Rosenheim/Bad Aibling – Ein Ehepaar in Bad Aibling wollte sein neu gebautes Haus verkaufen, weil man wegen Baufehlern mit dem Gebäude nicht glücklich wurde. Es ging im Wesentlichen um Wasserschäden, die der Baufirma angelastet wurden. Der Makler hatte den nun angeklagten Rechtsanwalt empfohlen, der ihm als juristischer Immobilienfachmann bekannt war. Damit begannen aber bereits die Missverständnisse: Bei Immobilien war dieser Anwalt wohl kompetent, nicht aber im Baurecht. Vor Gericht erklärte der beklagte Anwalt, er habe seinen Mandanten damals darauf hingewiesen.
Der Knackpunkt war jedoch ein anderer. Im Dezember 2012 sollte im neu gebauten Haus ein Ortstermin mit einem Sachverständigen stattfinden. Der angeklagte Rechtsanwalt hatte damals aber seinem Mandanten kurz und bündig mitgeteilt, dass er an diesem Termin nicht teilnehmen werde. Vor Gericht erläuterte er, dass seine Anwesenheit als bautechnischer Laie dort wenig hilfreich gewesen wäre. Wesentlich wäre später einzig und alleine das Gutachten des Sachverständigen gewesen.
1400 Euro für abgesagten Termin
Sein Mandant aber war darüber so enttäuscht – zumal der Anwalt der Gegenpartei sehr wohl vertreten war –, dass er dem Anwalt das Mandat entzog. Mehr als erstaunt war er, als er in der Schlussabrechnung 2014 las, dass der Anwalt diesen Ortstermin, an dem er gar nicht teilgenommen hatte, mit mehr als 1400 Euro in Rechnung stellte.
Sein nächster Anwalt klagte gegen diese Rechnungstellung vor dem Zivilrichter und bekam Recht, so dass der Angeklagte bereits den Betrag zurückerstatten musste. Auch die Anwaltskammer hatte die Höhe der Rechnung in Frage gestellt.
Weil solches Verhalten jedoch auch eine strafrechtliche Komponente hat, erhob die Staatsanwaltschaft Klage beim Amtsgericht. Der Staatsanwalt beantragte eine Geldstrafe von 15200 Euro, die er auf 8550 Euro zu reduzieren bereit war, sofern eine geständige Einlassung erfolgt wäre.
Dazu war der angeklagte Anwalt jedoch nicht bereit, weshalb es zur Verhandlung vor dem Amtsgericht kam. Vor Richterin Bärbel Höflinger argumentierte der Angeklagte, dass er sich damals in einer problematischen Lebensphase befunden habe. Vor allem aber habe er im Zusammenhang mit dem fraglichen Ortstermin mit dem gegnerischen Anwalt telefoniert, um einen für beide Seiten akzeptablen Vergleich zu erreichen. Damit sei seine Rechnungsstellung durchaus korrekt gewesen. Der Gegenanwalt konnte sich im Zeugenstand allerdings an keinerlei Telefonat mit dem Angeklagten erinnern. So konnte diese Einlassung nur als Schutzbehauptung gewertet werden.
In seinem Schlussvortrag stellte der Vertreter der Staatsanwaltschaft fest, dass sich die Vorwürfe der Anklage in vollem Umfang bestätigt hätten. Deshalb beantragte er wie vordem eine Geldstrafe von 15200 Euro. Der Verteidiger beharrte darauf, dass die Forderung seines Mandanten durch dessen Bemühungen durchaus gedeckt gewesen sei und beantragte, diesen freizusprechen.
Das Gericht sah dies anders. Es habe sich sehr wohl um ein Fehlverhalten des Angeklagten gehandelt. Wegen des lange zurückliegenden Zeitraumes wurde jedoch die Strafe auf 100 Tagessätze zu 90 Euro, also insgesamt 9000 Euro, gemindert.