Rosenheim – Das Kloster gehört der Kirchenstiftung St. Sebastian Rosenheim. Alle Rechte und Pflichten liegen beim Erzbischof, vertreten durch den Finanzdirektor des Erzbistum München und Freising. Seit dem Weggang der Brüder und Schwestern wird der gesamte Komplex von Pfarrer Andreas Maria Zach und Mesner Hermann Hoyer betreut. Alle Räume sind mittlerweile leer geräumt. Dennoch lässt sich beim Betreten nachvollziehen, wie das alltägliche Leben hier einst ausgesehen hat.
An der Pforte vorbei geht es zum Kreuzgang, dann weiter zum kleinen Friedhof. Die letzte Beerdigung fand im Jahr 2013 statt. Die Namen auf den Grabsteinen wecken bei Pfarrer Zach und Mesner Hoyer so manche Erinnerung, beispielsweise daran, wie gerne einige der Brüder immer das Herbstfest besucht haben. Der Friedhof gehört zu den wenigen Plätzen des Areals, der auch für die Öffentlichkeit zugänglich ist, jeden Sonntag von 7.30 bis 9.45 Uhr.
Anders sieht es mit der Klausur aus. Das Wort „Klausur“ wird nicht umsonst vom lateinischen „claustrum“ abgeleitet, das „Riegel“ und „Verschluss“ bedeutet. Dorthin durfte über vier Jahrhunderte hinweg niemand anders als die Brüder und Schwestern selbst. Ausgenommen von dieser strengen Regelung waren nur die Handwerker.
„Die Kapuziner waren offene, herzliche Menschen.“
Zweiter Bürgermeister
Anton Heindl
Anton Heindl, Bürgermeister und ehemaliger Metzgermeister war einer der wenigen Rosenheimer, die mit dem Leben hinter den Klostermauern etwas näher in Kontakt kamen. „Als Bub hab ich meinen Vater immer ins Kloster begleitet, um von Bruder Menander ein Schwein zum Schlachten abzuholen oder den Brüdern Fleisch und Würste zu liefern“, erinnert er sich. Er hat diese Zeit nach wie vor in bester Erinnerung: „Die Kapuziner waren offene, herzliche Menschen“.
1,5 Hektar ist das gesamte Areal groß. Der Außenbereich nimmt 1,1 Hektar ein. Die Schweine wurden in dem weitläufigen Garten gehalten und auch dorthin führen Pfarrer Zach und Mesner Hoyer die Presse. Es ist ein Ort der Ruhe und Besinnung. Neben einem kleinen Wald gab es einst einen Kreuzweg. Die kunstvoll gestalteten Tafeln an der Mauer haben die Mönche bei ihrem Weggang aus der Stadt mitgenommen. Ein Bach schlängelt sich träge durch das Gelände. Durch einen Torbogen geht es hinein in die Streuobstwiese. Davor sind viele verwaiste Beete zu sehen: Traditionell waren Klöster immer Selbstversorger. Im Fall des Rosenheimer Klosters bedeutet das: Selbst die Christbäume für die Klosterkirche wurden über viele Jahre hinweg selbst herangezogen. Pfarrer Zach weiß aber auch, dass die Großzügigkeit des Gartenareals noch einen anderen Grund hat: „Wenn man ein Leben in Abgeschiedenheit, begrenzt durch vier Mauern wählt, braucht es diese Weite, um sich dennoch nicht eingesperrt zu fühlen.“
Was sowohl im Außengelände als auch im Inneren sofort auffällt, ist die Gepflegtheit. Alles wirkt sauber, hell und freundlich. Schon das Putzen und Pflegen eines derart großen Areals muss den Brüdern und Schwestern enorm viel Kraft gekostet haben. Dann musste aber auch noch gekocht, gewaschen und natürlich viel gebetet werden. Wie dieses enorme Arbeitspensum überhaupt zu schaffen war, erklärt Dr. Evelyn Frick mit einem streng geregelten Tagesplan, den es strikt einzuhalten galt.
Vor gut 30 Jahren wurde das Gebäude renoviert, um so für den Einzug der Klarissen-Kapuzinerinnen eigene Räumlichkeiten zu schaffen. Sie widmeten einen Großteil ihrer Zeit dem Gebet. In einem nur ihnen zugänglichen Gebetsraum hatten sie bei der ewigen Anbetung stets das Allerheiligste gut im Blick.
Gitter sorgte für Trennung von der weltlichen Welt
Gekocht wurde in einer Großküche im Erdgeschoss. Die Klarissen-Kapuzinerinnen haben diese Aufgabe mit ihrer Ankunft in Rosenheim auch für die Klosterbrüder mit übernommen. Über einen Speiseaufzug wurden ihnen die fertigen Mahlzeiten in ihren Wohnbereich im 1. Stock zugestellt.
Die Schwestern selbst speisten in einem Speisesaal im Erdgeschoss mit direktem Blick auf den kleinen Friedhof. Was für viele Menschen etwas makaber klingen mag, hat in der Welt der Klöster eine ganz andere Bedeutung, weiß die Historikerin: „Dort wird das Leben nur als Weg hin zur Ewigkeit betrachtet.“
Für Außenstehende ähnlich befremdlich wie der Speisesaal direkt neben dem Friedhof wirkt auch das Besucherzimmer. Dort durften die Kapuzinerinnen Freunde und Verwandte empfangen, aber nur abgetrennt durch ein Gitter, um damit die strikte Trennung von der weltlichen zur geistlichen Welt nicht zu verletzen. Das Gitter wurde mittlerweile ebenfalls abmontiert. Löcher in den Wänden zeugen davon, wo es einst festgeschraubt war.
Es gibt auch Zimmer im Kloster, deren Sinn kann sich nicht einmal Mesner Hoyer so genau erklären. Zwei großzügige Zimmer im Obergeschoss, in denen vor der kompletten Räumung, noch viele Tische und Stühle gestanden haben, deutet er als Studierzimmer. Außerdem verfügten die Brüder und Schwestern auch noch über eine gut ausgestattete Bibliothek, einen Versammlungsraum, Büros und eine Waschküche, in der trotz Leere nach wie vor der Geruch von Waschpulver in der Luft liegt.
Die Klosterzellen der einstigen Bewohner sind klein, die Atmosphäre wirkt dank heller Wände und Holzböden aber dennoch freundlich. Die Ausstattung beschränkte sich auf Bett, Tisch, Stuhl und Kreuz. Jetzt sind auch die Zellen leer geräumt. Dieser Anblick stimmt Mesner Herman Hoyer traurig. „Das Kloster steht noch, aber die Seele fehlt“, meint er. Auch Anton Heindl bedauert nach wie vor die Schließung des Klosters sehr. Für die Zukunft wünscht er sich: „Die Kirche muss weiter als Kirche erlebbar bleiben und Kloster und Klostergarten für die Öffentlichkeit zugänglich sein.“