Aus dem Gerichtssaal

Viel Schluchzen, wenig Einsicht

von Redaktion

Tatort war der Salinplatz im Stadtzentrum von Rosenheim. Dort war es am 14. August 2017 zu heftigen Auseinandersetzungen zwischen Asylbewerbern gekommen. Ursache war das Anbaggern von Mädchen. Jetzt erging gegen zwei Beteiligte das Urteil des Jugendschöffengerichts wegen Körperverletzung.

Rosenheim – Am fraglichen Augusttag hatte „Tarik“ (Name von der Redaktion geändert) im Salinpark ein Mädchen angesprochen. Dieses zeigte sich desinteressiert. Anstatt aber wegzubleiben, kam sie zusammen mit ihren beiden Begleiterinnen zurück. Nun wurden sie von dem 20-jährigen usbekischen Afghanen „Tjark“ (Name ebenfalls von der Redaktion geändert) angebaggert. Weil dies wohl missverständlich geschah, fühlte sich ein dritter Asylbewerber bemüßigt, den Mädchen beizustehen. Er forderte den Usbeken auf, sich zu entfernen, was diesen wiederum so sehr erregte, dass er seinen Gürtel aus der Hose zog, diesen um den Hals des „Beschützers“ warf und zuzog. Als der so Gewürgte zu Boden stürzte, trat „Tarek“ – 18 oder 19 Jahre, so genau weiß er sein Alter nicht – mit den Füßen noch auf den am Boden Liegenden ein.

Der Usbeke war umfassend geständig. Er war bislang noch nie straffällig geworden.

Ganz anders „Tarek“. 2015 war er mit Mutter und Schwester nach Deutschland gekommen, wo er von Anfang an Probleme bereitete. So wurde er in verschiedenen Jugendinternaten wie Heckscherklinik oder Birkeneck aufgenommen und wieder entlassen, auch die Psychiatrie in Taufkirchen hatte sich mit ihm vergeblich abgemüht. Ein Psychologe, der ihn betreut hatte, empfahl eine längerfristige Therapie im Inn-Salzach-Klinikum. Nicht nur durch Ladendiebstähle, durch Sachbeschädigung und Körperverletzungen war er aufgefallen und bereits zweimal verurteilt worden.

Mit Vorliebe Polizisten

bespuckt und beleidigt

Ganz besonders hatte er es auf Polizeibeamte abgesehen, die er mit Vorliebe beleidigt, bespuckt und sich jeglicher Anordnung widersetzt. Bei beiden vorhergehenden Verfahren hatte man ihm die Möglichkeit einer Bewährung eingeräumt. Obwohl ihm somit eine Jugendstrafe von 18 Monaten drohte, beeindruckte ihn dies offenbar nicht.

Da saß ein schmächtiges Bürschchen in Handschellen am Körpergurt gefesselt, das wie ein 14-Jähriger wirkte. Diese Fesselung sei dringend angebracht, so die Mitteilung aus Gabersee, von wo er vorgeführt wurde. Dort hatte er sich, ganz im Gegensatz zu seiner zierlichen Erscheinung, wie ein Berserker aufgeführt, was die Fesselung angebracht erscheinen ließ.

Großspurig erklärte er, halb deutsch, halb durch den Dolmetscher, dass man in Deutschland seinem Schicksal nicht gerecht würde. Nach intensivster Diskussion mit seinem Verteidiger, Rechtsanwalt Hans Sachse, ließ er sich schließlich dazu herbei, umfassend geständig zu sein, sodass das Jugendschöffengericht in der Lage war, einen Verständigungsvorschlag zu unterbreiten.

Diesem entsprechend erklärte der Staatsanwalt, dass „Tarik“ unaufhörlich Straftaten begangen habe seit er in Deutschland ist. Gewalttätig, rücksichtslos und gefährlich sei er. Nur mit einer Einheitsjugendstrafe von drei Jahren könne man diesem jungen Mann möglicherweise beikommen. Der Usbeke dagegen sei bislang noch niemals als Straftäter aufgefallen. Jedoch sei dessen Tat in solcher Weise brutal gewesen, dass man bei ihm „schädliche Neigungen“ nicht ausschließen könne. Mit einer sogenannten Vorbewährung nach Jugendgerichtsgesetz müsse er nun eineinhalb Jahre unter Beweis stellen, dass er straffrei lebe. Andernfalls müsse ihm dann doch der Prozess gemacht werden.

„Tariks“ Verteidiger beklagte nicht, dass dieser keine Hilfe bekommen, sondern diese leider bislang nicht angenommen habe. Fraglos habe sein Mandant auch ein Alkoholproblem, das der Behandlung bedürfe. Unter Einbeziehung der in vorherigen Verhandlungen ausgesprochenen Strafen beantragte er eine Einheitsjugendstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten. Die Verteidigerin des usbekischen Afghanen stimmte der Beurteilung des Staatsanwaltes zu und beantragte ebenfalls ein Urteil nach dem Jugendgerichtsgesetz.

In seinem „letzten Wort“ wies „Tarik“ laut schluchzend nochmals auf seine großen Schwierigkeiten hin und sein bisher problematisch verlaufenes Leben. Er tat sich unübersehbar selber leid, von Reue oder Einsicht kaum eine Spur.

14 Tage in den

Warn-Arrest

Das Jugendschöffengericht unter dem Vorsitz von Richter Hans-Peter Kuchenbaur verwies in seinem Urteil über ihn darauf, dass er sich in zweifach offener Bewährung befunden habe, sodass eine weitere bedingte Strafe nunmehr unmöglich sei. Zwei Jahre und neun Monate lautete das Urteil für „Tarek“.

Der zweite Angeklagte kam mit der beantragten Vorbewährung davon, muss aber einen 14-tägigen, sogenannten Warnschuss-Arrest verbüßen und darüber hinaus 80 Stunden gemeinnützige Arbeit leisten, beschied das Gericht.

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