von Redaktion

Ovb-Serie In alten Zeitungsbänden geblättert – Vor 50 Jahren: Ehre für Siegfried

Krönung der Zaubererkarriere

Rosenheim – Ein Blick zurück in die Vergangenheit sagt viel über die Entwicklung einer Stadt und die Sichtweise früherer Generationen. Vieles wiederholt sich auch in verblüffender Weise. Wir haben deshalb in alten Zeitungsbänden geblättert und präsentieren in unregelmäßigen Abständen die interessantesten Dinge aus bestimmten Jahren. Heute geht es um die Zeit vom 11. bis 24. März.

In der Sitzung des Rosenheimer Volks- und Soldatenrates am 12. März geht es drunter und drüber. Niemand weiß so recht, wer zu dieser Zeit das Sagen hat: „Über die Auflösung des Soldatenrates und der Stadtkommandantur entspann sich eine sehr lebhafte Debatte. Manchmal ergaben sich sehr unparlamentarische Szenen. D.-R. Berger protestiert gegen die Auflösung des Soldatenrates durch den Volksrat. Die revolutionären Räte Kopp und Kaiser hätten das Recht, weiter mitzuarbeiten, selbst wenn die Formation, die sie vertreten, aufgelöst ist.“

Zwei Delegierte sollten nach München fahren und Aufschluss darüber einholen, ob der bestehende Arbeiter- und Soldatenrat noch bestimmte Befugnisse hat. Am 14. März heißt es: „Das Ministerium für militärische Angelegenheiten hat verfügt, daß die in der letzten Volksratssitzung zur Auflösung gelangte Stadtkommandantur weiterzubestehen hat. Sie ist wieder durch den Volksrat Heinrich Geistaller zu besetzen.“

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Ein Seufzer aus der Redaktion: „Man wird nicht behaupten können, daß es zur Zeit hier langweilig ist. Ganz im Gegenteil – jeder Tag bringt eine neue ,Sensation‘.“ Der Korpsoldatenrat und das Generalkommando hatten die Auflösung des Rosenheimer Garnisionsrates verfügt, der Landessoldatenrat München diesen Erlass jedoch für null und nichtig erklärt und verfügt, dass der durch den Zentralrat wieder zum Amt und Würden erhobene Stadtkommandat Geistaller abzusetzen und dieser Posten durch den revolutionären Rat Kopp einzunehmen sei.

Kommunisten und Linksgerichtete als Teilnehmer einer Versammlung im „Saubräusaal“ (heute „Hans im Glück“, Anmerkung der Redaktion) fassten einen Beschluss in diesem Sinne. „Gleich in der Nacht wurde zur Ausführung geschritten. Schwer bewaffnetes Militär verhaftete Geistaller vom Bett weg. Im Hotel Gillitzer, wo Kopp neuerdings sein Zelt aufgeschlagen hat, wurden die dort wohnenden Offiziere aus den Betten geholt und ihnen unter Abnahme des Ehrenwortes eröffnet, daß sie bis zum kommenden Mittag Rosenheim nicht verlassen und nichts gegen die folgenden Ereignisse unternehmen dürfen. Am Morgen wurde Geistaller dann wieder auf freien Fuß gesetzt. Als der stellvertretende Bürgermeister Göpfert am Sonntag den Frühzug nach München benutzen wollte, um zum Kongreß der Oberbayerischen Volks- und Soldatenräte zu fahren, wurde er am Bahnhof ebenfalls für verhaftet erklärt. Später erfolgte dann seine Freilassung. Hofrat Wüst und Rechtsrat Wander blieben nach Maßgabe der Arbeiterräte Bayerns zunächst ihrer Ämter enthoben. Bis zur endgültigen Ordnung der Geschäfte der Stadtgremien Rosenheims soll Stellvertreter Karl Göpfert die Geschäfte der Stadtgemeinde führen.“

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„Neubelebung des Fußballsportes. Gestern fand im „Goldenen Hirschen“ eine Zusammenkunft der Interessenten des Fußballsportes statt. Es wurde beschlossen, beim Turnverein Rosenheim 1860 eine Fußballriege zu gründen. Die Mitglieder treten dem Verein als aktive Mitglieder bei. Näherer Entwurf über Leitung, Platz und Beschaffung des Geräts wird dem Verein bei der nächsten Generalversammlung vorgelegt. Es ist sehr erfreulich, daß auch in Rosenheim auf dem Gebiete des Rasensportes etwas geleistet werden soll.“

„Die Krönung der internationalen Karriere als Illusionist (Zauberkünstler) ist für Siegfried Fischbacher, den gebürtigen Rosenheimer, der Gewinn des ,Oscar mondial de la magie‘. Diese höchste Auszeichnung wurde ihm anläßlich des von 3000 Zauberern besuchten Kongresses der Magier im Pariser Olympia-Theater verliehen. Sein Trick – die Verwandlung eines Menschen in ein Raubtier – war die große Sensation. Den Welterfolg zeigte Siegfried Fischbacher inzwischen in Gegenwart so berühmter Stars wie Maurice Chevalier, Brigitte Bardot, Curd Jürgens und Liz Taylor im Lido in Paris, wo er für die Gala-Revue bis Oktober engagiert ist. Maurice Chevalier beglückwünschte den Rosenheimer, der zusammen mit seinem Partner als ,Siegfried und Roy‘ auftritt, mit den Worten: ,Vor Ihnen nehme ich sogar meinen Chapeau ab.‘“

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„Morgen, am Josefitag, sind die Einzelhandelsgeschäfte wie an jedem Werktag geöffnet. Das Bayerische Staatsministerium des Innern hat dem Landesverband des Bayerischen Einzelhandelsverbandes versichert, daß die Einzelhandelsgeschäfte (obwohl die Gesetzesänderung bis zum 19. März noch nicht erfolgt ist) bereits an diesem bisher halben Feiertag erstmalig durchgehend wie an jedem Werktag geöffnet sein dürfen.“

„Die Gegner des Ausbaus der Kufsteiner Straße formieren sich. ,In der Stadtmitte werden verkehrsberuhigte Zonen geschaffen, und wir hier draußen haben den ganzen Verkehr und sollen jetzt auch noch Grund abtreten für die Verbreiterung der Straße‘, beklagten sich Anlieger in einer Versammlung in den ,Mangfall-Stuben‘. In den nächsten Tagen wird eine entsprechende Resolution mit ihren Unterschriften im Rathaus eingehen. CSU-Stadtrat Franz Baumann versuchte, in der Versammlung die Gemüter zu beruhigen: ,Gegen den Willen der Anlieger geschieht nichts.‘“

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„Verschiedene Verbände und Gruppen haben sich im Februar zu einer Aktionsgemeinschaft gegen den
Bau der Trasse Panorama-Schwaig zusammengeschlossen. Gestern Nachmittag organisierte diese Gemeinschaft zusammen mit Eltern im Evangelisch-Lutherischen Kindergarten in der Aisingerwies ein Pressegespräch. Viele Mütter und Väter sowie Kindergartenleiterin Dagmar Heinz machten dabei ihrem Ärger über die geplante Straße Luft.“re

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