Zehn Monate für zwei Zigaretten

von Redaktion

Jugendschöffengericht: Bewährung für 20-Jährigen mit „hoher krimineller Energie“

Rosenheim – Das Jugendschöffengericht Rosenheim verurteilte jetzt einen 20-jährigen Somalier wegen vorsätzlicher Körperverletzung in Tateinheit mit räuberischem Diebstahl in besonders schwerem Fall zu einer Jugendstrafe von zehn Monaten auf Bewährung.

Geringe Beute aber hohe kriminelle Energie – wegen zwei Zigaretten und zwei Kästen Bier hat sich der Asylbewerber mächtig Ärger eingehandelt. Denn die Vorahndung vom Oktober wegen eines Betäubungsmitteldelikts floss mit ins Strafmaß ein. Nun musste sich der Bewohner einer Gemeinschaftsunterkunft in Schonstett erneut vor dem Jugendschöffengericht verantworten.

Mitte August war er vor einem Rosenheimer Schnellimbissrestaurant mit einem anderen Gast aneinander geraten. Laut Anklage und Zeugenangaben hat er nach einer verbalen Auseinandersetzung die Zigarettenschachtel seines Kontrahenten entwendet und trotz dessen Widerspruchs nicht wieder herausgerückt. Den Versuch des rechtmäßigen Eigentümers, nach der Schachtel zu greifen, soll er mit einem Schlag gegen dessen linken Handgelenk quittiert haben. Anschließend fuhr er seinem Fahrrad und insgesamt zwei erbeuteten Zigaretten davon.

Die folgende Festnahme ließ er sich offensichtlich nicht als Warnung dienen, denn nur wenige Tage später geriet er erneut mit dem Gesetz in Konflikt. In den frühen Morgenstunden und erneut deutlich alkoholisiert, drang er mit einem Freund in ein gesichertes Lager eines Getränkemarkts ein.

Um an die Ware zu kommen, brannten die beiden Männer mit einem Feuerzeug die Kabelbinder zwischen den Absperrgittern des Freilagers durch und entwendeten anschließend zwei volle Kästen Bier. Diesen Tatvorwurf räumte der Angeklagte ein, auch wenn er die Schuld eher bei seinem Begleiter gesehen haben wollte. Punkt eins der Anklage hatte er widersprochen. Für den Vertreter der Staatsanwaltschaft war der Tatnachweis dennoch erbracht.

Er sah „deutliche schädliche Neigungen“ beim Angeklagten und forderte deshalb eine Einheitsjugendstrafe von einem Jahr und vier Monaten, die nicht zur Bewährung ausgesetzt werden könne. Der Angeklagte habe sich gewaltsam Dinge angeeignet und dabei keinerlei Rücksicht auf die Gegenwehr des Besitzers oder Absperrungen genommen. Ein tieferer erzieherischen Eingriff sei deshalb notwendig.

Verteidigerin Gabriele Sachse sah dagegen einen minderschweren Fall, denn es habe sich aus ihrer Sicht, nur um eine leichte Gewaltanwendung und einen geringen Schaden gehandelt. Zudem sei ihr Mandant alkoholbedingt enthemmt gewesen. Sie forderte Beratungsgespräche bei der Suchtberatung und eine Arbeitsauflage, deren Höhe sie ins Ermessen des Gerichts stellte.

Richterin Verena Köstner und die beiden Schöffen wollten dagegen schädliche Neigungen nicht ausschließen. Dennoch bleiben sie unter dem Antrag der Anklagevertretung. „Die Beute war gering und eine alkoholbedingte Enthemmung ist nicht auszuschließen“, hieß es in der Urteilsbegründung.

Richterin sieht

„wenig Einsicht“

Fakt sei aber auch, dass der Angeklagte offensichtlich vor nichts Respekt habe. Er hole sich Alkohol und Zigaretten, weil es ihm gerade danach sei. Dabei habe er sich von Absperrungen und Gegenwehr nicht abhalten lassen. Für zwei Zigaretten oder 60 Cent sei er bereit gewesen, Gewalt anzuwenden. Der Angeklagte habe sich nach Einschätzung der Richterin wenig einsichtig gezeigt und sich nur zu einer geschönten Einlassung durchringen können.

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