihn alle nennen, fühlt sich auf Anhieb wohl und behütet. Es gefällt ihm, es schmeckt ihm – und beim Ballspielen im Garten taut er so richtig auf.

Ab und zu lässt er sich sogar an der Hand führen und geht ein paar Meter fast allein. Das macht Raphael nur, wenn er gut drauf ist. Denn die meiste Zeit sitzt er im Rollstuhl. Erst mit acht Jahren hat er das Stehen gelernt und die ersten zaghaften Schritte gemacht.

Und so vergehen die drei Tage und zwei Nächte für Raphael wie im Flug – genau das Gegenteil ist daheim in Großkarolinenfeld der Fall. Jasmin Hörfurter (45), Raphaels Mama, dreifache Mutter, alleinerziehend, Altenpflegerin, kommt es so vor, als würde die Zeit stillstehen. Endlich kommt sie einmal zur Ruhe. Endlich kann sie eine Nacht durchschlafen. Das hat es schon seit einer halben Ewigkeit nicht mehr gegeben.

„Irgendwann kannst
du einfach nicht mehr“

Klar, sie liebt ihren Raphael über alles – so wie seine älteren Geschwister Valerie (18) und Dominik (21) ebenso. „Aber irgendwann sind auch meine Kräfte am Ende. Irgendwann kannst du einfach nicht mehr“, sagt die Frau, deren Tage stets von früh bis spät durchgetaktet sind.

Und wenn ihr Sohn am Wochenende mal beim Papa übernachtet? Dann ist Arbeiten im Schichtdienst angesagt.

Nur jetzt, während Raphaels Premieretagen im Haus Marini, ist das anders. Das Hamsterrad steht still. Mutter Jasmin hat sich nichts vorgenommen. Jeden Moment könnte ja das Telefon klingeln – und dann müsste sie ihren Sohn holen.

Aber der Anruf kommt nicht – und mit jeder Minute, die verstreicht, gelingt es auch der Mama, den Kopf frei zu kriegen und loszulassen. Durchatmen, entspannen, auf der Couch liegen, einfach so, und mit einer Freundin telefonieren, früh zu Bett gehen, spät aufstehen – Hörfurter kommt sich vor wie in einem schönen Traum, der in Zeitlupe abläuft.

Eher einem Drama gleicht Raphaels Geschichte. Er ist ein großer Kämpfer. Schon kurz nach der Geburt hängt sein Leben das erste Mal am seidenen Faden – das Hoffen und Bangen beginnt. Regungslos, apathisch, halb tot – so kommt der Säugling, gerade ein paar Tage alt, Anfang Oktober 2011 auf die Intensivstation.

Der Grund: Das Kind hat viel zu viel Insulin im Blut – die Folge einer Schwangerschafts-Diabetes, die jeden treffen kann und in Raphaels Fall nicht erkannt worden ist. Wie viel das Insulinchaos in Raphaels Körper angerichtet hat, wird erst mit der Zeit klar. Zu den geistigen und körperlichen Behinderungen – Raphael kann weder gehen noch sprechen – kommen lebensbedrohliche epileptische Anfälle.

Seit Jahren besucht Raphael Schule und Förderstätte des Heilpädagogischen Förderzentrums Aschau (Kind im Zentrum Chiemgau, kurz KIZ). Dort ist er tagsüber gut aufgehoben und macht enorme Fortschritte. Darüber ist Jasmin Hörfurter sehr dankbar.

Aber die Nächte mit Raphael sind kurz und die Tage lang – beispielsweise, wenn er in den Ferien oder an schlechteren Tagen daheim bleiben muss. Oft dreht sich dann das Hamsterrad ab 4 Uhr früh bis spät in den Abend hinein.

Aber nicht an diesem Mittwoch, Raphaels dritter Tag im Haus Marini. Die Mama schläft zum zweiten Mal aus. Am frühen Abend geht es nach Brannenburg. Auch Valerie ist dabei, um den kleinen Bruder abzuholen. Beide sind schon gespannt, wie es gelaufen ist.

Und es ist viel besser gelaufen, als erhofft. Raphael würde auch noch bleiben, so gut hat es ihm gefallen. Und so sitzen sie noch eine Weile auf der Couch im Gemeinschaftsraum – Mutter, Sohn, Tochter.

Möchte Raphael wiederkommen? „Jaaaaa!“ ruft er – und alle drei auf der Couch wirken, als seien sie gerade die glücklichsten Menschen der Welt.

Überweisungsträger für die OVB-Weihnachtsspendenaktion liegen heute bei.

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HeimatLichter und Haus Marini

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