Neujahrsempfang der Oberbürgermeisterin

„Sie alle schaffen Heimat“

von Redaktion

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hatte den Begriff Heimat am Tag der Einheit in den Mittelpunkt gestellt. Auch Oberbürgermeisterin Gabriele Bauer widmete sich gestern Abend in ihrer Rede beim Neujahrsempfang diesem Thema. Sie hatte über 1000 Bürger geladen, die sich für die Heimat engagieren.

Rosenheim – „Sie schaffen Heimat“, zeigte sich Gabriele Bauer bei ihrer Rede im Kultur- und Kongresszentrum (Kuko) angesichts von gut 1000 Gästen, die sich auf vielfältige Weise für Stadt und Landkreis engagieren, überzeugt. Heimat sei ein Gefühl der Identität und Geborgenheit, das sich nicht von selbst einstelle, sondern für das man mitarbeiten und sich einbringen müsse.

Genau dies tun die Gäste, die Bauer und ihre Stellvertreter Anton Heindl sowie Dr. Beate Burkl ins Kuko geladen hatten: Vertreter von Parteien, Vereinen, Verbänden, Institutionen, Organisationen, Kirchen und Bildungseinrichtungen sowie Rettungsdiensten, die sich für die Stadtgesellschaft einsetzen – oft auch im Ehrenamt. Jährlich lädt die Oberbürgermeisterin auch die neu Eingebürgerten ein: Ungewöhnlich viele – nämlich 30 – hatten heuer ihr Kommen zugesagt. Für jeden Gast fanden Bauer, Heindl und Burkl persönliche Worte.

Ausdrücklich dankte die Oberbürgermeisterin in ihrer Rede auch den OVB-Heimatzeitungen für die Weihnachtsspendenaktion zugunsten der Hospizbewegung. Der Schalk saß ihr im Nacken, als sie bei der Begrüßung von Landrat Wolfgang Berthaler auf den Streit zwischen Stadt und Landkreis über die Gründe für die Verzögerungen beim Nahverkehrsplan zu sprechen kam: „Wir haben auch noch eine dritte Innbrücke im Büro liegen, da können wir weitermachen“, schlug sie für die Wartezeit bis zur Fertigstellung des Konzeptes vor.

Als Glücksboten fungierten auch heuer die Kaminkehrer, die mit schwarzer Zunftkleidung ihre Aufwartung machten. Das ist Tradition beim Neujahrsempfang, ebenso wie die musikalische Umrahmung, diesmal von der Stadtkapelle Rosenheim, die mit ihrem Auftritt das Jubiläumsjahr 2017 abschloss.

Traditionen wie diese geben Halt – „in Zeiten, in denen Gewissheiten ungewiss werden“, so Bauer. „Wer hätte je gedacht, dass in den Vereinigten Staaten – Leuchtturm und Vormacht der freien Welt – ein erratischer Präsident diese Supermacht unberechenbar erscheinen lässt? Wer hätte nach den düsteren Erfahrungen der Weimarer Republik je gedacht, dass sich in Deutschland die demokratischen Parteien so schwer tun, eine gemeinsame Regierung zu bilden? Wer hätte je gedacht, dass ein zivilisatorischer Quantensprung wie das Verschwinden der Grenzen innerhalb Europas und das auf friedlichen Austausch gegründete Zusammenwachsen der Welt so tief greifende Ängste auslösen könnte?“, sprach sie das Gefühlschaos an, das derzeit viele Menschen bewegt und verunsichert.

Mit der gefühlsmäßigen Abwendung eines nicht geringen Teils der Bevölkerung in Deutschland von der europäischen Idee und der Globalisierung werde, so Bauer, „der Ruf nach einem Rückzug in ein nationales Schneckenhaus immer salonfähiger“. Daraus resultiere auch die Renaissance des Heimatbegriffs.

„Heimat ist da, wo

man sich nicht erklären muss.“

Oberbürgermeisterin

Gabriele Bauer

Dieser könne jedoch in einer mobilen, digitalen Gesellschaft, in der sehr viele nicht an dem Ort leben würden, an dem sie geboren worden seien, nicht mehr mit dem Rückgriff auf romantische Vorstellungen im Stil des 19. Jahrhunderts definiert werden, findet die Oberbürgermeisterin.

Sie empfahl vielmehr Gespräche mit Menschen, die ihre Heimat verloren hätten. Die deutschen Vertriebenen beispielsweise würden auf die Frage, was ihnen der Begriff Heimat bedeute, oft antworten, er werde mit Landschaften und Ortsbildern sowie mit Brauchtum und Kultur verbunden. Eine Kernerkenntnis schäle sich heraus: „Das wahre Gefühl für Heimat stellt sich im Zusammensein mit Menschen ein, die die gleichen Erfahrungen, Werte und Grundhaltungen teilen. Kurz: Heimat ist da, wo man sich nicht erklären muss.“

Die Vertriebenen haben dieses Zusammengehörigkeitsgefühl nach Überzeugung von Bauer gepflegt und sich zugleich ein neues Zuhause aufgebaut. „Heimat ist da, wo wir Wurzeln schlagen können“, ist sie deshalb ebenfalls überzeugt.

„Alle hier im Saal haben ihre Wurzeln in Rosenheim und der Region geschlagen. Und jeder von Ihnen hier sorgt mit seinem Engagement und seiner Arbeit dafür, dass Rosenheim immer wieder auch für andere zur Heimat werden kann“, so Bauer. Heimat sei kein Begriff, auf den eine Ideologie oder Weltanschauung ein Exklusivrecht haben könne oder dürfe. „Heimat ist kein Begriff, der Menschen ausgrenzt, zurückstößt oder einen Zaun der Exklusivität um eine definierte Gruppe zieht. Heimat ist vielmehr ein Wurzelwerk, ein Gewebe aus Beziehungen, Vertrauen, Angenommensein, Dazugehören.“

Weitere Bilder vom Empfang auf der nächsten Seite.

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