Blick hinter die Kulissen des Stadtarchivs

In der Hauptrolle: Die Zeit

von Redaktion

Hier spielt die Zeit die Hauptrolle: im Stadtarchiv. Kein verstaubter Ort, vielmehr hochmodern im digitalen Zeitalter. Womit gleich ein Aspekt hervorsticht – die wachsende Zahl von Menschen, die sich per Mausklick über Historie und Stadtgeschichte informieren. 556335 Zugriffe waren es 2017. Auch, um sich Archivalien ruck-zuck in den Lesesaal zu bestellen.

Rosenheim – Wie wär´s mit einem Streifzug durch das mittelalterliche Rosenheim? Das Stadtarchiv an der Reichenbachstraße 1a macht´s möglich mit einem „interaktiven Stadtplan“ (www.stadtarchiv.de) – eine mit historischen Informationen zu markanten Plätzen, Gebäuden oder Straßenzügen in Rosenheim verknüpfte „Karte“, mit der man sich auf Zeitreise begeben kann. Das machten im Jahr 2017 rund 3000 Besucher.

Seit dem vergangenen Sommer steht dieses Angebot zur Verfügung, ebenso wie die neu strukturierte Website seitdem auch von einem Smartphone aus leicht zu bedienen ist. Diese und weitere Neuheiten und Erkenntnisse präsentierte das Kulturamt kürzlich im Fachausschuss.

Sage und schreibe 280810 digitalisierte Originaldokumente oder in die Datenbank aufgenommene Objekte waren bis Ende 2017 erfasst und damit acht Prozent mehr als im Jahr 2016 (259489). Der „Fundus“ wächst und wächst, denn viele Unterlagen der Stadtverwaltung (vor allem Akten vom Kultur- und Ordnungsamt sowie der Zentralregistratur) kommen jährlich hinzu. Rund 60 laufende Meter Verwaltungsschriftgut waren es zuletzt, darunter etwa Akten des früheren Oberbürgermeisters Dr. Michael Stöcker zum Brückenbau, zur Volkszählung, zum Naturschutz und zum Reaktorunfall Tschernobyl. Was nicht archivwürdig ist, wird vernichtet.

Vom Bestseller

bis zum „Lockvogel“

Unterm Strich heißt das: Dokumente sichten, sortieren, in der Datenbank erfassen, archivgerecht verpacken – ein ebenfalls wachsender Arbeits- und Zeitaufwand für die insgesamt fünf Fachkräfte des Stadtarchivs. Heißt das angesichts eines wachsenden Dokumentenbergs, es muss personell aufgestockt werden?

Nein, sagt die Stadt. Sie setzt künftig auf ein elektronisches Dokumentenmanagement-System, das mit Blick auf eine spätere Archivierung noch effizienter ist. Im Übrigen sei „die Höhe eines Dokumentenberges nicht gleichbedeutend mit archivarischer Relevanz beziehungsweise Qualität.“

Ergänzend zum amtlichen Schriftgut überlassen auch Privatpersonen dem Stadtarchiv ihre Unterlagen, etwa Fotos, Zeugnisse, Vereinsunterlagen. Letztere stammen hauptsächlich aus dem Zeitraum zwischen 1900 bis 1970. „Das Archivgut sollte Bezug zum öffentlichen Leben in Rosenheim haben“, sagt das Archiv. Dies sei für die Fortschreibung der Stadtgeschichte von besonderem Interesse.

Ein Bestseller ist das seit Jahren herausgegebene „Bilder aus Alt-Rosenheim“. Der historische Stadtkalender für 2018 war erneut ein Verkaufsschlager, Sammler reißen sich darum. Eine Bestätigung ist das auch für Stadtheimatpfleger und Stadtarchivar Karl Mair, der zu den von ihm ausgewählten Bildern auf Spurensuche geht und die Texte dazu schreibt.

Ein „Lockvogel“ namens Flohmarkt zog einmal mehr viele Besucher am Jahresende 2017 ins Stadtarchiv. Sie konnten sich mit historischen Büchern und Postkarten eindecken. Im Schnitt liegen hier die Einnahmen fürs Archiv bei 800 Euro.

Um die Anziehungskraft auch für junge Leute zu erhöhen und diese für Heimatgeschichte zu begeistern, starteten Stadtarchiv und Landkreis wieder einen regionalen Schülerwettbewerb „Heimat erleben“. Dazu gab es Film- und Hörbeiträge, etwa über die Ortsgeschichte, Naturwissenschaften und gesellschaftliche Themen. Für die besten Arbeiten wurden Preise ausgeschüttet, insgesamt 3000 Euro. Zum Thema („Angekommen in der Heimat – Flüchtlinge und Vertriebene in unserer Region“) erlebten ferner Berufsschüler eine „Fakten-Reise“ im Stadtarchiv.

Wie recherchiert man? Dies jungen Leuten nahezubringen, ist ein Ziel. Dazu gab es (Ein-)Führungen zur Arbeit mit Originalquellen. Ausstellungen und Vorträge bereichern das Programm, wie über die Geschichte der Amerika-Häuser in Deutschland. Die Ausstellung „Vermacht, verfallen, verdrängt. Kunst im Nationalsozialismus“ in der Städtischen Galerie begleitete das Stadtarchiv mit einer eigenen Präsentation von Originaldokumenten: „Achtung! Wichtig! – Rosenheim auf Plakaten der NS-Zeit“. Ein Besuchermagnet.

Und so war die Präsentation in die Verlängerung gegangen, über zwei Monate.

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