Rosenheim – Der jüngste Brunnen Rosenheims wurde am 5. Mai diesen Jahres am Landratsamt Rosenheim in der Wittelsbacherstraße feierlich in Betrieb genommen. Zwei große, liegende Steinskulpturen beleben mit ihrem quellenden Wasser den neu geschaffenen Platz zwischen dem Alt- und dem Neubau des Landratsamtes. Wer die heimische Landkarte im Kopf hat, erkennt, dass in diesem zweiteiligen Brunnen der Umriss des Landkreises Rosenheim und, davon abgesetzt, die Grenzen der kreisfreien Stadt Rosenheim, nachgezeichnet sind. Geschaffen hat den Brunnen der Kiefersfeldener Bildhauer Toni Stegmayer.
Als im Zuge des Neubaus eines Amtsgebäudes auch die neu entstehende Platzfläche zwischen den Gebäuden attraktiv gestaltet werden sollte, lud der Landkreis im Oktober 2016 acht renommierte Künstler und Künstlerinnen der Region zu einem einstufigen und beschränkten Wettbewerb für einen Brunnen ein. Die neue Brunnenanlage sollte einen kräftigen Akzent auf der neuen Platzanlage setzen. Thematisch wurde in der Ausschreibung gefordert: „Zwischen den beiden Gebäuden soll eine Brunnenanlage entstehen, die sich auf der Freifläche zwischen die beiden Gebäude optisch harmonisch einfügt und inhaltliche Bezüge zum 1972 neu geschaffenen Landkreis Rosenheim mit seinen Altlandkreisen Bad Aibling und Wasserburg, dem Inntal und dem Chiemgau herstellt.“
Da nur Künstler eingeladen worden waren, die sich bereits auf dem Gebiet „Kunst am Bau“ bewährt hatten, gingen zum Abgabeschluss Anfang Februar 2017 acht künstlerisch überzeugende und thematisch sinnfällige Brunnenentwürfe mit Modellen und Zeichnungen ein. Am 8. Februar 2017 stellte Kulturreferent Christoph Maier-Gehring die Entwürfe und ihre grundlegenden Konzepte der Jury mit Landrat Wolfgang Berthaler, leitenden Mitarbeitern der Bau- und Kulturabteilung des Landratsamtes, den Architekten des Neubaus und zwei Kunstexperten aus Rosenheim und München vor.
Nach ausführlicher Beratung fiel die Wahl der Jury einstimmig auf den Entwurf von Toni Stegmayer. Der Kiefersfeldener Bildhauer hatte die Wettbewerbsaufgabe am klarsten interpretiert. Zudem überzeugte seine Lösung mit den beiden Landkreisumrissen in Positiv und Negativ auch ästhetisch. Die beiden Brunnenrechtecke greifen optisch die Linien der neuen Platzgestaltung, geplant vom Rosenheimer Landschaftsarchitekturbüro Stiegler, auf und harmonieren mit den Hochbeeten, Sitzbänken und den Fassadenelementen des Neubaus. Rundum eine stimmige Sache und auch durchaus witzig, wie die Jurymitglieder anmerkten.
Da schon im Moment der Preisvergabe klar war, dass die Brunnenanlage aus Granit schwer werden und sich darunter die Tiefgarage befinden würde, waren von Anfang an die Statiker mit eingebunden.
Toni Stegmayer wählte als Material den Hötzendorfer Granit aus dem Bayerischen Wald und hielt sich selbst länger in dem Steinbruch bei Tittling auf, um bei den Arbeiten mit anzupacken. Dieser Werkstein, 320 Millionen Jahre alt, von mittelgrauer Farbe und mittlerer Körnung, ist wegen seiner langen Haltbarkeit und seiner Widerstandsfähigkeit gegenüber Witterung und chemischen Einflüssen seit jeher beliebt.
So wurde in den Hötzendorfer Granitwerken der Familie Merckenschlager ein großer Block gebrochen und in zwei dicke Scheiben gespalten. Der Chef Max Merckenschlager hat ein offenes Ohr für Künstler, berichtet Toni Stegmayer. Er geht auf ihre Vorstellungen ein und bietet vernünftige Lösungsmöglichkeiten für deren technische Umsetzungen.
Toni Stegmayer arbeitete zusammen mit zwei Steinmetzen auf dem Merckenschlagerschen Betriebsgelände, unmittelbar neben dem Steinbruch, aus der einen Granitscheibe das Positiv und aus der anderen das Negativ heraus. Mit unterschiedlich dicken Bohrern wurde in körperlicher Schwerarbeit Bohrung an Bohrung gesetzt, bis die beiden Umrisse freigelegt waren.
„Theoretisch würde das eine Teil in das andere passen. Aber wir probieren das besser nicht aus, vielleicht würde es doch irgendwo klemmen“, sagt Toni Stegmayer schmunzelnd. Wichtig war ihm von Anfang an, eine klare Bildsprache zu finden. Deshalb war auch ein gewisser Grad von Abstraktion wichtig und nicht jeder kleine Schlenker des Grenzverlaufs des Landkreises konnte nachgezeichnet werden. Dass die beiden Teile geografisch richtig ausgerichtet auf dem Platz aufgestellt sind, ist selbstverständlich.
Brunnen wiegt stattliche
20 Tonnen
Im Oktober 2017 wurden die beiden Brunnenteile angeliefert. Da der Lastwagen aus Gewichtsgründen nicht direkt auf die Platzfläche fahren konnte, der große Brunnenteil wiegt stattliche 20 Tonnen, musste ein Schwerlastkran die beiden Teile von der Wittelsbacherstraße aus in Position heben. Toni Stegmayer lobt die hervorragende Zusammenarbeit mit den Architekten des Landratsamtes und den zuarbeitenden Firmen und ist begeistert über die vielen positiven Rückmeldungen, die er erhalten hat.
In beiden Brunnenteilen sprudelt das Wasser, das umgewälzt wird und deshalb kein Trinkwasser ist, aus der Stadt Rosenheim heraus. Rosenheim als Quell und Zentrum des Landkreises? Man kann sich da so seine Gedanken machen. Auf alle Fälle ergeben sich durch das Wasser schöne ästhetische Effekte und Gegensätze, wie hell und dunkel, trocken und nass, negativ und positiv, oben und unten, hoch und tief, Yin und Yang und vielleicht noch mehr.