Das Wohl des Kindes im Auge: Projektleiterin Renate Plesch (links) und Umgangsbegleiterin Anschi Peters in den Räumen des Besuchscafés. Foto Schlecker
Das Besuchscafé des Kinderschutzbundes in Rosenheim ist im 14-tägigen Rhythmus immer an den Samstagen in ungeraden Kalenderwochen geöffnet – von 12 bis 18 Uhr, auch in den Ferien und an Feiertagen. Eine Anmeldung, bei der auch der organisatorische Rahmen besprochen wird, ist notwendig: Telefon 08031/ 12929, 0170/3711773, r.plesch@kindesrchutzbund-rosenheim.de.
„Ihr trennt Euch nicht von mir“
Rosenheim – Zögerlich betritt der Vierjährige an der Hand seiner Mama den Raum an der Färberstraße. Der Papa, den er seit der Trennung der Eltern vor zwei Monaten nicht mehr gesehen hat, wartet schon. Dem Vater ist die Anspannung anzumerken: Nervös rutscht er auf seinem Stuhl herum. Wird es ihm gelingen, wieder einen Kontakt zu seinem Sohn aufzubauen?
Die Besuchsbegleiterin des Kinderschutzbunds begrüßt die angespannt wirkende Familie freundlich, schlägt eine Tasse Kaffee vor, zeigt Puzzle und Bilderbücher, die den Bub interessieren könnten. Eine halbe Stunde später ist das Eis gebrochen: Die Mutter ist erleichtert gegangen. Vater und Sohn sind ins Spiel vertieft – sie lachen, erzählen, nähern sich behutsam wieder einander an.
So soll es sein, sagt Diplom-Sozialpädagogin Renate Plesch, Leiterin des Besuchscafés, das der Kinderschutzbund seit zwölf Jahren in Rosenheim (Färberstraße) und seit einem Jahr in Wasserburg (auf der Burg) anbietet. Hier finden Eltern aus Stadt und Landkreis Rosenheim nach der Trennung einen neutralen Raum, in dem der Kontakt des Kindes zum getrennt lebenden Elternteil wieder aufgebaut werden kann – mit fachlicher Unterstützung durch den Kinderschutzbund. „Unsere Umgangsbegleiterinnen übernehmen die Rolle einer Art Gastgeberin“, erläutert Plesch. Das heißt: Die Fachkräfte sind präsent, unterbreiten auch einmal einen Vorschlag, unterstützen bei Fragen, greifen ein, wenn eine Auseinandersetzung der Eltern vor dem Kind droht. Das geschieht im Besuchscafé jedoch eher selten, was auch an der Atmosphäre liegt: Zwei Zimmer mit Regalen voller Spielzeug, gemütliche Sitzecken, Teestube, Bällebad.
Bis zu zehn Familien treffen sich in Rosenheim alle zwei Wochen – um einen Neuanfang zu schaffen für eine Normalisierung des Verhältnisses. „Mütter sehen, dass sich die Väter – anders als vermutet – doch für das Kind interessieren. Kommen sie regelmäßig, wächst das Vertrauen“, berichtet Plesch. Manchmal dauert es viele Jahre, bis sich der Umgang normalisiert, manchmal reichen ein bis zwei Treffen im Besuchscafé aus, um eine neue Basis für eine Umgangsregelung zu finden.
„Wir wollen Familien durchhelfen durch die schwierige Zeit der Trennung“, sagt Plesch. Im Mittelpunkt stehe das Wohl des schwächsten Gliedes in der sich auflösenden Familie. „Ihr könnt Euch trennen, aber nicht von mir“, formuliert das Besuchscafé und übernimmt damit bewusst die Position des Kindes.
Der regelmäßige Kontakt zum getrennt lebenden Elternteil ist wichtig. Denn Kinder wollen sich nicht entscheiden, benötigen für die Entwicklung ihrer Persönlichkeit die Bestätigung, Mama und Papa gleichermaßen wichtig zu sein, betont Plesch. Manchmal sind diese jedoch so zerstritten oder ist so viel vorgefallen, dass es unmöglich scheint, den Umgang einvernehmlich zu regeln. Typische Beispiele: Vater oder Mutter, die sich lange nicht gekümmert haben und plötzlich doch wieder Kontakt wünschen. Eltern, die sich nach der Trennung auch räumlich sehr weit auseinander gelebt haben und sich nach langer Anreise mit Sohn oder Tochter nicht im unpersönlichen Gastraum einer Fastfood-Kette oder im Winter bei Kälte und Regen auf einem Spielplatz treffen wollen. Oder Pflegekinder, die im Besuchscafé einen neutralen Rahmen für eine Zusammenkunft mit ihren Herkunftsfamilien finden.
Im optimalen Fall verlaufen die Treffen so, dass ein Wiedersehen vereinbart wird. Und sich zerstrittene Erwachsene in einem Punkt einig sind: „Unserem Kind soll es gut gehen, es wird von keinem Elternteil getrennt.“