Eröffnung des „Rosenheimer Technologiezentrums Energie und Gebäude“ an der Hochschule

Ethos und Effizienz

von Redaktion

Ein enger Partner der Wirtschaft als Ideen- und Wissenslieferant zu werden – das soll neben der Lehre die Aufgabe sein, der sich die Technische Hochschule in Zukunft noch intensiver verschreiben möchte. Ein Etappenziel auf diesem Weg wurde jetzt erreicht mit der Eröffnung des „Rosenheimer Technologiezentrums Energie und Gebäude“.

Rosenheim – Ab sofort stehen den Ingenieurstudiengängen auf 800 Quadratmetern sechs hochmoderne Labore für fakultätsübergreifende Forschungs- und Entwicklungsarbeit zur Verfügung. Die Einweihung feierten unter anderem Oberbürgermeisterin Gabriele Bauer, Landtagsabgeordneter Klaus Stöttner, der sich mit Erfolg für einen Zuschuss der Staatsregierung in Höhe von drei Millionen Euro stark gemacht hatte, Ursula Großmann-Böhnisch, die Vorstandsvorsitzende des Lehrinstitutes Rosenheim, auf dessen Grundstück die Labore untergekommen sind, sowie Professor Silke Stanzel, Dekanin der Fakultät für Angewandte Natur- und Geisteswissenschaften, und der Präsident der Hochschule, Professor Heinrich Köster.

Klimawandel eine wissenschaftlich bewiesene Tatsache

Das Ziel, dass gerade Technische Hochschulen sich in ihrer Arbeit eng mit den Bedürfnissen der Wirtschaft verzahnen sollen, ist nicht neu und deshalb auch kein Alleinstellungsmerkmal der Rosenheimer Hochschule. Eine Besonderheit ist aber, dass die Begriffe Nachhaltigkeit und Ressourcenschonung wesentlich zum Selbstverständnis gehören: Ethos und wirtschaftliche Effizienz als gleichberechtigte Antriebsimpulse der Forschung.

Was darunter konkret zu verstehen ist, machte der wissenschaftliche Leiter des Roteg, Professor Harald Krause, deutlich, der bei der Eröffnungsveranstaltung einen kurzen Abriss über den Laborbetrieb gab. Den begann er nämlich – ganz bewusst – mit der Feststellung, dass der Klimawandel infolge des Anstiegs der CO2-Emissionen als wissenschaftliche Tatsache anzusehen sei. Daran änderten auch Gegenhypothesen aus USA oder China nichts. Damit aber sei die Stoßrichtung der Arbeit des Studiengangs Energie- und Gebäudetechnologie, der die Labore derzeit vorrangig nutzt, eindeutig vorgegeben: Es gehe darum, Häuser und Hauskomponenten zu entwickeln, die möglichst wenig, am besten gar keine fossil basierte Energie verbrauchen würden.

Landläufig denkt man dabei als erstes an eine Optimierung der Gebäudeheizungen, doch ist dies zu kurz gegriffen, zeigte die Führung. Eine Optimierung der Heizanlage ist zweifellos wichtig, denn nach wie vor wird in Deutschland rund ein Drittel des Gesamtenergieverbrauches für Heizung und Warmwasser aufgebraucht. Am Roteg wird im „Labor für nachhaltige Wärmeerzeugungsanlagen“ deshalb unter anderem an der Erhöhung des Wirkungsgrades von Wärmepumpen gearbeitet, aber auch daran, wie die einmal erzeugte Wärmeenergie in der Gebäudehülle gespeichert werden kann.

So viel Energie dadurch auch theoretisch eingespart werden könnte, es bleibt die effektive Ersparnis bislang dahinter deutlich zurück, weil die Wohnraumlüftung, die gerade bei modernen, hochgedämmten Bauten immer wichtiger wird, nicht Schritt hält. Und an diesem Punkt wird der Praxisbezug der Forschung am Roteg besonders deutlich. So geht es beispielsweise in den Arbeiten des „Labors für Raumlufttechnik und Raumklimasysteme“ nicht nur um eine möglichst effiziente Lüftung, sondern auch um eine, die bezahlbar bleibt, nicht zuletzt bei Nachrüstungen. Vor allem aber geht es um eine möglichst bewohnerfreundliche Klimatisierung ohne Zugerscheinungen und sonstige Einbußen an der Behaglichkeit.

