Das Wunder von Angkor

von Redaktion

Aus einem Jungen, der auf der Straße lebt, wird ein top ausgebildeter Tourismusmanager: Dies ist kein Märchen, sondern wirklich geschehen – und war die Initialzündung für ein Entwicklungshilfeprojekt in Kambodscha, das jetzt der Rotary-Club Rosenheim-Innstadt fördert.

Rosenheim/Prien – 2004 lernten sie sich kennen: der Student Andreas Dorner aus Prien und Samnang Chhon aus Kambodscha, zu diesem Zeitpunkt „etwa“ 16 Jahre alt, denn sein Geburtsdatum kannte der Straßenjunge nicht. Auf seinem Motorbike fuhr er Dorner und dessen Freundin und heutige Ehefrau zu den Sehenswürdigkeiten des thailändischen Landes.

Die Begegnung veränderte das Leben des Paares aus Prien: Es entschloss sich spontan, die Kosten für Samnangs Schulausbildung zu übernehmen. Über Jahre hinweg förderten die Dorners den Ausbildungsweg des jungen Mann – mit Erfolg: Denn Samnang kann heute, 14 Jahre später, als einer der ersten exzellent ausgebildeten Tourismus-Manager in Kambodscha seine Familie gut ernähren.

Das Wunder, das ihm widerfahren ist, wollte er 2009 weiteren Menschen aus seinem Dorf in der Nähe der weltberühmten Tempelanlage Angkor Wat zugutekommen lassen. Samnang gründete selber eine Schule, in der Einheimische Englisch und Computerkenntnisse erlernen. In den vergangenen Jahren ist aus der kleinen Einrichtung, die anfangs unter einem Dach aus Bananenblättern unterrichtete, eine richtige Schule für 180 Kinder und Jugendliche geworden – mit eigener Strom- und Trinkwasserversorgung. Möglich gemacht haben dies wiederum auch die Dorners, die für ihr Entwicklungshilfeprojekt den Verein „Angkor Kids Center“ gründeten. Darin engagiert sich eine Handvoll Freunde und Verwandte finanziell, ideell und auch tatkräftig für eine bessere Bildung in Kambodscha. „Ein Herzensprojekt für uns alle“, sagt Dorner.

Wenn Menschen sich begegnen, können Wunder geschehen, ist der 37-Jährige überzeugt. Und sieht sich durch eine weitere Begegnung bestätigt: Geschäftlich lernte Dorner Thomas Wüstefeld (61) kennen, zuständig für die Bildungsprojekte des Rotary-Clubs Rosenheim-Innstadt. Dabei kam auch Dorners Projekt, das „Angkor Kids Center“, zur Sprache. Wüstefeld war beeindruckt vom Engagement der Vereinsmitglieder – und nach einem Live-Gespräch über Skype mit Samnang überzeugt: „Das ist echte Hilfe zur Selbsthilfe.“ So sieht es auch Club-Präsident Helmut Cybulska (63). Mit 5000 Euro unterstützt deshalb der Rotary-Club Rosenheim-Innstadt die Schule, 2500 Euro kommen zusätzlich vom regionalen Rotary-Distrikt. Mit diesem Geld können nach Angaben von Dorner zwei Vollzeitstellen für gut ausgebildete Lehrer für ein Jahr bezahlt werden.

„Bildung ist der Schlüssel zum Lebenserfolg“, sind Cybulska und Wüstefeld überzeugt. Deshalb fördern sie über ihren Club nicht nur lokal und regional Bildungsprojekte, sondern auch international – wenn gesichert ist, dass das Geld zu hundert Prozent ankommt und in nachhaltige Vorhaben fließt. So wie in Kambodscha, wo die Kinder lernen, Englisch zu sprechen und einen Computer zu bedienen – als Basis für einen Beruf in der hier boomenden Tourismusbranche.

Gäste wie die Dorners, die sich nicht nur für die Sehenswürdigkeiten, sondern auch für die Menschen und ihre Lebensbedingungen interessieren, kommen zwar selten. Doch manchmal gibt es auch jene Touristen, die hinter die Kulissen des exotischen Kambodschas schauen wollen – eines der ärmsten Länder der Welt, das, so die Überzeugung des Rotary-Clubs, sich nur über die Bildung von den nach wie vor spürbaren Folgen des Bürgerkriegs befreien kann.

Artikel 5 von 11