Ovb-Serie In alten Zeitungsbänden geblättert – Vor 100 Jahren: Brückenarbeiten
Gut Wetter auf der Baustelle
Rosenheim – Ein Blick zurück in die Vergangenheit sagt viel über die Entwicklung einer Stadt und die Sichtweise früherer Generationen. Vieles wiederholt sich auch in verblüffender Weise. Wir haben deshalb in alten Zeitungsbänden geblättert und präsentieren in unregelmäßigen Abständen die interessantesten Dinge aus bestimmten Jahren. Heute geht es um die Zeit vom 25. Februar bis 11. März.
„Herr Assessor Dr. Schuster gibt im Auftrage des revolutionären Zentralrates bekannt, daß die im Bezirk erfolgten Amtsentsetzungen zu Unrecht erfolgt sind und mit sofortiger Wirksamkeit aufgehoben werden.“ Wie schwierig und unübersichtlich die Lage war, zeigt eine Meldung vom nächsten Tag: „Der Vorsitzende des Garnisonrates Rosenheim, Hagl, sendet uns nachstehende Mitteilung: ,Die gestrige Notiz über die Wiedereinsetzung der hiesigen Amtsspitzen in ihre seitherigen Aemter entspricht insofern nicht den Tatsachen, als Bürgermeister Wüst durch das zurzeit gültige revolutionäre Recht seines Amtes entsetzt wurde und bleibt.‘ Wiederum am nächsten Tag heißt es: ,Darüber sind sich Bürgerschaft und Volks- und Soldatenrat einig, daß über die Amtsenthebungen das letzte Wort noch nicht gesprochen ist.‘“
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„Die Bautätigkeit in Rosenheim. Mit dem milderen Wetter hat in unserer Stadt auch eine Neubelegung der Bautätigkeit eingesetzt. Die Stadt hat nunmehr auch die Neuherstellung der Mühlbachüberbrückung (Ecke Stoll- und Prinzregentenstraße) in Angriff genommen.“
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„Im Zeichen der Wohnungsnot. Während früher der Hausbesitzer seine leerstehenden Wohnungen mit Plakaten und Schildern in großem Lettern anpries, findet man heute an einem Hause im Mittelpunkte der Stadt folgende Anschrift: ,In diesem Hause ist keine Wohnung zu vermieten!‘“
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„Heimkehr von Internierten. Gestern nachmittag brachte ein Zug aus Innsbruck ca. 800 Kriegs- und Zivilgefangene, die seit dem Waffenstillstand in Konstantinopel interniert waren. Der Transport soll seit vier Wochen unterwegs sein. Die Reise ging anfänglich per Schiff nach Triest, mußte jedoch der Unruhen dortselbst wegen nach Venedig geführt werden. 200 Gefangene blieben in Innsbruck zurück, 800 fuhren weiter.“
„Oberbürgermeister Dr. Steinbeißer teilte im Verkehrsausschuß des Stadtrats mit, daß der Bau der Verbindungsstraße nach Happing nun zum Tragen kommt. Die Bundesmittel für dieses Acht- bis Neun-Millionen-Projekt werden noch heuer eingeplant. Die Verbindungsstraße führt von der neu zu bauenden Einführung der B15 in die Rathausstraße (Nähe Eisstadion) über das Gelände der ehemaligen Stadtgärtnerei, überbrückt das Salzburger und Kufsteiner Gleis und mündet in einem weit ausholenden Bogen in die Zubringerstraße beim „Kalten Ecke“ ein.
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„Inserat: „Im März im Arkaden. Die intern. bekannte Damen-Show-Band Sweet Cats tanzen, singen und spielen nicht nur für junge Leute. Sweet Cats sind attraktiv – und alle ledig. Ist das nicht einen Besuch wert?
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„Die Einfahrt von der Klepperstraße in die Kufsteiner Straße ist in den Hauptverkehrszeiten nur nach langem Warten möglich. In der letzten Sitzung des Verkehrsausschusses des Stadtrats wurde daher von der Verwaltung eine Verkehrsregelung durch eine Signalanlage dringend vorgeschlagen. Es wurde die Aufstellung einer sogenannten Anforderungsampel erörtert. Wie dazu Oberrechtsrat Dr. Feichtinger ausführte, löst das von der Klepperstraße kommende Auto einen Impuls aus. Dadurch wird nach entsprechender Zwischenzeit das Licht der Ampel umgeschaltet.“
„Die neue Grundschule in der Erlenau wird voraussichtlich elf bis zwölf Millionen Mark kosten und zum Schuljahresbeginn 1996 fertig sein. Parallel dazu wird im ersten Abschnitt ein Hort für rund drei Millionen Mark errichtet.“
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„Nun steht es fest: Die Müllgebühren steigen um rund 33 Prozent. Mit dem Beschluß des Stadtrats gegen 15 Stimmen wurde der Schlußpunkt hinter eine langwierige Diskussion gesetzt.“
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„Rund drei Prozent der Biotope, die 1981 in Rosenheim kartiert wurden, sind inzwischen ganz verschwunden. Das klingt noch nicht alarmierend. Grund zur Sorge gibt jedoch, daß 60 Prozent der Biotop-Flächen sich stark verändert haben und darüber hinaus 90 Prozent der nach dem Bayerischen Naturschutzgesetz als ökologisch besonders wertvoll eingestuften Flächen stark beeinträchtigt sind. Festgestellt hat dies die Biologin Bettina Bobe im Rahmen einer zweijährigen Forschung. Von einem Kommen und Gehen solcher Lebensräume für verschiedene Artengemeinschaften könne nicht mehr die Rede sein, ,nur noch vom Gehen‘, sagte sie gestern abend im Umweltausschuß. Immer seltener stieß Grobe auf Pflanzen, die auf der roten Liste der gefährdeten Arten stehen – ein alarmierendes Signal. ,Uferrandstreifen, Extensivierung der Landwirtschaft, Pflegemaßnahmen, Ausgleichsflächen schaffen‘, lautet ihr Ratschlag.“
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„Die Stadtbücherei soll am Salzstadel eine neue Heimat bekommen. Weil das Geld für den geplanten Neubau zur Zeit nicht da ist, soll das Pferd von hinten aufgezäumt, aus dem ursprünglich zweiten Bauabschnitt im Haus der Flötzingerbrauerei der erste werden.“
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„Wie erwartet, stimmte gestern abend eine Mehrheit im Bau- und Verkehrsausschuß dafür, die Voraussetzungen für ein Planfeststellungsverfahren für Panorama-Schwaig zu schaffen. Die Stadt muß dafür rund 50000 Mark ausgeben. Vier bis zehn Jahre, schätzte Oberbürgermeister Dr. Michael Stöcker, würden auf jeden Fall vergehen, bevor der erste Spatenstich getan werden könnte. Er selbst, von SPD-Stadtrat Kurt Müller auf eine eindeutige Aussage festgenagelt, erklärte: ,Ich bin kein Freund von Straßen. Straßenneubauten sind nicht die Lösungen für unsere Verkehrsprobleme.‘“