Keine Zeugen, keine Beweise: Nähert sich der Hanna-Prozess bereits dem Abschluss?

von Redaktion

Verhandlungstag 13 am Amtsgericht in Laufen am heutigen Dienstag – Prozessbeobachter spekulieren über ein schnelles Ende – Plädoyers möglich

Aschau/Laufen – Zwei Wochen machte er Pause – heute wird der Hanna-Prozess am Amtsgericht Laufen fortgesetzt. Mit einem Abschluss weit früher als erwartet? Es deutet einiges darauf hin. Unter anderem das Schweigen der Prozessparteien. In den zwei Wochen seit dem Rechtsgespräch zwischen Kammer, Verteidigung und Staatsanwaltschaft habe das Landgericht keinerlei schriftliche Äußerung mehr erreicht, sagte die Gerichtssprecherin Cornelia Sattelberger. Weder die Staatsanwälte äußerten sich also zu dem Gespräch noch die Verteidigung. Es wirkt, als hätten sich beide Seiten mit einem Vorschlag von Richterin Heike Will arrangiert. Weder sollen am Dienstag Beweise ins Verfahren eingeführt werden. Noch sind Zeugen oder Sachverständige geladen.

Was kann Will vor zwei Wochen unterbreitet haben? Der Gesprächsinhalt ist vertraulich. Doch für den Gegenstand der Beratung hinter verschlossenen Türen gibt es Indizien. Schon mit der Aufhebung der Untersuchungshaft für Sebastian T. im Sommer gab die Erste Jugendkammer des Landgerichts eine Tendenz in Richtung Freispruch zu erkennen, zumindest waren viele Beobachter dieser Meinung. Am heutigen Dienstag, viel früher als erwartet, könnten bereits die Plädoyers gehalten werden.

Die bisherige Verhandlung ergab offenbar keinerlei weiteren Anhaltspunkte für die Schuld von Sebastian T. Im Gegenteil: Die wichtigsten Belastungszeugen hielten nicht stand. Verena R., Bekannte des Angeklagten noch aus Schulzeiten, widersprach sich häufig. Adrian M., Mitgefangener in der JVA Traunstein, behauptete, dass sich Sebastian T. ihm als der Mörder offenbart habe. Doch unter anderem Gutachter Professor Dr. Max Steller bezweifelte die Glaubhaftigkeit der Aussage. Damit steht die Anklage auf tönernen Füßen. Nicht ausgeschlossen, dass zeitnah ein Urteil fällt.

Hanna Wörndl hatte in der Nacht auf den 3. Oktober 2022 mit Freunden im Club „Eiskeller“ in Aschau gefeiert. Auf den Heimweg verschwand sie. Am Nachmittag entdeckte ein Spaziergänger die junge Frau, leblos in der Prien treibend. Gerichtsmediziner legten sich schnell auf ein Gewaltverbrechen fest. Als dringend tatverdächtig wurde Sebastian T. festgenommen. Er stammt wie Hanna aus Aschau. In erster Instanz verurteilte ihn die Zweite Jugendkammer des Landgerichts Traunstein wegen Mordes zu neun Jahren Haft. Der Revision gab der Bundesgerichtshof am 16. April wegen eines Verfahrensfehlers statt. Seit Ende September verhandelt die Erste Jugendkammer den Fall neu.

Hannas Familie hatte sich bereits nach vier Prozesstagen aus dem Verfahren verabschiedet. Hanna selbst spiele keine Rolle mehr, hieß es in einer Erklärung zum Rückzug aus der Nebenklage. Die Eltern hatten wohl auch die Hoffnung aufgegeben, in dem Verfahren Aufklärung über die letzten Minuten ihrer Tochter zu erhalten. In der Verfahrensführung sei zudem ein Zustand erreicht, „der für die Eltern die weitere Teilnahme an diesem Verfahren nicht mehr ertragbar macht“, hieß es damals in der Erklärung von Nebenklage-Anwalt Walter Holderle. Michael Weiser

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