Ein Feld, das in der Gebäudetechnik bislang oft wenig berücksichtigt wurde, ging es in der Vergangenheit doch häufig vorrangig um die Optimierung des technisch Möglichen – der Mensch mit seinen Bedürfnissen hatte sich dann in die Technik einfach einzufügen.

Inhaltlich eng verzahnt sind die Forschungen an Lüftung und Klimatisierung mit dem „Labor für transparente Gebäudehüllen“, da der Klimatisierungs- wie auch der Heizaufwand durch geschickte Verteilung der Glasflächen am Gebäude zusammen mit wirksamem Sonnenschutz von vornherein reduziert werden kann. Hier ermöglicht es ein in allen Richtungen dreh- und schwenkbares Gebäude, Daten zu sammeln, mit deren Hilfe man die bislang noch unzureichenden Simulationsberechnungen verbessern möchte. Und auch hier wieder der direkte Bezug zum nutzenden Mensch: Die Forschungen enthalten auch Untersuchungen zur bestmöglichen Tageslichtversorgung, ein für die Bewohner eines Hauses ganz wesentliches Wohlfühlkriterium.

Behaglichkeit und Wohlfühlen stehen letztendlich auch im Zentrum der Arbeiten des „Labors für Schallmesstechnik“: Gebäudetechnik – von der Heizung über die Wasserverrohrung bis zum Kühlschrank – macht Lärm. Hier verfügt das Roteg über einen Prüfstand, mit dem man die Ausbreitung des besonders lästigen Körperschalls über Wände und Böden des Gebäudes nachvollziehen und damit in der Folge auch minimieren kann.

Überhaupt ist die Ausrüstung der Labore dank der Unterstützung des Seeoner Kreises und dank eines Zuschusses der Staatsregierung von drei Millionen Euro nicht nur auf dem allerneuesten Stand, sondern individuell auf die Forschungsbedürfnisse in Rosenheim ausgelegt. Das zeigt auch das „Labor für Netze und Energiespeicher“. Hier verfügt man zum Beispiel über eine Drohne mit Wärmebildkamera, mit deren Hilfe Fehlstellen in großflächigen Solarfeldern eindeutig ausgemacht werden können. Bislang war man dazu auf Stichproben vom Boden aus angewiesen – ein äußerst unzureichendes Verfahren nach dem Versuch- und Irrtum-Pinzip. Daneben verfolgt man hier ein Forschungsprojekt, bei dem man versucht, die Zugbahnen von Wolkenfeldern und damit den wechselnden Beschattungsgrad größerer Solarflächen, schlussendlich also deren Energieproduktion vorherzusagen – eine wesentliche Voraussetzung für das effektive Energiemanagement größerer Siedlungen oder ganzer Städte.

Wichtig: kritischer Blick auf das eigene Forschertun

Hier werden zwei Punkte deutlich, die neben der Vernetzung der Labore untereinander für die Arbeit des Roteg kennzeichnend sind: Erstens der Blick über den Gebäuderand hinaus, der sich, wie der technische Leiter Professor Köster sagte, in Zukunft zu einem ganz wesentlichen Forschungsinhalt entwickeln werde. Zweitens der kritische Blick auf das eigene Tun, an dem die Wirtschaftsingenieure mit ihrem „Labor für Energie- und Stoffstrommanagement“ wesentlichen Anteil haben. Nicht nur den Menschen als Nutzer will man in Zukunft verstärkt im Blickfeld haben, sondern auch den Energie- und Ressourcenverbrauch der neuen Entwicklungen.

Nur wenn sichergestellt sei, dass die Herstellung und der Betrieb neuer Techniken die Energie-Einsparung nicht zum Großteil wieder auffressen würden, dürfe sich in Zukunft Fortschritt in der Gebäudetechnik auch noch als solcher bezeichnen, hieß es während der Einweihung des Labore.

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