Hanna und der Eisbär auf dem Heuberg

von Redaktion

HeimatLichter Geschichte von einem Mädchen, das auch ohne Worte viel zu erzählen hat

Rosenheim/Mühldorf – Mehr Sonnenschein geht nicht: Ein Lächeln genügt – und die bezaubernde Hanna (5) bricht jedes Eis. Mehr Zufall geht aber auch nicht: Das Mädchen aus Rosenheim hat einen Gendefekt, der seltener ist als ein Lottogewinn – mit weltweit unter 100 Fällen.

Deshalb kann Hanna auch nicht sprechen – zumindest bis jetzt nicht. Weil sie es trotzdem schafft, mit ihren ausdrucksstarken Augen ohne Worte so viel zu sagen, hat sich die OVB-Redaktion in Hanna hineinversetzt. Ihre HeimatLichter-Geschichte darf sie selbst erzählen:

„Hallo, ich bin die kleine Hanna – und ich habe eine Frage an euch: Ist es ein Zufall, dass ich mich auf dem Bild, das ihr oben seht, ganz allein auf den Beinen halten kann? Ich weiß es nicht.

Das Foto ist im Herbst 2025 im Haus Marini in Brannenburg gemacht worden. Es bedeutet mir und meinen Eltern sehr viel. Für viele ist es sogar eine Sensation – weil ich bis Sommeranfang 2025 ja noch gar nicht alleine gelaufen bin. Wenn sich meine Erzieherinnen in der Konduktiven Heilpädagogischen Tagesstätte in Rosenheim-Oberwöhr nicht so liebevoll und intensiv um mich gekümmert hätten, wäre das wohl heute noch so.

In den Sommerferien hatte mein Kindergarten dann vier Wochen zu. Mama und Papa mussten arbeiten, und so durfte ich zur Ferienbetreuung ins Haus Marini – das ist eine Kurzzeit- und Tagespflege für besondere Kinder wie mich. Ich finde es spitze, dass die HeimatLichter und die OVB-Weihnachtsspendenaktion ein so tolles Haus mit so tollen Menschen und einem so tollen Garten unterstützen.

Im Herbst 2025 durfte ich das Haus erneut besuchen – und wie ihr seht, hat es mir so gut gefallen, dass ich ein paar Meter frei und ganz allein durch den schönen Garten gelaufen bin. Die frische Luft, die Berge, die tanzenden Blätter auf dem grünen Rasen, die netten Betreuerinnen, die ich schon gut kenne – und ich mittendrin. Was für ein großartiger Augenblick! Gern wäre ich noch länger geblieben.

Jetzt freue ich mich schon auf 2026. Da werde ich sogar ein paar Nächte im Haus Marini schlafen – damit Papa und Mama, die sich pausenlos um mich kümmern, endlich mal ein bisserl ausspannen können.

Los ging es mit mir
wie im Bilderbuch

Eigentlich hat meine Geschichte 2020 wunderbar begonnen: Nach einer Bilderbuch-Schwangerschaft war ich am 6. September plötzlich da – mitten in der Pandemie. Corona konnte mir und Mama und Papa – sie heißen Claudia (31) und Dominik Winter (35) – nichts anhaben. Aber eine andere Laune der Natur schon.

Erwachsene nennen es Basilicata-Akhtar-Syndrom. Ihr habt sicher noch nichts gehört, weil dieser Genfehler so selten vorkommt. Eher trifft man einen Eisbär auf dem Heuberg.

Deshalb gab es auch lange keine Erklärung dafür, warum ich gegen Weihnachten an Gewicht verlor, warum ich keine Nahrung zu mir nehmen wollte – und warum ich später viele Sachen nicht machte, die gleichaltrige Kinder taten: mich auf den Bauch legen, den Kopf heben, krabbeln, stehen, sprechen, laufen.

Odyssee durch Kliniken
und viel Rabatz daheim

Ja, da ging die Odyssee für mich, Mama und Papa los: immer neue Untersuchungen, Diagnosen, Klinikaufenthalte, Therapien. Und ich bekam, was die meisten von euch erst im Alter kriegen: ein Hörgerät, eine Brille und einen Therapie-Buggy, der hoffentlich bald für einen Rollstuhl Platz macht.

Daheim, in unserer schönen Wohnung in Rosenheim-Schwaig, habe ich als Baby viel Rabatz gemacht. Erst war Mama in Elternzeit, dann musste sie wieder arbeiten – so wie Papa auch. Ans Durchschlafen war mit mir aber nicht zu denken. Mama hat einmal gesagt, da wäre sie „gern die Wände hochgegangen“ – was immer das auch heißt. Nur gut, dass sich auch Papa viel um mich gekümmert hat, auch nachts – um die Mama zu unterstützen.

Die Wände hochgehen – das können doch nur Eidechsen! Und normales Gehen? Da mache ich große Fortschritte. Und ein Hörgerät brauche ich inzwischen auch nicht mehr. Das ist gut so, weil Musik meine große Leidenschaft ist, vor allem das Klavier. Kinderlieder wie „Summ, summ, summ – Bienchen summ herum“ oder „Sonne, liebe Sonne“ kann ich schon fast allein spielen – die gefallen mir auch noch besser als das Hardrockzeug, das Mama und Papa so gern hören.

Schön wäre es auch, wenn ihr durch die HeimatLichter-Geschichten lernen würdet, dass Kinder wie ich nicht nur mit Beeinträchtigungen zu kämpfen haben, sondern jeden Tag viele wunderbare und glückliche Momente erleben. So wie die Tiere, die ich auch sehr mag. Die verstehen das ganz gut – ganz ohne Worte.

Viel Rockmusik –
wenig Rollstuhl

Für die Zukunft habe ich mir viel vorgenommen: ein wenig sprechen lernen zum Beispiel. Der Rollstuhl soll auch irgendwann einmal weg. Mama und Papa wünsche ich, dass sie bald mal wieder ein Heavy-Metal-Konzert oder Rock im Park 2026 in Nürnberg genießen können – während ich im Haus Marini seelenruhig davon träume, wie ich durch den ganzen Garten in Brannenburg laufe, von ganz vorne bis ganz hinten, und mir vom Heuberg oben ein kleiner Eisbär staunend zuschaut.“

Überweisungsträger für die

OVB-Weihnachtsspenden-

aktion liegen heute bei.

OVB-online.de/
weihnachtsaktion

Das Basilicata- Akhtar-Syndrom

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