Rosenheim – Im Nachtzug nach München hatten zwei Schleierfahnder den Mann, der als Asylbewerber in Italien lebt, im Abteil kontrolliert. Als sie das Haschisch in dem Rucksack fanden, behauptete er, das Gepäckstück gehöre nicht ihm, sondern einem anderen Schwarzafrikaner, den er nicht kenne und der gerade eben das Abteil verlassen habe.
Ein zweiter Passagier im Abteil, der kurz vorher in Rosenheim zugestiegen war, hatte einen solchen aber nicht gesehen. Auch als die Beamten am Bahnhof in München alle Passagiere an dem Angeklagten vorbei passieren ließen, hat er diesen zweiten Mann nicht entdecken können.
Auch die weiteren Ausführungen des Angeklagten ließen die Zweifel an seiner Glaubwürdigkeit wachsen. So wurde beim zweiten Verhandlungstermin festgestellt, dass in den Kontaktdaten seines Mobiltelefons 13 Telefonnummern auftauchten, die nachweislich in Verbindung mit anderen Drogen-Kurierfahrten standen. Zudem behauptete der Angeklagte auf dem Weg nach Schweden gewesen zu sein, um dort einen Freund zu besuchen. Dabei verfügte er aber lediglich über eine einfache Fahrkarte nach München.
Schließlich behauptete der 28-Jährige, er sein ein nigerianischer Königssohn. Sein Onkel habe seinen Vater ermorden lassen und auch auf ihn Mörderbanden angesetzt, um selber Stammeskönig zu werden.
Lediglich Indizien, keine Beweise
Die Staatsanwältin hielt den Mann für überführt und beantragte eine Gefängnisstrafe von drei Jahren.
Der Verteidiger, Rechtsanwalt Harald Baumgärtl, verwies darauf, dass weder an den Drogen, noch an der Verpackung Fingerabdrücke oder DNA-Spuren zu finden gewesen seien. Es handle sich also lediglich um Indizien und keineswegs um handfeste Beweise. Deshalb beantragte er, seinen Mandanten freizusprechen.
Das Gericht gab in der Sache der Staatsanwältin recht. Zwar gäbe es tatsächlich keinen klaren Beweis für die Schuld des Angeklagten. In der Summe der Indizien sei aber etwas anderes als ein Schuldspruch unmöglich.
Die Tat des Angeklagten sei lediglich die Spitze eines Eisberges, so der Vorsitzende Richter Christian Merkel weiter. Dealerbanden in Italien – und das sei inzwischen nach Erkenntnissen der Sicherheitsbehörden gängige Praxis – heuern gezielt verzweifelte Schwarzafrikaner an, geben diesen ein Ticket für eine einfache Fahrt bis München, um ihnen bei Erfolg schließlich den Lohn und eine Rückfahrkarte auszuhändigen.
Das Gericht hatte strafmildernd angerechnet, dass der Angeklagte aus wirtschaftlicher Not gehandelt hatte, dass es sich um eine sogenannte „weiche“ Droge handelte und dass die Drogen nicht in den Verkehr gelangt seien. Dazu ist der 28-Jährige bislang auch nicht vorbestraft. So beließ es das Schöffengericht bei einer Strafe von zwei Jahren und sechs Monaten. Die Mindeststrafe für die Einfuhr von Drogen in nicht geringer Menge beträgt zwei Jahre Haft.