Das gesetzliche verbot an bayerischen Schulen wird aufgehoben

Handy aus im Pausenhof

von Redaktion

Das Kultusministerium hat eingelenkt: Das Handyverbot an bayerischen Schulen wird abgeschafft. Die Entscheidung, wie in Zukunft im Klassenzimmer und auf dem Pausenhof mit dem Handy umgegangen wird, obliegt jetzt den Schulen.

Rosenheim – „Ich wüsste keinen Grund, warum ein Kind am Vormittag das Handy anhaben sollte. Es ist Schule. Punkt“, sagt Magdalena Ramm. Der Leiterin der Städtischen Realschule für Mädchen ist die Verärgerung über das gekippte Handyverbot deutlich anzumerken. Chatten auf dem Pausenhof, WhatsApp-Nachrichten lesen während des Matheunterrichts? „Unvorstellbar“, findet Ramm.

„Kinder tun sich heute schwer, sich auf eine Sache zu konzentrieren“, weiß die Schulleiterin aus Erfahrung. Das liege an der Flut an Nachrichten und Informationen, die auf sie einprasseln würden – „und an der ständigen Erreichbarkeit“. Die Schule dagegen war bisher einer der letzten Orte, an denen Kinder nicht „on“ waren – dank eines für alle bayerischen Schulen geltenden gesetzlichen Handyverbots.

Ramm kann nicht nachvollziehen, warum eine Lockerung überhaupt notwendig war. Wer seine Mutter anrufen wollte, weil es etwas Dringendes zu besprechen gab, hat sich bisher an die Lehrkraft gewandt. Diese erlaubte die kurze Kontaktaufnahme, danach wurde das Handy wieder ausgeschaltet. Dagegen wird es manchmal an der Mädchenrealschule sogar für Unterrichtszwecke ganz bewusst genutzt: etwa um eine Wortschatz-App einzuschalten. Wenn der Übungsaufsatz vorbei ist, heißt es wieder: Handy aus.

Auf dem Schulgelände ist es weiterhin ansonsten überall verboten – nicht nur im Unterricht, auch in den Pausen und auf den Toiletten. Zu Abschlussprüfungen werden die Handys eingesammelt, damit keiner Hilfe aus dem Internet holen kann. Denn dies gilt als Schummelei – die Folge: Note 6.

Vor allem an einem Ort möchte Ramm auch in Zukunft am liebsten kein Handy sehen oder hören: auf dem Pausenhof. Sie befürchtet, dass sonst Fotos gemacht und mit Kommentaren versehen verschickt werden. Sie sorgt sich um die Kommunikationskultur. „Wertschätzendes Miteinander-Reden: Das geht nicht über das Handy“, ist Ramm überzeugt.

Herbert Unterreiner, Leiter der Mittelschule am Luitpoldpark, sorgt sich ebenfalls um die Pausenzeiten. „Wenn ich aus dem Fenster meines Zimmers schaue, sehe ich unten im Hof Kinder und Jugendliche beim Tennisspielen, auf einer Bank sitzen, spazierengehen und ratschen. Wenn die Handynutzung erlaubt wäre, würde jeder nur auf sein Gerät starren“, prophezeit er.

Unterreiner ist außerdem der Meinung, dass der Schutzraum Schule nicht gefährdet werden darf. Es müsse verhindert werden, dass auf dem Schulhof Fotos gemacht oder gar Videos von Mitschülern gedreht und ins Netz gestellt würden.

„Wir an der Mittelschule sind alles andere als technikfeindlich“, sagt Unterreiner, der darauf hinweist, dass es auch an seiner Schule im Unterricht sogar oft erlaubt wird, das Handy zu Recherchezwecken einzuschalten. Doch wenn die Aufgabe erledigt war, kam stets die Anweisung: ausschalten.

Schulforum

entscheidet

Am liebsten wäre dem Leiter der Mittelschule am Luitpoldpark deshalb, die alte Regelung würde beibehalten. Dies werde er dem Schulforum, ein Gremium mit Vertretern von Lehrern, Eltern und Schülern, vorschlagen.

„Wir wollen im Schulhaus am Vormittag kein Handy“, sagt auch Sigrid Rechenauer, Leiterin des Karolinen-Gymnasiums. Handy aus: Das gilt am Karo nicht nur in den Klassenzimmern, sondern auch auf den Gängen. Konsequent werde reagiert, wenn sich Schüler an diese Regelungen nicht halten würden – samt Handyabnahme.

Anders ab mittags, wenn die Schüler in die Mensa zum Essen gehen oder sich in den Aufenthaltsbereichen treffen: Dann dürfen sie ihr Handy einschalten und nutzen, „wenn sie andere damit nicht stören“, so Rechenauer. „Und natürlich müssen die Persönlichkeitsrechte eingehalten werden.“ Den älteren Kollegstufenschülern, die zwischendurch auch Freistunden haben und sich dann oft in ihre Zimmer zurückziehen, wird die Verantwortung für einen vernünftigen Umgang zugetraut.

Diese individuelle Regelung gilt am Karo schon lange. Sie ist das Ergebnis einer schulinternen Einigung, mit der das Gymnasium nach Angaben von Rechenauer gute Erfahrungen gemacht hat. „Jede Schule sollte die Lösung finden, die zu ihr passt“, findet sie. Dieser individuelle Weg werde durch die Aufgabe des gesetzlichen Handyverbots jetzt möglich.

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