Aus dem Gerichtssaal

Sattelzug angezündet

von Redaktion

Am 13. Januar brannte im Rosenheimer Stadtteil Oberwöhr die Sattelzugmaschine eines abgestellten Gefahrenguttransporters aus. Das Jugendschöffengericht verurteilte nun zwei 19- und 20-jährige Rosenheimer wegen vorsätzlicher Brandstiftung und diversen anderen Anklagepunkten zu einer Jugendstrafe von zwei Jahren zur Bewährung.

Rosenheim – Haarscharf schrammten die beiden jungen Männer an der Katastrophe und schlussendlich am Knast vorbei. Allein ihr Geständnis und die sozialpädagogische Einschätzung, die künftig ein straffreies Leben vermuten ließ, bewahrte die beiden Angeklagten vor einer Haftstrafe. Richterin Verena Köstner machte jedoch sehr deutlich, dass sich die beiden „auf Messers Schneide bewegen“.

Dies bezog sich auf die Tat, die extrem gefährlich gewesen sei und auf das Verhalten vor Gericht, das anfangs vor allem beim 20-Jährigen nicht sonderlich kooperativ war. Genau das war aber Bedingung des Deals, der im Falle einer lückenlosen Einlassung zum Geschehen eine Strafobergrenze von zwei Jahren zur Bewährung in Aussicht gestellt hatte.

Laut Anklage entwendeten die jungen Männer am 13. Januar gegen 4.30 Uhr in der Rosenheimer Innenstadt zwei nicht abgesperrte Fahrräder im Wert von jeweils etwa 100 Euro, um damit nach Hause zu fahren. Unterwegs hatte der 19-Jährige eine Eingangstür eingeworfen, wofür er bereits im Vorfeld der aktuellen Verhandlung zu Sozialstunden und einem Sozialen Trainingskurs verurteilt worden war.

Auf dem weiteren Heimweg kamen die zwei an einem abgestellten Sattelzug mit Tankaufleger in der Oberwöhrstraße vorbei. Der 20-Jährige warf mit einem Pflasterstein das Fenster der Fahrertüre ein, öffnete sie und sprühte mit einem in der Fahrerkabine gefundenen Feuerlöscher herum. Zuvor hatte der Mitangeklagte wohl geäußert, dass er sich das nicht trauen würde. Der Feuerlöscher wurde anschließend ebenso wie die beiden Fahrräder im Mangfallkanal entsorgt.

Als es brannte, noch

ein Bild geschossen

Dann entschlossen sich die beiden, im Führerhaus Feuer zu legen. Hierzu schütteten sie Öl aus einem im Fahrzeug aufbewahrten Kanister auf den Fahrersitz und in den Fußraum. Als es nicht gelang, dass Feuer so zu entfachen, legten sie mit einem, ebenfalls im Fahrzeug vorgefundenen, brennbaren Bremsenreiniger eine Lunte bis zum Einstieg und entzündeten so den Brand.

Der 20-Jährige machte noch ein Bild vom Führerhaus, das binnen weniger Minuten lichterloh brannte. Anschließend wählte er den Notruf, weil ein Pkw heranfuhr und er sich nicht verdächtig machen wollte. Die Zugmaschine brannte vollständig aus. Die Flammen hatten auch den angekoppelten Tankaufleger, der glücklicherweise leer war, in Mitleidenschaft gezogen. Insgesamt entstand ein Schaden von rund 150000 Euro. Um den Verdacht von sich abzulenken, hatte der 20-Jährige in der Zeugenvernehmung angegeben, dass sich vor Ausbruch des Feuers drei Personen an der Zugmaschine zu schaffen gemacht hätten und dazu eine falsche Personenbeschreibung abgegeben. Diese hatte zu einem polizeibekannten Rosenheimer geführt. Der Mitangeklagte hatte diese Version bestätigt.

Der Plan ging jedoch nicht auf, weil der Beschuldigte laut Kripo Rosenheim ein Alibi für die Tatzeit hatte. Zudem hätten sich aufgrund abweichender Aussagen und einer Sprachnachricht auf den beiden sichergestellten Handys Verdachtsmomente gegen die Angeklagten ergeben. In der Nachricht hatte der 20-Jährige dem Mitangeklagten mitgeteilt: Es gebe nach einem Telefonat mit der Feuerwehr nichts zu befürchten, weil die Spuren weitgehend verbrannt seien.

Staatsanwalt Jan Salomon betonte, dass es sich um eine gemeingefährliche Tat und sinnlosen Vandalismus gehandelt habe, bei dem ein hoher Schaden entstanden sei. Beide Angeklagten hätten sich wegen Diebstahls, vorsätzlicher Brandstiftung, Sachbeschädigung und Vortäuschen einer Straftat strafbar gemacht.

Erschwerend: Falsche Verdächtigungen

Erschwerend wirkte laut Staatsanwalt beim 20-Jährigen, der selbst Feuerwehrler war, die falsche Verdächtigung. Er bringe ein einbeziehungsfähiges Urteil wegen Diebstahls mit. Der 19-Jährige habe insgesamt vier Vorahndungen, wovon eine ebenfalls einbeziehungsfähig sei. Schädliche Neigungen seien bei den Angeklagten zum Tatzeitpunkt nicht auszuschließen, daher sei eine Jugendstrafe von zwei Jahren erzieherisch notwendig.

Er schloss sich damit der Empfehlung der Jugendgerichtshilfe an, nach Jugendstrafrecht zu ahnden. Als Bewährungsauflage forderte er unter anderem vier Wochen Dauerarrest, einen sozialen Trainingskurs und wöchentlich 20 Stunden gemeinnützige Arbeit, im Falle einer Erwerbslosigkeit.

Die beiden Verteidigerinnen Gabriele Sachse und Sabine Distel stellten klar, dass es an der Tat nichts zu beschönigen gebe, warben aber eindringlich für die Strafaussetzung zur Bewährung. Damit solle den Angeklagten die Chance gegeben werden, den eingeschlagenen guten Weg fortzuführen.

Richterin Verena Köstner schloss sich in ihrer Urteilsbegründung den Ausführungen der Anklagevertretung an. Einzig bei der Höhe des Warnschussarrests beließ sie es beim 19-Jährigen bei drei Wochen. Beim 20-Jährigen gab es wegen der falschen Verdächtigung eine Woche obendrauf. „Lassen Sie sich das Urteil zur Warnung dienen und denken Sie daran, dass es bei einer neuen Straftat zwei Jahre obendrauf gibt und dann sieht es düster aus“, sagte sie an beide Angeklagten gerichtet.

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