Rosenheim – Die Kluft wird immer größer, die Lage immer angespannter. Vor allem beim Blick aufs Geld. Das machte Landrat Otto Lederer gleich zu Beginn deutlich. „Die Schere zwischen den Einnahmen und den Ausgaben geht immer weiter auseinander“, sagte der Landrat während der letzten Sitzung des Kreistages in diesem Jahr. Auf der Tagesordnung dieser Sitzung steht traditionell ein Thema, das vielen Menschen zunehmend Kopfzerbrechen bereitet: die Finanzen des Landkreises Rosenheim.
Diskussion
über Kreisumlage
Zwar stehe der Landkreis mit seinem Haushalt für 2026 von rund 480 Millionen Euro – knapp 25 Millionen mehr als im Vorjahr – wieder gut da. Dennoch wurde in den Wochen und Monaten zuvor immer wieder über einen Punkt diskutiert: die Höhe der Kreisumlage. Die legt fest, wie viel die Gemeinden von ihrem Geld an den Landkreis abgeben müssen. Im kommenden Jahr sollen so etwas mehr als 204 Millionen Euro in den Verwaltungshaushalt des Landkreises fließen. Aus diesem bezahlt der Landkreis seine „Pflichtaufgaben“ wie Personalkosten, die Jugend- und Sozialhilfe oder den Schulbetrieb.
Genauso muss der Landkreis aus diesem „Topf“ Geld an den Bezirk Oberbayern überweisen – und die Ausgaben dafür sind erneut mehr geworden. Die Bezirksumlage ist von 23,55 auf 24,7 Prozent gestiegen. Das bedeutet: Fast 102 Millionen Euro wandern von Rosenheim zum Bezirk von Oberbayern, rund 7,4 Millionen Euro mehr als in diesem Jahr.
Da gleichzeitig auch die anderen Ausgaben – vor allem beim Personal und im sozialen Bereich – steigen und zum Beispiel 7,5 Millionen Euro für das Defizit bei den Romed-Kliniken eingeplant sind, muss der Landkreis an anderer Stelle zusätzliches Geld wieder einnehmen.
Die Idee: Die Kreisumlage – macht fast die Hälfte des Verwaltungshaushaltes aus – muss ebenfalls erhöht werden. Nach den ersten Berechnungen der Verwaltung um drei Prozentpunkte von 48,5 auf 51,5 Prozent. „Wir wollten uns darüber eigentlich Rücklagen für die kommenden Jahre schaffen“, sagte Lederer. Wenn diese allerdings nicht da sind, sei zu befürchten, dass die Kreisumlage irgendwann „exorbitant“ ansteigen muss. Insbesondere, wenn das Geld mal richtig knapp wird. „Wenn da größere Sprünge nötig werden, wird es bitter für die Kommunen, das wird sie hart treffen“, betonte der Landrat.
Nach Gesprächen mit den Bürgermeistern und den Kreisräten sei allerdings schnell klar geworden, dass die deutliche Erhöhung wohl kaum einer mitgehen wird, sagte Lederer. So wurde diskutiert und diskutiert – „und am Ende ein Kompromiss gefunden“, sagte der Landrat. So sollte die Kreisumlage auf 49,75 Prozent ansteigen. Damit konnten sich die meisten Kreisräte anfreunden. Jetzt gab es wieder eine Wendung: Die Gemeinden müssen noch weniger abtreten, die Kreisumlage wird nur auf 49,5 Prozent erhöht – das entspricht Mehreinnahmen von rund zehn Millionen. Das sei innerhalb der vergangenen Woche möglich geworden, da der Landkreis über die staatlichen Schlüsselzuweisungen 1,85 Millionen Euro mehr bekommt als zunächst gedacht, berichtete Marcus Edtbauer, Kämmerer des Landkreises. „Damit konnten wir unseren Haushalt einen kleinen Tick ‚gemeindefreundlicher‘ gestalten“, sagte er. So habe der Landkreis auch „wieder gute Chancen, den niedrigsten Hebesatz bei der Kreisumlage in Oberbayern zu haben“, ergänzte Lederer.
Das ist allerdings nur möglich, da man im kommenden Jahr noch rund 17 Millionen Euro aus den Rücklagen nehmen kann. Die Betonung liege aber auf „noch“. Schon Ende 2026 könnten die Rücklagen aufs Minimum schrumpfen. So komme der Landkreis nicht drumherum, neue Schulden aufzunehmen. Für nächstes Jahr sei eine Kreditaufnahme von 25 Millionen Euro notwendig, sagte Marcus Edtbauer. Das führe dazu, dass der Schuldenberg des Landkreises um weitere 16,6 Millionen Euro anwächst – und trotz einer geplanten Schuldentilgung von 8,4 Millionen Euro Ende 2026 bei über 90 Millionen Euro liegen könnte. Das bedeutet eine Pro-Kopf-Verschuldung von rund 348 Euro.
Der Blick in die Glaskugel fällt allerdings noch schlechter aus. „Im schlimmstmöglichen Fall liegt die Verschuldung bis Ende 2029 bei rund 150 Millionen Euro“, sagte der Landkreis-Kämmerer. Dennoch soll auch 2026 kräftig in die Region Rosenheim investiert werden – und zwar 57,8 Millionen Euro. Der Schwerpunkt bei den Ausgaben liegt vor allem im Bereich der Schulen. Mehr als 26 Millionen Euro fließen so in Hochbaumaßnahmen. Dazu gehören unter anderem die Generalsanierung beziehungsweise die Umbau- und Erweiterungsmaßnahmen an der Beruflichen Oberschule Wasserburg, die Erweiterung des Förderzentrums Bad Aibling und Bauarbeiten an der Beruflichen Oberschule in Rosenheim.
Es braucht Mittel
für Baumaßnahmen
Genauso brauche es Geld für die Baumaßnahmen am Hauptgebäude des Landratsamtes sowie für die Sanierung des Müllabfuhrbetriebs in Raubling. Auch Arbeiten am Gymnasium in Bruckmühl und am Kreiskrankenhaus in Prien müssen finanziert werden. Darüber hinaus fließen rund 4,8 Millionen Euro in die Verbesserung von Kreisstraßen und den Neubau von Geh- und Radwegen.
Das Geld für all diese Investitionen stammt aus dem Vermögenshaushalt des Landkreises. Ein Teil der darin enthaltenen 71 Millionen Euro kommt auch aus dem Verwaltungshaushalt, der 2026 409 Millionen umfasst. Allerdings könnten aufgrund der ganzen Umstände im kommenden Jahr „nur“ 11,4 Millionen und so rund 3,1 Millionen Euro weniger als im Vorjahr in das „Vermögen“ des Landkreises fließen, erklärte Marcus Edtbauer. Für Landrat Otto Lederer stand dennoch fest, dass mit diesem Haushalt ein guter Kompromiss für alle Seiten gefunden wurde. Aus seiner Sicht seien mit der Konzentration der Ausgaben auf die Bereiche Bildung und Gesundheit die „richtigen Schwerpunkte“ gesetzt worden. Dem konnten sich viele der Kreisräte anschließen und stimmten mehrheitlich zu.