Angst vor der Konkurrenz

von Redaktion

Neue Regeln zur Personenbeförderung: Taxifahrer fürchten um finanzielle Existenz

Rosenheim – Während die Taxifahrer heute in München streiken, werden viele ihrer Kollegen in Rosenheim durch die Straßen fahren wie an jedem anderen Mittwoch auch. Mit ihren Gedanken aber werden sie bei den Streikenden sein. Denn mit ihnen verbindet sie die Enttäuschung über die jüngsten Pläne aus dem Bundesverkehrsministerium. Und die Sorge um die finanzielle Existenz.

Streik in München,

Sorge in Rosenheim

Was die Taxifahrer in der Landeshauptstadt, aber auch in Städten wie Augsburg, Regensburg und Nürnberg auf die Straße treibt, ist die geplante Novellierung des Personenbeförderungsgesetzes (PBefG) – und dabei insbesondere die sogenannte Rückkehrpflicht. Sie regelt, dass Mietwagen, die Fahrgäste transportieren, anders als Taxis, zur Zentrale zurückkehren müssen. Und erst dann wieder neue Fahrgäste aufnehmen dürfen. Diese Regelung will Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) nun kippen, unter anderem mit der Begründung, dass der ländliche Raum von einer Öffnung des Marktes profitiere. Kann sich Scheuer durchsetzen, könnten auch Mietwagen-Anbieter unterwegs Fahrgäste aufnehmen und zu ihrem Ziel bringen. Selbst wenn die Zahl der Fahrgäste für sie begrenzt würde, entstünde eine Konkurrenz für das TaxiGewerbe und den Öffentlichen Personen-Nahverkehr, (ÖPNV) fürchten Kritiker. Zu ihnen gehört der Deutsche Taxi- und Mietwagenverband. Er weist darauf hin, dass Taxis Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge sind, daher jeden zu jeder Zeit mitnehmen müssen. Mietwagen müssen das nicht. Würden die Kategorien „Taxi“ und „Mietwagen“ aufgehoben, nimmt die Konkurrenz für die Taxler zu.

Einer, der um seine Existenz fürchtet, ist Sefer Venedikoglu. Seit zwölf Jahren ist er Vorsitzender der genossenschaftlich organisierten Funktaxi-Zentrale „Edelweiß“ in Rosenheim. Gegründet 1968, werden heute 27 Taxen vermittelt. Rund 60 Fahrer sind im Einsatz. Sie alle blicken mit Sorge auf die Pläne in Berlin. „Die Rückkehrpflicht war bisher eine Bremse für die Mietwagen-Anbieter“, sagt Venedikoglu. Und: „Sie war ein Schutz für die Taxifahrer. Wenn die Rückkehrpflicht wegfällt, dann frage ich mich, warum jemand überhaupt noch ein Taxi-Unternehmen betreiben soll.“

Heute die Autos in der Garage zu lassen, das ist für die Fahrer von „Edelweiß“ trotzdem nicht möglich. Denn sie bestreiten einen Großteil ihres Geschäfts über Krankenfahrten. Die Patienten, die etwa eine Dialyse oder Bestrahlung bräuchten, könne man nicht hängen lassen, sagt Venedikoglu. Dass aber die Kollegen in München nicht fahren und zudem vor der Staatskanzlei demonstrieren wollen gegen die Öffnung des Taximarktes – dafür hat er „vollstes Verständnis“.

Auch Sonja Neumayr, Inhaberin von „Taxi Neumayr“ in Rosenheim, hält viel vom organisierten Protest. Sie blickt ebenfalls mit Sorge auf die Entwicklung. In Rosenheim sei das Geschäft „schon ziemlich kaputt“, sagt sie. Es gebe viele, die schwarz ihre Transportdienste anböten. Und wenn erst Fahrdienstvermittler wie „Uber“ über München hinaus zugelassen würden, verschärfe sich die Situation weiter.

Krankentransporte

retten das Geschäft

Für Neumayr sind vier Taxis und sechs Mietwagen im Einsatz. Auch sie übernehmen überwiegend Krankentransporte. Diese Fahrten machen 85 Prozent ihres Umsatzes aus. Finanziell seien sie mit dem gängigen Transport von Fahrgästen gleichzusetzen. Allerdings sei es schwierig, Verträge mit Krankenkassen und Kliniken abzuschließen. Wem es gelingt, hat Glück. Wer keine Krankenfahrten anbieten könne, habe besonders zu kämpfen, sagt sie.

In Rosenheim gibt es insgesamt 46 Genehmigungen „zur Ausübung des Taxenverkehrs“, teilt die Stadt mit. Sie vergibt nicht nur die Genehmigungen, sie legt auch die Höhe des Beförderungsentgeltes fest, per Beschluss im Stadtrat. Zur geplanten Novelle und möglichen Folgen nimmt die Stadt nicht Stellung, verweist auf den Deutschen Städtetag als ihren Interessensvertreter. Der hatte sich bereits im vergangenen Jahr zu möglichen Änderungen auf dem Markt geäußert. Grundsätzlich neue Chancen, etwa aufgrund der Digitalisierung im ÖPNV, gesehen, aber zugleich darauf hingewiesen, dass neue Angebote vier Jahre lang geprüft werden müssten, ehe man das PBefG ändere. Außerdem mache die Trennung der Kategorien Taxi und Mietwagen nach wie vor Sinn.

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