Hat sich auf polynesische Motive spezialisiert: Tätowiererin Manu, die einem Kunden gerade ein Tattoo sticht.
Viel los bei den 9. Oberbairisch-Internationalen Tattoo- und Körperkunsttagen
Bilder, die unter die Haut gehen
Rosenheim – Die Zeiten, in denen Bilder unter der Haut hauptsächlich mit Sträflingen oder Matrosen in Verbindung gebracht wurden, sind längst vorbei. Laut Statistik trägt bereits jeder vierte Deutsche ein Tattoo. Die Kunden werden immer älter, wie ein Gang durch die Tattoo-Tage in Rosenheim am gestrigen Sonntag zeigte.
Spontan unter
die Nadel
Rund 120 Tätowierer trafen sich bei der zweitägigen Veranstaltung in der Inntalhalle. Die meisten kamen aus Deutschland und Österreich, einige aber auch aus Ungarn, Italien, Spanien und der Tschechoslowakei. Der Andrang war an beiden Tagen groß, denn neben den Ausstellern kamen auch viele Tattoo-Fans, die sich geplant oder spontan unter die Nadel legten.
Veranstalter war der Rohrdorfer Florian Sennhenn. Auch den Körper des 37-jährigen zieren bereits zahlreiche Tätowierungen als „Ausdruck seiner Individualität“, wie er sagt. Dass er diese Entscheidung später einmal bereuen wird, glaubt er nicht. „Da hat man im Alter noch was zu erzählen“, schmunzelt Sennhenn. Doch auch wenn er zu seinen Tätowierungen steht, würde er seiner Frau und seinen drei Kindern immer davon abraten. „Man braucht dafür Stärke“, meint er. Denn nach wie vor käme diese Art der Körperkunst nicht bei allen Schichten der Gesellschaft gleichermaßen gut an: „Ich habe schon erlebt, wie mich Leute am Strand stundenlang beobachtet haben“.
Die 28-jährige Sabine aus Innsbruck hat sich ihr erstes Tattoo vor neun Jahren stechen lassen. Seitdem werden es ständig mehr. Von Sucht will sie aber nicht sprechen. Vielmehr zeichne sie mit den Tätowierungen ihren Lebensweg nach. Auch sie kann sich nicht vorstellen, dass sie eines der Bilder auf ihrem Körper irgendwann einmal bereuen wird. „Jedes Motiv habe ich genau geplant. Spontan würde ich mich nie unter die Nadel legen“, sagt sie.
In diesem Jahr waren unter den Besuchern auffallend viele ältere Semester: Eine 75-jährige Oberaudorferin ließ sich auf ihr linkes Handgelenk in lateinischer Sprache den Schriftzug „Alles hat seine Zeit“ verewigen. Nicht ihr erstes Tattoo. Vor zwei Jahren hat sie sich bereits in ihr anderes Handgelenk die Namen ihrer Enkelkinder stechen lassen. „Beide Tattoos habe ich mir zum Geburtstag geschenkt“, erzählt sie stolz. Sie finde Tätowierungen einfach schön, außerdem „finden meine Enkel cool, dass die Oma so etwas macht“.
Wie alles, sind auch Tätowierungen der Mode unterworfen. „Tribals und Traumfänger hängen mir schon zum Hals raus“, meint ein Tätowierer, sein Kollege am Nachbartisch ergänzt: „Arschgeweihe sind noch schlimmer. Die steche ich auch nicht mehr“.
Tätowiererin Manu hat sich auf polynesische Motive spezialisiert. „Weil meine eigenen Wurzeln in Polynesien legen“, erklärt sie. Jeden Kundenwunsch erfüllt auch sie nicht: „Wenn Kunden mit einem Ausdruck aus dem Internet kommen, lehne ich ab. Erstens kopiere ich kein Motiv eines anderen Künstlers, zweitens erzählt jedes polynesische Motiv eine eigene Geschichte und die muss zum Träger passen.“
„dotwork“
liegt im Trend
Aktuell im Trend sind nach Auskunft der Tätowierer vor allem realistische Darstellungen und „dotwork“ – diese Technik basiert auf der Verwendung von Punkten.
Billig ist das Tätowieren nicht. „Das ist schon Luxus“, weiß Florian Sennhenn. Seine Kunstwerke auf der Haut haben ihn so viel Geld gekostet, wie ein Kleinwagen. Gut angelegt, meint er, denn: „Damit hat man etwas für das ganze Leben.“