Nach Böller-Vorfall: Streit um Schmerzensgeld

von Redaktion

In Bad Aibling hantierten Jugendliche mit Silvesterböllern – einer landete in der Kapuze eines Heranwachsenden. Mit schlimmen Folgen. Die Familie des Opfers fordert Schmerzensgeld. Nun trafen sich die Streitparteien vor dem Landgericht Traunstein.

Traunstein/Bad Aibling – Eine Gruppe von Jugendlichen hantierte am 5. Januar 2024 in Bad Aibling mit „Bienen“, eine Art Silvesterböller. Ein 14-Jähriger soll dabei eine „Biene“ angezündet und in die Luft geworfen haben. Das Teil landete in der Kapuze eines Gleichaltrigen und explodierte dort. Der Junge erlitt bei dem Vorfall Verbrennungen ersten und zweiten Grades. Jetzt fordert der Jugendliche vor der Sechsten Zivilkammer am Landgericht Traunstein ein Schmerzensgeld von mindestens 5.000 Euro.

Verbrennungen ersten
und zweiten Grades

Gegen 19.40 Uhr hatte sich die Gruppe an der Münchener Straße in Bad Aibling getroffen. Dabei kam es zu dem Vorfall, bei dem der 14-jährige Kläger Verbrennungen ersten Grades am Hals mit einer Größe von etwa drei mal drei Zentimetern erlitt, dazu sogar Verbrennungen zweiten Grades mit Narbenbildung.

Den Beklagten verurteilte der Jugendrichter am Amtsgericht Rosenheim deshalb bereits wegen gefährlicher Körperverletzung zu gemeinnützigen Arbeitsstunden, die der Jugendliche schon abgeleistet hat.

Die beiden jungen Männer trafen sich nun, begleitet von Elternteilen, vor der Sechsten Zivilkammer am Landgericht Traunstein wieder. Die Richterin führte in den Sachstand ein, der im Wesentlichen unstreitig ist. Die Frage sei: „Liegt Vorsatz vor, eine Fahrlässigkeit oder ein Unfall, der keinem vorzuwerfen ist?“ Wenn jemand mit Böllern „herumwerke“ und sie werfe, bestehe die Gefahr, dass andere Menschen verletzt werden. „Dem Grunde nach“ sei der Verursacher einer Verletzung zu Schadensersatz verpflichtet. Persönlich sehe sie das Geschehen eher im Bereich „einer bewussten Fahrlässigkeit“.

Zweimal pro Tag
Schmerzmittel

Veiglhuber erklärte: „Man rechnet damit, dass keiner verletzt wird. Aber man hätte damit rechnen müssen.“ Damit sei ein Schmerzensgeld wohl zu zahlen. Zur Höhe informierte Veiglhuber, in Vergleichsfällen seien Gerichte zu 2.000 bis 2.500 Euro für derartige Fälle gelangt. Beklagtenanwalt Johannes Helber aus Brannenburg betonte in der Güteverhandlung, die von der Beklagtenseite geforderten 5.000 Euro seien „viel zu hoch“.

Klägeranwältin Nicole Böss aus Rosenheim erwiderte nach Beratung mit den Eltern, man wolle nicht unter 4.000 Euro gehen. Die Verletzungen seien extrem schmerzhaft gewesen, Kleidung sei ebenfalls beschädigt worden.

Die Jugendlichen kamen vor Gericht auch selbst zu Wort. Der Kläger schilderte, er sei mit einem Freund unterwegs gewesen und sei der ihnen flüchtig bekannten Gruppe begegnet. Er sei von dem Beklagten gezwungen worden, „gescheite Böller“ zu kaufen. Im ersten Laden habe man nichts Entsprechendes gefunden, aber im zweiten Geschäft. Dann habe der andere ihm die „Biene“ aus der Hand gerissen, sie angezündet und in seine Richtung geworfen. Das Teil habe sich gedreht und sei in seine Kapuze geflogen. Er habe die Jacke sofort ausgezogen. Seine Eltern hätten ihn ins Krankenhaus zur Untersuchung gebracht. Sechs bis sieben Wochen habe er Schmerzen empfunden, zweimal pro Tag Schmerzmittel nehmen müssen. Eine Jacke mit Kapuze habe er wochenlang nicht tragen können, auf der linken Seite nicht schlafen und sich nicht nach links drehen können. Inzwischen habe er keine Schmerzen mehr, meinte der Kläger. Nur noch Rötungen seien zu sehen.

Keine Einigung
vor Gericht

Der Beklagte erinnerte sich an das Geschehen etwas anders. In der Gruppe habe jeder eine „Biene“ gezündet. Er habe die seinige dann „in die Luft geschmissen“: „Sie flatterte herum und fiel in die Kapuze. Es stimmt nicht, dass ich die ‚Biene‘ direkt in seine Richtung geworfen habe.“

Die Mutter des Geschädigten ergänzte, man habe die Verletzungen fachgerecht zu Hause versorgt. Anfangs seien die verbrannten Stellen nur gerötet gewesen, dann aber von Tag zu Tag mehr aufgegangen. Sie habe ein Tagebuch geführt und Fotos gemacht. Nach Wundschluss habe sie die Narbe noch ein halbes Jahr lang speziell mit Medikamenten und einem Narbenroller behandelt. Auf Frage der Richterin antwortete der Beklagtenanwalt, man bestreite weder die Verletzungen noch die Folgen.

Nachdem die Klageparteien hinsichtlich der Schmerzensgeldhöhe keine Einigung erzielen konnten, muss jetzt das Gericht entscheiden. Die Entscheidung soll am 17. Dezember verkündet werden.

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