Wasserburg/Attl – Nach sieben Jahren ist es endlich so weit: Das neue Haus für die Fabian-Gruppe der Stiftung Attl ist eingeweiht und kann bezogen werden. „Der Tag ist ein Meilenstein und ein Neuanfang für unsere Bewohner“, sagte Vorständin Manuela Keml bei der feierlichen Eröffnung.
Denn das Haus Fabian ist „kein Bauprojekt von der Stange“, erklärte Keml. Hier ist ein Wohnbereich entstanden, der einen Ort für das Leben und einen Schutzraum darstellt. „Bei der Architektur wurde nichts zufällig entschieden“, so die Vorständin. Denn hier werden nach ihren Angaben Erwachsene betreut, die mehrfach behindert sind und in der Regel auch noch an psychischen Erkrankungen leiden. Viele von ihnen haben den Entwicklungsstand eines Kleinkindes, können sich verbal nicht oder kaum äußern und bedürfen spezieller Pflege und Betreuung.
Viel Ausdauer hätten die Mitarbeitenden der Stiftung beweisen müssen, bis der Neubau endlich fertiggestellt worden sei, sagte Keml. Das Gebäude sei aufgrund der herausfordernden Bedürfnisse der Bewohner besonders komplex aufgebaut. Manche Pläne hätten auch noch einmal während der Bauphase überarbeitet werden müssen. Dadurch sei es zu Verzögerungen gekommen. Keml freute sich nun umso mehr, symbolisch den Schlüssel des Hauses an Gruppenleiterin Karin Lewik übergeben zu können.
Der Bau des neuen Hauses für die Fabian-Gruppe wurde auch durch die Leser der OVB-Heimatzeitungen ermöglicht. Im Jahr 2018 ging ein Teil des Erlöses der OVB-Weihnachtsspenden-aktion in Höhe von rund 409.000 Euro an das Vorhaben. „So wurden Menschen in unserer Region von Menschen aus unserer Region unterstützt“, sagte Keml.
Das Haus Fabian bietet Platz für sechs Personen, die einen herausfordernden Pflegebedarf aufweisen. Im neuen Gebäude wird eine von neun Intensivwohngruppen der Stiftung Attl untergebracht. Bei der Arbeit in diesen Wohngruppen hat sich in den vergangenen Jahrzehnten viel getan, erklärte Bereichsleiterin Petra Hageneder. Hageneder ist bereits seit 30 Jahren bei der Stiftung Attl angestellt und seit Beginn der Intensivwohngruppen dabei. Auch sie hob das komplexe System des Hauses Fabian hervor. „Hier entstand ein Lebensraum, der mehr als nur ein Ort zum Wohnen sein soll“, erklärte sie. Vielmehr gehe es darum, einen Platz der Teilhabe und Sicherheit zu schaffen, in dem sich Menschen mit besonderen Bedürfnissen weiterentwickeln könnten, so Hageneder. Sie überreichte Gruppenleiterin Karin Lewik Brot und Salz für einen guten Einzug. Zur Einweihung geladen war auch Dr. Jeannette Hofmann, Oberärztin für Psychiatrie am kbo-Inn-Salzach-Klinikum in Wasserburg. Die Psychiaterin ist seit 17 Jahren für die Intensivwohngruppen als ambulant tätige Ärztin zuständig. Sie appellierte: „Ein Mensch ist keine Diagnose.“ Es gelte, zu verstehen, dass das manchmal herausfordernde Verhalten von einem bestimmten Bedürfnis ausgehe. „Oft können die zu Betreuenden ihren Schmerz oder ihr Leiden nicht in Worte fassen“, sagte Hofmann. Speziell geschulte Fachkräfte helfen und geben Sicherheit, berichtete sie. Die Arbeit in einer Intensivwohngruppe unterteile sich in die drei Bereiche Diagnostik, therapeutische Begleitung und Psychopharmaka sowie die Krisenintervention, sagte Hofmann. Die Fachärztin hob hervor, dass in der Stiftung Attl die Zusammenarbeit zwischen den Mitarbeitenden, den Angehörigen und der Einrichtung außerordentlich gut funktioniere.
Ab Dienstag, 9. Dezember, würden die sechs Bewohner, die zwischen Mitte 20 und Mitte 40 Jahre alt seien, in die neuen Räume einziehen, erklärte Dorit Mohnkern, heilpädagogische Fachkraft. Sie und weitere Mitarbeitende führten die rund 50 geladenen Gäste – darunter für die OVB-Leser auch stellvertretende Chefredakteurin und Chefreporterin von OVB MEDIA, Rosi Gantner, sowie Vertreter der Stiftung, der Stadt und des Landkreises – durch das Haus Fabian.
Besonders ist hier beispielsweise, dass alle Möbel aus Massivholz fest an ihrem Ort verankert sind und nicht verschoben werden können. Es gibt keine scharfen Kanten, viele Sicherungselemente wie gepolsterte Türen. Auch die adventliche Dekoration befindet sich hinter bruchsicheren Glasscheiben. Für das Personal gibt es eigene Räumlichkeiten für Besprechungen, die jedoch den ständigen Blickkontakt zu den Bewohnern ermöglichen. Diese haben in der Regel einen engen Bezug zu ihren Betreuern.
Umrahmt wurde die feierliche Eröffnung vom ABM-Orchester der Stiftung Attl. Begrüßt wurden die Gäste von Heimbeirat Tomas Naydenov und Herbert Prantl-Küssel, Leiter des Bereichs Wohnen. Passend zum Beginn des Dezembers war am Anfang der Feier der Nikolaus zu Besuch, der von Helmut Hammerbacher, ehemaliger Schulleiter in der Stiftung Attl, gespielt wurde. Gesegnet wurden die neuen Räume von Ann-Kathrin Lenz-Honervogt, Seelsorgerin der Stiftung.