Neue Attraktion in der Pharao-Ausstellung im Lokschuppen

Jetzt hat die Mumie ein Gesicht

von Redaktion

Sie ist der Star in der Pharao-Ausstellung im Lokschuppen: die Mumie, fest eingehüllt in Leinenbinden. Jetzt müssen die Besucher ihre Fantasie nicht mehr bemühen, wenn sie sich ein Bild von „Ta-cheru“ machen wollen: Denn es ist gelungen, das Gesicht der 2400 Jahre alten Mumie zu rekonstruieren.

Rosenheim – Dunkle Haare mit grauen Strähnen, dunkle Augen, schmaler Mund, mit feinen Falten umrahmt, etwas hängendes Kinn, breite Nase, prägnant unterstrichene Augenbrauen: So schaut „Ta-cheru“ den Besuchern der Pharao-Ausstellung entgegen. „Wir können mit ihr nicht sprechen, jedoch von Angesicht zu Angesicht einer Frau begegnen, die vor Jahrtausenden gelebt hat“, freute sich der Ägyptologe und Mumienforscher Oliver Gauert vom Roemer- und Pelizaeus-Museum Hildesheim, dem Kooperationspartner des Lokschuppens. Gauert zeigte sich vom Ergebnis der Rekonstruktion begeistert. „Genau so könnte Ta-cheru kurz vor ihrem Tod ausgeschaut haben“, betonte er.

Gelungen ist diese Darstellung Professorin Dr. Ursula Wittwer-Backofen von der Universität Freiburg, die zur Pressevorstellung per Skype zugeschaltet wurde. Für die Rekonstruktion des Gesichtes der Frau, die im vierten Jahrhundert vor Christus in der Großstadt Theben als „Herrin eines Hauses“ lebte und mit etwa 60 Jahren starb, schoben die Wissenschaftler die Mumie in einen Computertomografen im St. Bernwald Krankenhaus Hildesheim. Die Aufnahme lieferte den 3-D-Datensatz für die weitere Bearbeitung am Computer. Wittwer-Backofen ist vor allem für die Forensik tätig. Dass ihr die Aufgabe, bei der ausnahmsweise nicht ein Toter aus der Neuzeit, sondern aus der Antike rekonstruiert wurde, viel Freude gemacht hat, war ihr deutlich anzumerken.

Experten wie sie wissen, dass die Stärke der Weichteilschichten eines Gesichts im proportionalen Verhältnis zur Ausprägung der Knochen darunter steht. „Wir setzen dann an bestimmten Punkten Abstandshalter – je nach Geschlecht und Alter – an die Schädeloberfläche“, erläuterte Wittwer-Backofen. Reale Gesichtselemente aus einer Datenbank werden mit der ermittelten Schädelform verschmolzen – so entsteht ein Gesicht. Die künstlerische Freiheit der Wissenschaft ist begrenzt: Denn die Proportionen sind durch den Schädel vorgegeben. „Je mehr Informationen es zu einer Person gibt, desto präziser wird ihr Bild“, erläuterte die Wissenschaftlerin. Ziemlich genau ist es wiedergegeben im Fall von „Ta-cheru“, denn ihre Nachfahren ließen sie aufwendig balsamieren. Über 50 Lagen Binden zählte Ägyptologe Gauert. Auf den CT-Bildern des Kopfes sind die fünf Zähne, die sich noch im Mund der Frau befanden, deutlich zu sehen. Ein Zugang für die Entfernung des Gehirns konnte nicht entdeckt werden, so sorgfältig ging man vor 2400 Jahren mit der Toten um. Die Computertomografie unterstreicht, dass es sich um eine Frau der Oberschicht handelte. Denn ihre Wirbelsäule zeigt kaum Abnutzungserscheinungen: Hart arbeiten musste „Ta-cheru“ nicht.

Ihr Bild zeigt sich im Lokschuppen am Bildschirm neben der Mumie – bis zum 17. Dezember. Eine weitere Attraktion für die Ausstellung, die bereits 140000 Besucher gesehen haben, freut sich Leiter Dr. Peter Miesbeck.

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