Rosenheim – Der Rosenheimer Fassadenpreis ist ein Wettbewerb um das Gesicht der Stadt. Es war einer der ersten Anträge, den Stadtrat Dr. Michael Stöcker, späterer Oberbürgermeister, eingebracht hatte. Die Bewertungskriterien für diesen Preis sind hoch. Historische Qualität, Umfang der Arbeit und handwerkliches Können spielen eine große Rolle.
Für das Jahr 2018 fiel die Wahl einstimmig auf die Anwesen in der Happinger-Au-Straße 3 und in der Dr.-Hefner-Straße 2. Oberbürgermeisterin Gabriele Bauer weiß, dass die Wiederbelebung alter Häuser für die Bauherren oftmals schwierig ist – eine Zeit zwischen „Euphorie und Verzweiflung“.
Für den „Bauern in der Au“ trifft das zu. Bauherr ist die Beck & Fraundienst Wohnbau GmbH & Co. KG. „Es war ein harter Kampf“, meinte Christoph Fecke, Geschäftsführender Gesellschafter, in Bezug auf die kontrovers geführten Debatten im Stadtrat. „Alles wurde hinterfragt“, erinnert sich auch Oberbürgermeisterin Gabriele Bauer. Sie führt die Skepsis des Stadtrates darauf zurück, dass in den vergangenen Jahren so viele unterschiedliche Nutzungsvarianten im Gespräch waren.
Die Wurzeln des Gutshofes lassen sich bis ins Jahr 1166 zurückverfolgen. Das Gebäude in seiner jetzigen Form wurde 1850 errichtet. Seit 1991 stand der Hof leer und verfiel zusehends. 2011 hat ihn die Firma Beck & Fraundienst erworben, mit dem Ziel, ihn unter Beibehaltung seiner historischen Qualität zu sanieren und durch eine neue Nutzung wiederzubeleben.
„Zu diesem Zeitpunkt wussten wir noch nicht, wohin uns dieser Weg genau führt“, erzählt Christoph Fecke. Mit der Aschauer Modefirma „Lieblingsstück“ fand Beck und Fraundienst schließlich den passenden Mieter. Aus kaufmännischer Sicht bedeute ein einziger Mieter zwar ein Risiko, meint Fecke, aus architektonischer Sicht sei diese Entscheidung aber ein Glücksfall gewesen. „Neben der großen Sorgfalt und dem richtigen Gespür für den Charakter des Gebäudes“ hob Gabriele Bauer in ihrer Laudatio besonders die Tatsache hervor, dass Bauherr und Planer der Versuchung widerstanden hätten, das „Gebäude aufzuhübschen und dadurch zu verfälschen“. Im Ergebnis präsentiere sich das Anwesen in einer hohen gestalterischen Qualität, die sowohl seinem Charakter als „bürgerliches Bauernhaus“ entspreche, als auch dem exponierten Standort gerecht werde.
Auch Brigitte und Ralph Leingartner durchlebten bei der Renovierung ihres Wohnhauses in der Dr.-Hefner-Straße 2 schwere Zeiten. Sie ersteigerten das Gebäude im Jahr 1997, nachdem sie dort schon einige Jahre in Miete gewohnt hatten. „Als wir den Zuschlag bekamen, haben wir uns total gefreut“, erzählt Brigitte Leingartner. Die Familie ließ es bei der Renovierung des unter Denkmalschutz stehenden Gebäudes langsam angehen: „Solange unsere Kinder klein waren, wollten wir ihnen unsere Zeit widmen.“ Ralph Leingartner, selbst Architekt, plante und machte viel selbst. Es gab Zeiten, in denen dachte die Familie über den Auszug nach: „Ein Neubau steht in wenigen Jahren perfekt da. Bei uns dauerte es lange und immer wieder gab es Schmutz und Dreck“.
Heute sind sie froh über ihr Durchhaltevermögen: „Ein altes Haus hat eine besondere Atmosphäre, weil es eine Geschichte zu erzählen hat.“
Das Haus Nummer 2 in der Dr.-Hefner-Straße wurde im Jahr 1910 von Baumeister Leonhard Hell für den Königlichen Eisenbahn-Verwalter Ludwig Grillmeier gebaut. Brigitte und Ralph Leingartner war es wichtig, den ursprünglichen Charakter des Gebäudes und die historische Gestaltung des Anwesens wieder herzustellen. Ein besonderes Detail sind die historischen Kastenfenster, die nicht ersetzt, sondern renoviert wurden.
Gabriele Bauer dazu: „Neben einer Vielzahl bemerkenswerter Details ist nicht zuletzt der Erhalt dieser Fenster auch ein Beweis dafür, dass es möglich ist, diese Qualität von damals mit dem notwendigen Gespür, der entsprechenden Fachkenntnis und vor allem mit Liebe für sein Haus zu erhalten und zu bewahren.“