Rosenheim/Traunstein – Seit Montag muss sich ein in der Nähe von Regensburg lebender Mann vor dem Gericht in Traunstein verantworten. Ihm wird vorgeworfen, in seiner Position im Vorstand einer Hotelgemeinschaft Gelder in Millionenhöhe veruntreut zu haben. Dadurch sei der AG mit Sitz in Rosenheim erheblicher Schaden entstanden.
Rund 2,2 Millionen
Euro vereinnahmt
Der Angeschuldigte O. soll laut Anklage im Zeitraum von 2020 bis 2024 Gelder der Gesellschaft in Höhe von gut 2,2 Millionen Euro vereinnahmt haben, ohne dass dem eine entsprechende Gegenleistung gegenübergestanden wäre. Darunter waren auch 122 Rechnungen über knapp 921.000 Euro zugunsten seines Einzelunternehmens, einer Consulting-Firma, die niemals erbracht worden waren. Er tätigte auch Barentnahmen und Einkäufe unter Einsatz der Firmenkreditkarte oder Direktüberweisungen.
Die Angeschuldigte B. war nach vorangegangener freier Mitarbeit ab Mai 2021 als Leiterin der Buchhaltung für die Gesellschaft tätig. Die Angeklagte aus Großkarolinenfeld soll auf Anweisung durch den Angeschuldigten O. Zahlungen veranlasst haben, obwohl sie gewusst haben soll, dass es dafür keinen rechtmäßigen Grund gab. Sie soll sich hierdurch eine wiederkehrende Einnahmequelle verschaffen haben.
Richterin Christina Braune stellte sich die Frage, wie der Jahresabschluss zustande gekommen ist. Herr O. hatte einen anderen Steuerberater als den bisher langjährig tätigen Berater beauftragt, die Unterlagen zu prüfen. Für sie ist unverständlich, dass dieser seine Tätigkeit gefährden würde. „Hier im Saal sitzen zwei Personen, die uns sagen können, wie das ganze abgelaufen ist“, eröffnete Braune die Sitzung. Angeklagter O. gab dazu eine Stellungnahme ab: Er bekannte sich zu den Anklagepunkten. „Die Gelder wurden von mir veruntreut und das bereue ich sehr. Die Rechnungen wurden fast ausschließlich von mir überwiesen. Frau B. habe ich im Sommer 2019 kennengelernt. Zuerst war sie als freie Mitarbeiterin, später als Angestellte in der AG. Ich habe sie mit Geschenken unterstützt, da sie alleinerziehend ist. Eine Partnerschaft hatten wir nie“, gesteht O. Als eine Form der Wiedergutmachung verzichtete O. auf sein Gehalt und die Abfertigung.
Bei den Geschenken handelte es sich auch um eine Wohnung im Kolbermoor, wo er die 52-Jährige aus Großkarolinenfeld für einen günstigen Mietbetrag wohnen ließ. Die Wohnung sei mit einem Kredit der AG aufgenommen worden. Der Kaufpreis belief sich auf 1,3 Millionen. „Die Wohnung sollte wieder veräußert werden. Die Lage im Kolbermoor ist begehrt. Es war eine hohe Rendite zu erwarten. Ich ging noch davon aus, dass sich das so friedlich lösen lasse“, so der 52-jährige Angeklagte. Unter den Geschenken befand sich auch ein Porsche.
Ebenso schenkte O. der Angeschuldigten B. mehrere Reisen. Von Frau B. wollte das Gericht wissen, ob sie denn nicht wusste, dass es sich dabei um unrechtmäßige Schenkungen handelte? „Mir gegenüber hat sich Herr O. als wohlhabend dargestellt. Er sagte mir, die Rechnungen seien mit dem Aufsichtsrat abgestimmt und er wolle mir helfen. Ich soll mir über die Geschenke keine Gedanken machen. Die Wohnung wollte ich anfangs nicht annehmen, aber ich habe mich überreden lassen“, gab die Angeklagte zur Antwort.
Sie will nicht gewusst haben, dass es sich dabei um veruntreutes Geld handelte. „Wenn das ihre Begründung ist, dann muss ich ihre Beteiligung an dem ganzen neu überdenken“, stellt Braune fest. Die Situation habe sich schließlich über Jahre gezogen. Die 52-Jährige bleibt allerdings bei ihrer Aussage.
In Anschluss daran wurde schließlich der Vorsitzende der AG zur Zeugenaussage geladen. Ein ziemlicher Schock sei es für den 55-Jährigen gewesen. Das Unternehmen wurde vor 30 Jahren gegründet: Ziel sei es gewesen, Hotels, die sich auf Familien konzentrieren, mit Marketingmaßnahmen zu unterstützen.
„Die Hotels zahlen uns einen Mitgliedsbeitrag und wir versprechen, dass wir mit ihrem Geld beispielsweise Werbung auf Google schalten. Wir haben schnell gesehen, dass wir einen Pott brauchen, aus dem wir Finanzen beziehen können“, so der Zeuge.
Man habe dann, als das Unternehmen gewachsen ist, gesehen, es brauche Struktur und habe deshalb einen Vorstand gegründet. Dieser bestand bis zuletzt aus Hotelbesitzern, die eine Mitgliedschaft in der AG hatten.
Als sich schlussendlich eines der Vorstandsmitglieder zum Gehen entschloss, suchte man nach einem neuen Mitglied. „So sind wir dann auf Herrn O. gestoßen. Er wirkte auf uns sehr umsetzungsstark und konnte uns überzeugen. Herr O. wollte in der AG einiges verändern und wir waren damit einverstanden. Wir hatten eine sehr enge Zusammenarbeit“, schildert der 55-jährige.
Probleme
mit Rechnungen
Erst später seien dann Probleme mit nicht gezahlten Rechnungen aufgefallen. Erst dann hatte man dann erkannt, dass etwas nicht stimmt. Die Staatsanwaltschaft wollte daraufhin wissen, warum nicht aufgefallen sei, dass mehrmals an die Firma von Herrn O. gezahlt wurden. Der Zeuge kann sich das so erklären: „Wir übernehmen Marketing und Beratung für die Hotels und die Firma von Herrn O. ist eine Beratungsfirma. Da fallen oft sehr hohe Summen an. Ich habe das auch meinen Wirtschaftsprüfer gefragt, der meinte dann, er hätte da auch nichts Verdächtiges gesehen.“
Die Fortsetzung der Verhandlung ist am 5. Dezember geplant. Es werden weitere Zeugen erwartet.