Aus dem Gerichtssaal

Flucht in den Alkohol

von Redaktion

Ein Alkoholiker muss in die geschlossene Therapie. Das verfügte das Amtsgericht Rosenheim, das seinen Fall behandelte. Der 29-Jährige hatte behauptet, einen Sprengsatz bauen und Menschen in die Luft sprengen zu wollen.

Rosenheim/Wasserburg – Von Asylunterkunft zu Asylunterkunft pendelt der 29-jährige Afghane, weil er überall wegen seiner Alkoholabhängigkeit Probleme bekommt. In unschöner Regelmäßigkeit wird er dabei aggressiv und bösartig.

Im Januar trieb er es auf die Spitze. Im Suff – aber auch am nächsten Tag, als er wieder nüchtern war – drohte er, einen Sprengsatz zu bauen und damit möglichst viele Menschen in Deutschland in die Luft zu jagen. Daraufhin nahm man ihn erst einmal in Gewahrsam. Nachdem er – nach eigenen früheren Angaben – beim afghanischen Militär eine Ingenieurs-Ausbildung bekommen hatte, konnte diese Drohung möglicherweise einen wahren gefährlichen Hintergrund haben.

Zum Alkoholiker, so berichtete er, wurde er erst in Deutschland. Aus Verzweiflung, weil es ihm nicht gelungen war, nach Schweden zu seinem Bruder zu gelangen. Und weil er in Deutschland keinerlei Perspektive nach seinen Wünschen habe erkennen können.

Im Jahr 2013 war er illegal nach Deutschland eingereist. Bereits viermal war er seither straffällig geworden und zwar ausschließlich wegen Körperverletzung, Beleidigung, Sachbeschädigung und Widerstand gegen die Staatsgewalt. Immer im betrunkenen Zustand. Zuletzt am Bahnhof in Rosenheim und im Inn-Salzach-Klinikum Wasserburg. Zu der Verhandlung wurde er aus der Justizvollzugsanstalt Bernau vorgeführt, wo er eine frühere Verurteilung verbüßt.

Im Grundsatz war er geständig, obwohl er bestritt, seine Bombendrohung auch noch im nüchternen Zustand wiederholt zu haben. Dies widerlegten allerdings die Ärzte des Klinikums, die wörtlich über diese Drohungen berichteten und keinerlei „Belastungseifer“ (Beurteilung der persönlichen Glaubwürdigkeit von Zeugen im Rahmen der Beweiswürdigung, die Red.) hatten.

Unglaubliches Rückfall-Tempo

Der psychiatrische Gutachter Prof. Michael Soyka erklärte, dass es sich bei dem Angeklagten fraglos um einen Alkoholsüchtigen handle, der nach einer Haftentlassung ebenso fraglos wieder gleichartige Straftaten begehen würde. Einzig eine Langzeittherapie in einer geschlossenen Anstalt könne – bei entsprechender Therapiebereitschaft – für zukünftige Straffreiheit sorgen. Deshalb befürwortete er die gerichtliche Verfügung einer solchen Maßnahme.

Dass diese Prognose begründeten Anlass hatte, belegte die Tatsache, dass der Angeklagte die beschuldigten Straftaten im Bahnhof Rosenheim – mit einer Flasche Wodka intus – nur drei Tage nach seiner letzten Verurteilung begangen hatte.

Der Staatsanwalt beklagte genau dies auch in seinem Schlussvortrag. Die unglaubliche Rückfallgeschwindigkeit lasse es nicht zu, dass hier über eine Bewährungsstrafe gesprochen werden könne. Er beantragte eine Haftstrafe von 22 Monaten und die Einweisung in eine geschlossene Therapie, weil nur so dem Treiben des Angeklagten ein Ende bereitet werden könne.

Die Verteidigerin, Rechtsanwältin Adelheid Rupp, versuchte erst gar nicht, die prekäre Situation ihres Mandanten zu beschönigen. Sie erwartete auch kein „mildes“, aber ein gerechtes Urteil, in dem ihr Mandant in den Genuss einer wirksamen Therapie kommen möge.

Angeklagten für schuldig erklärt

Das Rosenheimer Amtsgericht unter dem Vorsitz von Richter Dirk Dombrowski erklärte den Angeklagten in allen Belangen für schuldig und entsprach den Anträgen des Staatsanwaltes.

Sollte der Angeklagte letztendlich ausgewiesen werden, so sei zu hoffen, dass er als „trockener Alkoholiker“ in seine Heimat zurückkehren möge.

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