Zum Bericht „Hier entsteht ein neues Stadtviertel“ im Lokalteil
Wer am 30./31. März und am 2. Mai das OVB aufschlug, wähnte sich in die Zeit von OB Steinbeißer zurückversetzt. Da grüßte den Leser ein über 40 Meter hoher einfallsloser Hochhausklotz, der am Brückenberg errichtet werden soll. Auch damals, in den Sechziger- und Siebzigerjahren, war der Mehrheit der Stadtverantwortlichen der Sinn für Maßstäblichkeit und gesunde städtebauliche Entwicklung verloren gegangen. Die Folge war ein Aufstand der Bürger. Sie gründeten 1971 das „Rosenheimer Forum für Städtebau und Umweltfragen“. In Veranstaltungen, Leserbriefen und Bürgerbeteiligungen gestaltete die Bevölkerung die Entwicklung der Stadt und des Umlandes mit. Auch die Verwirklichung einer Landesgartenschau gelang im Verbund mit der „Agenda 21“ nach anfänglichem Widerstand von OB, Stadtverwaltung und der Stadtratsmehrheit. Das Forum war kein Club von Neinsagern und Bauverhinderern, wie immer wieder unterstellt wurde. Ihm geht es bis heute um die verantwortliche Mitwirkung der Bürger an einer zukunftsfähigen Stadtentwicklung.
Den Bausünden von damals, die das Bild unserer „Stadt vor den Alpen“ bis heute belasten, wurden leider neue hinzugefügt. Eine maßvolle Stadtplanung findet nicht statt. Uns graut vor der stillosen, charakterlosen Investorenarchitektur, die geballt im Bereich vom Bahnhof Nord soeben entsteht.
Eine weitere Bausünde soll nun mit dem 40 Meter hohen Turm hinzugefügt werden. Einem auswärtigen Investor soll per Stadtratsmehrheit die Türe für dessen Wirtschaftsinteressen geöffnet werden. Ein sensibler Umgang mit dem Stadtbild und die Schaffung bezahlbaren Wohnraums scheinen nicht zu seinem Anliegen zu gehören.
Dass wir „noch“ eine liebenswerte, bayerische Stadt mit Oberzentrumsfunktion und regionalem Charme am nördlichen Beginn der Alpen sind und dies auch bleiben wollen, haben 28 Stadträte wohl zu wenig bedacht.
Für die Verwirklichung einer demokratischen Politik, die diesen Namen verdient, genügt es nicht, Mehrheitsentscheidungen herbeizuführen. Sie müssen einhergehen mit der engagierten Suche nach optimalen Lösungen unter Einbeziehung der Wünsche und Bedürfnisse der Bürger. Im vorliegenden Fall sind wesentlich intelligentere und fantasiereichere Lösungen denkbar. Wir bieten unsere Mitarbeit an.
Dr. Hans Eberle
Ludwig Gruber
Dr. Josef Heringer
Malon Veronika Köpfler
Bernhard Schellmoser
Bärbel Thum
Franz Weiland
Rosenheim