Rosenheim – „Natürlich haben wir eine nicht unerhebliche Verschuldung. Aber das Gegenstück zu dieser Verschuldung ist ein mehr als sieben Mal so hohes städtisches Infrastrukturvermögen“, sagt Finanzdezernent Heinz Bösl angesichts der Tatsache, dass die städtische Kernverwaltung mit 78 Millionen Euro in der Kreide steht. Denn dieser Summe stehe ein Gesamtvermögen nur auf Ebene der Kernverwaltung von 600 Millionen Euro gegenüber.
Nicht Äpfel mit
Birnen vergleichen
Die doppische Haushaltsführung, die Rosenheim als erste Kommune in der Region eingeführt hat, stellt den Schulden das Anlage- und Umlaufvermögen sowie das hieraus resultierende Eigenkapital gegenüber. Letzteres ist die Kennziffer für eine finanziell gesunde Kommune: Rosenheim verfügt über eine Eigenkapitalquote von 41 Prozent, berichtet Bösl. Das entspricht nach seinen Angaben etwa 245 Millionen Euro. Damit steht die Stadt nach Erfahrung von Wirtschaftsdezernent Thomas Bugl solide da.
Seit 2008 hat die Stadt bei der Neuverschuldung jährlich eine schwarze Null geschrieben. Mit einer Ausnahme: 2011 nahm sie für den Kauf des Bahnhofsgeländes Nord 3,4 Millionen Euro auf. Durch Grundverkäufe – unter anderem für das B&B-Hotel und das Vorhaben Medical Cube – ist die Hälfte dieser Schulden bereits wieder getilgt worden. Angesichts der Tatsache, dass vom Baurecht her noch erheblich mehr als die Hälfte der Flächen zum Verkauf bereit ständen, könne von einer sehr rentierlichen Investition gesprochen werden, findet Bugl.
Die Kämmerei hat vom Stadtrat eine Kreditermächtigung von knapp 15 Millionen Euro erhalten – eine Erlaubnis, die sie jedoch bislang nicht nutzen musste.
Jeder Einwohner mit 1277 Euro verschuldet
Die Pro-Kopf-Verschuldung liegt nach Angaben des Kämmerers in der Kernverwaltung (ohne die Konzerntöchter) mit 1277 Euro relativ hoch (Durchschnitt in Bayern: 923 Euro) Unter allen bayerischen kreisfreien Städten liegt Rosenheim auf Platz 14 von 25. Bei den kreisfreien Städten gleicher Größenordnung, bei der jedoch eine Spannweite von 50000 bis 100000 Einwohner angesetzt wird, ist Rosenheim auf Platz fünf von sieben.
Doch bei der Bewertung dieser Ranglistenplätze dürfen Äpfel nicht mit Birnen verglichen werden, finden Bösl und Bugl. Ein sauberes Ergebnis kann nach ihrer Überzeugung erst dann gezogen werden, wenn alle bayerischen Städte eine konsolidierte Konzernbilanz mit Berücksichtigung der Haushalte auch der ausgelagerten Töchter vorlegen. Das will Rosenheim bereits 2019 schaffen.
Als Oberzentrum viele Aufgaben zu stemmen
Dass die Stadt mit 78 Millionen Euro eine kräftige rote Zahl schreibt, liegt nach Überzeugung von Bugl auch an ihrer Funktion als Oberzentrum – das einzige bisher in Südostoberbayern. Für das Umland muss die kreisfreie Stadt in dieser Aufgabenstellung zahlreiche Einrichtungen vorhalten. Beispiele sind weiterführende Schulen (hier werden die Kosten durch die Gastschulbeiträge nicht zu 100 Prozent ersetzt), das Romed-Klinikum, das Kuko sowie der Lokschuppen (werden derzeit für 31 Millionen Euro saniert) und – ganz aktuell im Entstehen für sechs Millionen Euro – der regionale Busbahnhof.
Grundsätzlich ist Bugl überzeugt: Dass sich die öffentliche Hand verschuldet, ist kein Problem, wenn durch Investitionen Infrastruktureinrichtungen entstehen und die nächste Generation die Tilgung aus den laufenden Einnahmen aufbringen kann. Und wenn die Stadt, wie dies in Rosenheim der Fall ist, ihre Abschreibungen in Höhe von zwölf Millionen Euro selber erwirtschaften kann. „Das ist ein Ausweis finanzpolitischer Solidität, um den uns viele andere kreisfreie Städte in der Republik beneiden“, betonte Oberbürgermeisterin Gabriele Bauer bei der Haushaltsverabschiedung.
Investitionen in Höhe von 180 Millionen
2018 ist die Stadt in der Lage, 35 Millionen Euro zu investieren, bis 2021 werden es insgesamt fast 180 Millionen Euro sein. Trotz dieser hohen Investitionen soll es 2019 losgehen mit dem Schuldenabbau, jährlich soll neben den Sondertilgungen aus den geplanten Verkäufen am Bahnhof Nord mindestens eine Million Euro zurückgezahlt werden, hat sich der Stadtrat ins Hausaufgabenheft geschrieben.
Es gibt auch rentierliche Schulden
Finanzdezernent Bösl wirbt gemeinsam mit Wirtschaftsdezernent Bugl außerdem dafür, zwischen rentierlichen und unrentierlichen Schulden zu unterscheiden. Beispiel Stadtentwässerung, ausgegliedert in ein kommunales Tochterunternehmen: 70 Millionen Euro minus hat sie. Doch der Gebührenzahler, für den ein Anschlusszwang bestehe, werde diese Summe, die durch Vorausleistungen beim Kanalbau entstanden ist, „bei vergleichsweise moderaten Gebühren“ Stück für Stück abzahlen.
Mit der Einführung der doppischen Haushaltsführung geht einher, dass auch zukünftig absehbare Zahlungsverpflichtungen schon heute in der Bilanz zu berücksichtigen sind. So werden Rückstellungen – etwa für künftige Pensionslasten der Beamten in den Topf des bayerischen Versorgungsverbandes – wie das Fremdkapital auf der Passivseite der städtischen Bilanz ausgewiesen, erläutert Bugl.
Gar nicht im Beteiligungsmanagement der Stadt berücksichtigt ist wegen ihrer speziellen Stellung als Anstalt des öffentlichen Rechts die Sparkasse Rosenheim-Bad Aibling, bei der die Stadt zu einem Drittel als Trägerin fungiert. Das Bankhaus habe ein hartes Kernkapital in Höhe von über 600 Millionen Euro. „Das wirkt für die wirtschaftliche Stärke und Stabilität der Region und für die Kreditversorgung der heimischen Wirtschaft wie die Goldreserve der deutschen Bundesbank für die Volkswirtschaft der Bundesrepublik – und ist genauso unantastbar“, betont der Wirtschaftsdezernent.