Aktuelles Interview mit Herbert Borrmann, Vorsitzender TSV 1860 Rosenheim

„Gesetz verlangt einige unsinnige Dinge“

von Redaktion

Die Rosenheimer Vereine sind sauer. Die neue Datenschutzverordnung bereitet, wie berichtet, gewaltige Umsetzungsprobleme. Herbert Borrmann, Vorsitzender des TSV 1860 Rosenheim, fordert politische Unterstützung für eine bessere Handhabung.

Sie haben sich sehr geärgert über die neuen Datenschutzvorgaben für Vereine. Warum?

Dass Verbände wie der BLSV mit ihren Juristen und anderen hauptamtlichen Mitarbeitern das Thema lange nicht beachtet haben und dadurch wertvolle Zeit des Nichthandelns verstreichen lassen haben, ist für mich nicht nachvollziehbar. Obwohl die Verordnung seit zwei Jahren bekannt ist, wurde zum Beispiel erst seit etwa zwei Monaten mit Informationsbriefen, Schulungen und Mustertexten darauf aufmerksam gemacht beziehungsweise Hilfestellung gegeben. Außerdem wurden bisher keinerlei erkennbare Versuche unternommen, für Vereine Sonderregelungen zu erreichen, die mit ehrenamtlicher Arbeit zu bewerkstelligen sind. Für mich geht es darum, den Datenschutz für interne Belange des Vereins zu vereinfachen. Das neue Datenschutzgesetz verlangt meines Erachtens einige unsinnige Dinge. So ist zum Beispiel fast jeder Verein verpflichtet, einen Datenschutzbeauftragten zu benennen und eine umfangreiche dauerhafte Dokumentation zu erstellen. Dies ist für die interne Verwendung von Daten für Vereine extrem teuer und der zusätzliche ehrenamtliche Aufwand unverhältnismäßig. Für Vereine sollten diese Auflagen ausschließlich für die Weitergabe an Dritte beschränkt bleiben. Wenn es um Themen wie Beitragseinzug, grundsätzliche Mitgliedschaft, Teilnehmerlisten für Freizeiten und vieles mehr geht, ist es im Interesse des Mitglieds, dass ein Vorstand diese Daten verwendet. Eine Unterschrift beziehungsweise Verpflichtungserklärung der handelnden Personen würde zum Schutz der Daten ausreichen. Da sich Mitgliederdaten im Verein auf Name, Adresse, Eintrittsdatum, Geburtsdatum und wenige interne weitere Punkte beschränken, sehe ich den Aufwand unverhältnismäßig. Datenschutz ist auch in Vereinen wichtig, aber deswegen muss man nicht mit Kanonen auf Spatzen schießen.

Sie wollen sich mit anderen Vereinen in Rosenheim zusammensetzen und die Problematik gemeinsam angehen.

Der TSV 1860 Rosenheim will eine Eigeninitiative zusammen mit anderen Vereinen wie zum Beispiel dem ESV und dem Sportbund ergreifen. Auch Nichtsportvereine sind zur Unterstützung willkommen, es betrifft ja alle. Dabei soll politische Unterstützung für eine Vereinfachung des Datenschutzes erreicht werden. Wenn dies nicht zum Ziel führt, wäre ein gemeinsamer Datenschutzbeauftragter eine kostengünstigere Variante, die wir prüfen wollen.

Bereitet es überhaupt noch Freude, in diesen Zeiten überbordender Bürokratie einen Verein zu leiten?

Die neue Verordnung bindet knappe Personalressourcen und beeinträchtigt die hohe Motivation Ehrenamtlicher extrem. Je kleiner ein Verein ist, desto unverhältnismäßiger wird der Aufwand. Wir sollten auch den Mut der Österreicher haben. Die dortige Politik hat bereits Position bezogen und verweigert die Umsetzung der EU-Verordnung für deren Vereine. Das wünsche ich mir auch für Deutschland oder Bayern.

Interview: Heike Duczek

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