Klassentreffen laufen bekanntlich immer nach dem gleichen Muster ab: In der ersten Stunde werden die biografischen Eckdaten der Gäste ausgetauscht, bevor sich alle bis in die Morgenstunden hinein weinselig der Erinnerungsarbeit an schreckliche Lehrer, unvergessliche Klassenfahrten und unglaublich witzige Schulstreiche hingeben.
Beruf, Familienstand, Kinder, Wohnort: Redakteurin, verheiratet, zwei Kinder, Rosenheim – letztere Information bedurfte vor 15 Jahren, beim 20. Jubiläum unseres Abiturs im Münsterland, noch näherer Erklärungen. Rosenheim – Stadt zwischen München und Salzburg: Diese Informationen halfen damals bei der geografischen Einordnung. Nur einigen Eishockeyfans sagte der Name etwas.
Ganz anders vergangenes Wochenende – beim 35. Jahrtag. Rosenheim: Dieser Name löste begeisterte Reaktionen und glänzende Augen aus. Diesmal bedurfte es keiner Erklärungen, wo genau denn Rosenheim liege. Schließlich ermitteln hier die Rosenheim-Cops. Ihren mörderischen Arbeitsplatz kennt jeder – selbst ein in die USA ausgewanderter ehemaliger Mitschüler.
Rosenheim: Das ist für viele die schicke Polizeistation, die ja in Wirklichkeit in einem eher schmucklosen grau-grünen Kasten beheimatet ist. Rosenheim: Das ist für die Serienfans der Ort, an dem die Sonne den ganzen Sommer hindurch vom weiß-blauen Himmel strahlt – was bekanntlich auch nicht stimmt. Rosenheim: Das ist die bayerische Stadt, in der die Honoratioren den halben Tag entspannt in Biergärten unter Kastanien sitzen – nun gut, das könnte bei dem einen oder anderen wirklich passen…
Ein paar Stunden und viele Gespräche später hatte sich eine ganze Reihe alter Bekannter zu Aufenthalten in Rosenheim angemeldet: nicht, um die ehemalige Klassenkameradin zu besuchen, sondern eher, um auf den Spuren der Rosenheim-Cops zu wandeln, was bekanntlich bei Stadtführungen möglich ist. Zum Abschluss gab es außerdem noch so manchen augenzwinkernden Ratschlag mit auf den Heimweg Richtung Bayern: „Lass Dich nicht umbringen. Ist ja ein mörderisches Pflaster, dieses Rosenheim.“ Und ein Berühmtes, könnte man sagen.