Ein Zweifamilienhaus in Pang wird in eine private Flüchtlings-WG umgebaut

„Die Leute haben Angst“

von Redaktion

Aufregung in Pang: Hier soll ein Zweifamilienhaus in eine Wohngemeinschaft für anerkannte Flüchtlinge umgewandelt werden. Die Anlieger legen Wert auf die Feststellung, dass sie nicht fremdenfeindlich eingestellt sind. Doch 20 junge Migranten in einem Haus mitten in einer Wohnsiedlung: Das empfinden Bürger als problematisch.

Rosenheim – „Die Leute haben Angst“, bringt ein Anlieger die Stimmung am Grünthalweg auf den Punkt. Es ist eine typische Wohnsiedlung, entstanden ab den 60er-Jahren: Liebevoll in Schuss gehaltene ältere und neue Ein- und Mehrfamilienhäuser mit großen, gepflegten Gärten, ruhige, breite Straßen, auf denen Kinder noch spielen können, eine Nachbarschaft, in der fast jeder jeden kennt. Man duzt sich, trifft sich am Gartenzaun auf einen Ratsch – auch mit gut integrierten Zugezogenen, die gebürtig nicht aus Deutschland stammen.

Die Gespräche werden derzeit nur von einem Thema beherrscht: Stimmt es, dass am Grünthalweg eine Asylbewerberunterkunft entsteht – mitten in der Siedlung? Ja und Nein. Eine klassische Unterkunft ist es nicht, denn es ist ein privates Objekt, das an anerkannte Flüchtlinge mit Bleiberecht vermietet werden soll. Also eine reine Privatsache, betont die Stadt auf Anfrage der OVB-Heimatzeitungen. Deshalb seien vonseiten der Kommune auch keine Anliegerinformationen geplant.

Geplant: 20 Zimmer auf drei Etagen

Vor dem Haus werden immer wieder Mietinteressenten gesichtet: vor allem junge Männer aus Somalia, Eritrea und Nigeria, auch verschleierte junge Frauen, so wird in der Nachbarschaft berichtet. Der Käufer der Immobilie, der Rosenheimer Unternehmer Yüksel, bestätigt auf Anfrage der OVB-Heimatzeitungen, dass eine Vermietung an anerkannte Flüchtlinge und Migranten mit Bleiberecht geplant sei. Das Zweifamilienhaus mit 450 Quadratmetern Wohnfläche auf drei Etagen und 700 Quadratmeter Grund werde so umgebaut, dass hier 20 Zimmer mit jeweils etwa 15 Quadratmetern Wohnfläche angeboten werden könnten. Gemeinschaftsräumlichkeiten wie eine Küche seien ebenfalls vorgesehen. Vermietet werde vorrangig an junge Erwachsene, die sich in der Ausbildung befinden würden. Einige hätten sich die Immobilie bereits angeschaut – begleitet von Betreuern, berichtet Yüksel.

Die Mieten zahlt nach Informationen von Yüksel unter anderem das Jobcenter, wo anerkannte Flüchtlinge, die noch keine Arbeit gefunden haben, Leistungen der Grundsicherung beantragen können.

Vermieter Yüksel weist die Kritik der Anwohner zurück, der neue Eigentümer und Vermieter habe die Anwohner nicht informiert und nichts zur Klärung der vielen offenen Fragen beigetragen. Im Moment stehe für sein Unternehmen der Umbau des Gebäudes im Fokus. Für Anliegergespräche gebe es deshalb kein Zeitfenster. Und wer ein Haus kaufe oder eine Wohnung miete, ziehe zuerst einmal ein und stelle sich vielleicht dann den Nachbarn vor, findet Yüksel.

Anlieger fühlen sich mit ihren Sorgen alleingelassen

Doch die Anlieger fühlen sich mit ihren Sorgen allein gelassen und nicht ernst genommen. Sie verweisen im Gespräch mit den OVB-Heimatzeitungen auf den Charakter der Siedlung: Ein- und Zweifamilienhäuser, in denen viele Familien und ältere Menschen wohnen. Sie befürchten Konflikte: durch zu viele Mieter, die auf engem Raum zusammenwohnen, die vielleicht keiner Arbeit nachgehen können, andere kulturelle Gepflogenheiten und Werte haben, sich bei gutem Wetter draußen versammeln könnten. Die Sorge, die Ruhe in der Siedlung könne gefährdet werden, macht die Runde. Migrantenfamilien zu integrieren: Das wäre vielleicht möglich, so einige Anlieger. Vorher lebten im Haus Studenten – vier bis fünf junge Leute, mit denen es laut Nachbarschaft selten Probleme gab. Jetzt erhöhe sich die Anzahl der Mieter auf 20, hinzu kämen vielleicht noch regelmäßige Besucher.

Bauunternehmer Yüksel findet: „Man sollte nicht vorweg urteilen“. Auch er sei im Alter von 16 Jahren nach Deutschland gekommen, habe sich hier gut integriert und in Rosenheim eine eigene Existenz aufgebaut. Anerkannte Flüchtlinge hätten kaum eine Chance auf dem freien Wohnungsmarkt, das große Zweifamilienhaus biete sich für eine Vermietung an diese Personengruppe an – auch weil es bereits vorher als Pension und WG genutzt worden sei. „Diese Vermietung ist ein sehr gut funktionierendes Geschäftsmodell“, vermuten dagegen die Nachbarn am Grünthalweg.

Die Anwohner haben sich auch schon an die Stadt gewandt – in der Hoffnung, dort offene Ohren für ihre Sorgen zu finden. Gehört fühlen sie sich nicht richtig: „Abwarten“, heiße es immer wieder.

Doch es ist in der Tat so, dass die Kommune keinen Einfluss auf die Belegung des privaten Objekts hat. Verlassen Flüchtlinge die städtischen Unterkünfte, ist jedoch „einzelfallabhängig eine Betreuung von Personen über die Asyl- und Migrationsberatungsstellen der Wohlfahrtsverbände denkbar“, betont die Pressestelle der Stadt zur Frage, ob die jungen Mieter sich selbst überlassen werden oder eine sozialpädagogische Nachbetreuung erhalten.

Die Stadt Rosenheim unterhält selber 52 dezentrale Unterkünfte für Asylbewerber. Hinzu kommt eine Gemeinschaftsunterkunft der Regierung von Oberbayern. Insgesamt wohnen hier etwa 600 Flüchtlinge. Wird ihr Asylantrag anerkannt, müssen sie die kommunale Unterkunft verlassen und sich auf dem freien Wohnungsmarkt selber um eine Bleibe bemühen. Das ist schwer in Rosenheim, wo der Mietwohnungsmarkt sehr angespannt ist. Ein Problem, das Einheimische, und Zugewanderte verbindet.

Änderung der Nutzung nicht beantragt

Ein Zwei-Familien-Haus wird in eine Art WG für 20 Bewohner umgestaltet: War dafür eine Nutzungsänderung notwendig? Auf diese Frage der OVB-Stadtredaktion antwortet die Pressestelle der Kommune: „Nachdem eine Nutzungsänderung bei der Stadt nicht beantragt wurde, gehen wir davon aus, dass das Gebäude nach wie vor als Wohnhaus genutzt wird.“

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