Stiftung Attl feiert Meilenstein

von Redaktion

409.000 Euro spendeten OVB-Leser 2018 im Rahmen unserer Weihnachtsspendenaktion an die Stiftung Attl in Wasserburg. Das Geld floss in das Haus Fabian, das am 4. Dezember eingeweiht wird. Exklusive Einblicke in einen besonderen Neubau, maßgeschneidert zugeschnitten auf die Bewohner einer Intensivgruppe.

Wasserburg – Rund 409.000 Euro spendeten die OVB-Leser im Jahr 2018 im Rahmen der Weihnachtsspendenaktion der OVB-Heimatzeitungen an die Stiftung Attl. Unsere Leser bezuschussten so ein Neubauprojekt. Nun, sieben Jahre später, soll es am 4. Dezember eingeweiht werden. Zugegeben, es ist eine lange Zeit, die zwischen Spendenaktion und Einweihung verstrichen ist. Dafür handelt es sich aber auch um einen ganz besonderen Neubau. Denn im „Haus Fabian“ zieht künftig eine Intensivwohngruppe ein. In dieser leben nur Menschen mit sehr speziellen Bedürfnissen und Herausforderungen.

Für Herbert Prantl-Küssel, Leiter des Unternehmensbereichs Wohnen, geht mit dem „Haus Fabian“ deshalb auch ein kleiner Traum in Erfüllung. Vor 30 Jahren begann die Stiftung Attl als eine der ersten Einrichtungen mit dem Aufbau von Intensivwohngruppen, erzählt er. Dabei handele es sich um Gruppen für geistig und mehrfach behinderte Menschen mit zusätzlicher psychischer Erkrankung, die stark herausfordernde Verhaltensweisen zeigen. Meist seien diese in irgendeiner Form selbst- oder fremdgefährdend.

„Vor 1995 gab es keine Wohnmöglichkeiten für diese Personengruppe“, erzählt Prantl-Küssel. In der Regel seien Betroffene in psychiatrischen Kliniken untergebracht worden. Vor genau 30 Jahren wurde dann die „Enthospitalisierung“ beschlossen. Diese Menschen sollten in Zukunft nicht mehr in Krankenhäusern, sondern in eigens für sie zugeschnittenen Wohngruppen mit psychologischer und pädagogischer Betreuung leben. „Das Ziel ist, den Bewohnern mit den Intensivwohngruppen Förderung und ein Stück Selbstbestimmung zu ermöglichen“, erklärt Prantl-Küssel.

Bislang wurden dafür die Bestandsgebäude saniert und ertüchtigt. Die sechs Bewohner der Fabian-Gruppe leben seit 2018 sogar in einem eigentlich schon mehrfach zum Abriss freigegebenen Haus. „Wir mussten die Bewohner damals sehr kurzfristig und notdürftig unterbringen“, erklärt Prantl-Küssel. Die Gruppe sei aufgrund einer Heimauflösung in Fischbachau durch die Heimaufsicht notfallmäßig nach Attl gekommen und sei in das ehemalige Mitarbeiterwohnheim eingezogen. Ein Haus, das eigentlich ungeeignet sei. Umso glücklicher ist Prantl-Küssel deshalb, dass mit dem Haus Fabian zum ersten Mal ein Gebäude errichtet werden konnte, welches von vornherein auf die Bedürfnisse der Intensivgruppe zugeschnitten sei.

Entsprechend viel Hirnschmalz, das wird beim Besuch im Haus Fabian deutlich, ist in dieses Gebäude geflossen. „Und natürlich auch 30 Jahre Erfahrung“, so Prantl-Küssel. Angefangen bei eingegitterten Schildern für den Rettungsweg, über besonders fest verankerte Lichtschalter und abwischbare Wandfarben. Es sind viele Details, auf die beim Bau des Hauses geachtet wurde und werden musste, wie Markus Dullinger, Technischer Leiter in der Stiftung Attl, erklärt. Das Ziel: möglichst stabil und präventiv zu bauen, um den Arbeitsaufwand für die Handwerker der Stiftung gering zu halten, aber auch, um den täglichen Ablauf in der Gruppe möglichst wenig stören zu müssen.

Das Gebäude hat deshalb auch einen extra Anlieferungsbereich für etwa Postzusteller und eine Garderobe für die Mitarbeiter, beides für die Bewohner nicht zugänglich und abgegrenzt vom eigentlichen Gruppenareal. Dieses besteht hauptsächlich aus einem gemeinschaftlichen Gruppenbereich, mit Zugang zum eingezäunten Garten, angrenzender Küche, die mit einer Tür oder einem Gitter abgeschlossen werden kann. Gegenüber befindet sich ein Büro für die Mitarbeiter, ausgestattet mit einer Wand aus bruchsicherem Glas, um die Sichtachse zur Gruppe zu gewährleisten und ebenfalls mit Tür oder Gitter abschließbar.

Die sechs Bewohner sollen ab dem 4. Dezember hier leben. Jeder bekommt ein Einzelzimmer, meist teilen sie sich zu zweit ein Bad – aufgeteilt in einen Dusch- und einen Toilettenraum. Zusätzlich gibt es noch ein geräumiges Pflege-Badezimmer und eine Mitarbeiter-Toilette.

Viel Arbeitserfahrung sei auch in die Gestaltung der Bewohner-Zimmer geflossen, wie Prantl-Küssel und Dullinger erklären. Sogar die Schränke – von außen abschließbar und deckenhoch – sind hier Sonderanfertigungen. Sie haben keine Spalten, damit sich niemand in die Türen einhängen oder sie gar herausreißen kann. Zusätzlich kann jedes Zimmer, wenn nötig, auch videoüberwacht werden. Das sei manchmal notwendig, beispielsweise bei einer ärztlich und richterlich angeordneten Fixierung, so Prantl-Küssel.

Um auch die Mitarbeiter zu schützen, sind die Räume geräumiger und größer als in anderen Wohngruppen gestaltet, wie Prantl-Küssel erklärt. „Es war uns sehr wichtig, dass sich die Mitarbeiter wohlfühlen und dazu gehört auch, dass sie die Möglichkeit haben, in schwierigen Situationen einen Schritt zurücktreten zu können“, so Prantl-Küssel. Denn der Personalmangel im Pflegebereich mache sich gerade in solchen Gruppen oft bemerkbar. „Das ist eine herausfordernde Arbeit, die auch nicht für jeden geeignet ist.“ Umso wichtiger sei es, den Personen, die hier arbeiten wollen, einen möglichst sicheren und guten Arbeitsplatz zu geben. Zumal der Personalaufwand enorm hoch sei, denn im Gegensatz zu anderen offenen Wohnkonzepten seien in den Intensivgruppen Tag und Nacht zwei Mitarbeiter für die Bewohner anwesend und ansprechbar.

2,1 Millionen Euro seien allein in das Gebäude geflossen, so Dullinger. Die Gesamtkosten mit Innenausstattung stünden noch nicht fest. Vor allem diese werde aber von den Spendengeldern der OVB-Leser finanziert.

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