Rosenheim – „Nur kurz etwas holen“ oder „Ich bin gleich wieder weg“, diese Sätze hören die Busfahrer in Rosenheim täglich. Tatsache ist, dass immer mehr Autofahrer die Stadt- und Regionalbusse dadurch blockieren, dass sie verbotswidrig im Halteverbot oder an den Haltestellen stehen. Die Folgen mögen für den Einzelnen nicht so dramatisch wirken wie sie in Wirklichkeit tatsächlich sind, bringen das Gesamtsystem „ÖPNV“ aber ins Wanken.
Die Freien Wähler (FW) haben sich deshalb jetzt mit einem Antrag an den Verkehrsausschuss gewandt, um der vermehrten Probleme Herr zu werden. In Gesprächen mit verschiedenen Busunternehmen habe sich gezeigt, dass parkende Fahrzeuge den Linienverkehr behindern oder sogar die Durchfahrt versperren. „Verwarnungen oder Bußgelder durch die städtische Verkehrsüberwachung schrecken nicht ab und beseitigen keine konkreten Behinderungen“, begründeten unter anderem FW-Fraktionsvorsitzender Robert Multrus und die Dritte Bürgermeisterin Dr. Beate Burkl ihren Antrag nach einem Bericht, welche Möglichkeiten die Stadt noch hat, für Recht und Ordnung in dieser Sache zu sorgen.
Oberbürgermeisterin Gabriele Bauer erklärte eingangs, dass es sich um einen oft langen und aufwendigen Pro-zess beim Abschleppen handle. Die Politessen müssten die Polizei informieren, welche wiederum über eine zentrale Einrichtung („Callcenter“) ein Abschleppunternehmen – in der Stadt gibt es nur noch ein einziges – beauftragt. „Es funktioniert, aber Fakt ist, dass es oft nur schleppend funktioniert“, fasste Bauer zusammen.
Rechtsdezernent Herbert Hoch lieferte aktuelle Zahlen. Im Jahr 2016 musste die Polizei 44 Fahrzeuge entlang der ÖPNV-Stammstrecke zwischen Bahnhof, Atrium und Stadtmitte abschleppen lassen. Im laufenden Jahr habe die Stadt bereits 30 solcher Fälle registriert.
Christine Degenhart (FW) regte an, zumindest entlang der Stammstrecke das derzeitige Prozedere im Rahmen des sowieso beschleunigten Rosenheimer Modells noch weiter zu vereinfachen und plädierte zudem für mehr Bewusstseinsbildung bei den Bürgern. In diese Kerbe schlug auch Hans-Peter Lossinger (CSU), selbst Busunternehmer aus der Aisingerwies. „Die Akzeptanz ist nicht da, die Leute interessiert es einfach nicht, wenn es sich um eine Bushaltestelle handelt“, berichtete er aus eigener Erfahrung. Deshalb solle die Stadt das Bußgeld so weit erhöhen, dass es einigen Leuten mal so richtig wehtue.
Bußgelder bundesweit einheitlich hoch
Die Bußgelder auf städtischer Ebene zu erhöhen, sei schwierig, entgegnete Dezernent Hoch, der auch Geschäftsführer der Rosenheimer Verkehrsgesellschaft (RoVG) ist. Die Tarife seien bundesweit einheitlich geregelt. Oberbürgermeisterin Bauer stieß daraufhin einen runden Tisch mit den im Stadtgebiet tätigen Busunternehmen an, die in Person von Ingmar Töppel (Geschäftsführer Stadtverkehr Rosenheim GmbH), Franz Polland (ehemals Leiter der RVO-Niederlassung in der Kastenau) und Stadtrat Lossinger ebenfalls an der Sitzung teilnahmen.
„Der Antrag geht in die richtige Richtung, um den Busverkehr attraktiver zu gestalten“, stellte Franz Opperer (Grüne) fest. Langfristig sei es jedoch nur zielführend, die noch vorhandenen Parkplätze zurückzubauen und die Stammstrecke autofrei zu gestalten. Für mehr Überwachung und eine konsequente Ahndung sprach sich Abuzar Erdogan (SPD) aus, der zugleich an die Problematik des hohen Individualverkehr-Anteils Rosenheims erinnerte.
Bauer gab ihm recht, dass die Mobilität ein großes Thema sei und noch weiter bleiben werde, erinnerte aber auch daran, dass nicht nur die Rosenheimer selbst, sondern vor allem die Bürger des Flächenlandkreises für die hohe Verkehrsdichte sorgen würden. Die Oberbürgermeisterin machte zudem keinen Hehl daraus, das von Opperer positiv zitierte Verkehrskonzept der Gemeinde Stephanskirchen (wir berichteten) kritisch zu sehen. „Ich habe damit ein Problem“, sagte sie in Bezug auf die Idee, die Busspur in der Innstraße deshalb wieder zu streichen, damit der Individualverkehr vom Schloßberg ein klein wenig schneller in der Stadt ist.
„Wenn wir in die Köpfe der Menschen bringen, dass man nicht für alle 500 Meter in das Auto steigen muss, wären wir ein gutes Stück weiter“, nahm die Oberbürgermeisterin den Gedanken der erhöhten Bewusstseinsbildung wieder auf und schloss damit die Diskussion ab.