Andreas März: Der Aufbrecher

von Redaktion

CSU-Stadtrat will Oberbürgermeister werden und stellt Gewohntes auf den Prüfstand

Rosenheim – Ein Leben für die Stadt, ein „objektives“ Engagement jenseits aller parteipolitischer Grenzen. Das ist es, was Andreas März anstrebt. Der 46-Jährige will im kommenden Frühjahr Oberbürgermeisterin Gabriele Bauer (CSU) im Amt beerben. Als stellvertretender Vorsitzender des Kreisverbandes Rosenheim-Stadt und als CSU-Stadtrat ist er kein Unbekannter. Doch Überzeugungsarbeit muss auch er leisten. Selbst in der eigenen Partei. Keine leichte Aufgabe, zumal März Neues wagen und Altes bewahren möchte.

Es ein wichtiger Abend: die Kreisvertreterversammlung des CSU-Kreisverbands Rosenheim-Stadt. Andreas März übernimmt die Leitung der Versammlung, weil der Kreisvorsitzende Rosenheim-Stadt, Herbert Borrmann, krankheitsbedingt ausgefallen ist. März weiß, jetzt ist Gelegenheit, die Delegierten und Ersatzdelegierten von sich zu überzeugen. Immerhin sind sie es, die ihn als OB-Kandidat aufstellen werden.

Beim Gespräch ein paar Tage später wirkt März ruhig und gelassen. Noch läuft er unbeschwert durch die Straßen der Stadt, die bald einmal „seine“ sein soll. Dass er die mögliche Aufgabe schon im Vorfeld sehr, sehr ernst nimmt, daran lässt er keinen Zweifel, seit er sich in einer geheimen Probeabstimmung durchgesetzt hat gegen Günter Wunsam.

Taktgeber sucht

neue Wege

Seither hat März stets ein Büchlein bei sich. Es trägt den Titel „Meine Ideen und Geistesblitze als Oberbürgermeister“ und in ihm notiert er, was ihm einfällt, wenn er nachdenkt über die Stadt, ihre Menschen und die Zukunft von beidem. Ihm ist klar, dass sich vieles ändert, weil sich die Gesellschaft verändert. Weil die Jüngeren andere Überzeugungen haben als die Älteren. Weil vieles, was bisher als beständig galt, es nicht mehr ist. „Als CSU müssen wir uns angewöhnen, dass wir Althergebrachtes aufweichen“, sagt März. Er zieht die Stirn ein wenig in Falten, lässt seine Worte nachhallen. Ganz wohl ist ihm bei diesem Satz offensichtlich nicht. „Also, keinen Bruch. Aber auch kein Weiter so.“ Die CSU werde bei ihren Überzeugungen bleiben – und müsse trotzdem neue Wege denken.

Es sind durchaus steinige Wege, die auch er selbst gehen muss. Veränderung. Das gefällt nicht allen. Weder in der Fraktion, noch in der Stadt. Viel Überzeugungsarbeit wird notwendig sein, um den Menschen klar zu machen: Hier ist einer, der für die CSU steht – und zugleich spürt, dass es Zeit ist für Neues. Der Taktgeber sein möchte, auf tragfähige Kompromisse baut, aber auch auf eine klare Linie innerhalb der Fraktion.

Dabei möchte März eigentlich jede Parteipolitik am liebsten aus dem Kommunalen herauslassen. „Objektiv“ wolle er sich um die Stadt kümmern, sagt er. Ein Moment, in dem deutlich wird: März ist in seinen Gedanken schon sehr weit. Ja, es kann noch andere Kandidaten geben beim Bewerb um den Chefsessel im Rathaus. Aber damit hält er sich nicht lange auf.

Sein wichtigstes Ziel: Er will, dass junge Menschen in der Stadt gut leben können, dass sie Arbeit haben und ein bezahlbares Dach über dem Kopf. Nicht nur heute, sondern auch morgen und übermorgen. „Wenn wir den Nachwuchs verlieren, dann verlieren wir ihn für die Vereine und Institutionen“, sagt März. Dann sei das ehrenamtliche Engagement in Gefahr, das Rosenheim so lebenswert mache.

Die Frage nach

dem Sinn des Autos

Preiswerten Wohnraum zu schaffen, das ist für ihn eine Aufgabe mit Priorität. „Wir haben schon viel geschafft, aber leicht ist es nicht“, sagt er. Preiswerter Wohnraum ist in seinen Augen insbesondere eine Frage der Baukosten. Deren Kostentreiber sieht er unter anderem in den Stellplätzen. Und während die Stadträte morgen Abend im Ausschuss über eine Änderung der Stellplatzsatzung diskutieren, denkt März darüber nach, wie es eigentlich wäre, wenn ein ganzes Quartier ohne Stellplätze funktionieren könnte. Warum sollte man dann einen Bauherren zwingen, für einen Stellplatz in Innenstadtlage 12500 Euro Ablöse zu bezahlen? Heute, sagt März, sei das Auto ja auch kein Prestigeobjekt mehr. Leasen statt kaufen, benutzen statt besitzen: Das ist eine der gesellschaftlichen Entwicklungen, auf die auch die Politik reagieren muss. „Das lässt sich nicht mehr umkehren.“

Ähnlich die Situation im Einzelhandel. Die Einkaufsstadt Rosenheim hat mit zunehmendem Leerstand zu kämpfen. Die Stadt selbst könne dagegen wenig tun, findet März. Man müsse mit dem Einzelhandel gemeinsam nach Lösungen suchen. Wieder so ein Thema, auf das es keine klare Antwort, schon gar keine einfache Lösung gibt: Der Online-Handel wird bleiben. Eine Bequemlichkeit. Warum sollte sie die nächste Generation aufgeben wollen? März hat Verständnis dafür. Aber gleichzeitig leidet er. Daran, dass Traditionsgeschäfte dichtmachen, die der Stadt Profil geben. Für die auswärtige Kunden ganz bewusst nach Rosenheim kommen.

Planungsdialog

statt Planungsstopp

Vieles hat viele Aspekte. Einfache Antworten sind selten, Einfache Lösungen auch. März weiß das. Und so denkt er auch in Sachen Brenner-Nordzulauf nicht schwarz und weiß. Ja, er ist gegen das Projekt. Aber rigoros einen Planungsstopp zu fordern – das hält er für falsch. Er bevorzugt einen „Planungsdialog“, der die Chance zu Gesprächen offenlasse. Und sagt wiederum deutlich: „Wir vertragen keine Neubautrassen auf Rosenheimer Stadtgebiet.“

Der Brenner-Nordzulauf, die Stadtentwicklung, auch in Sachen ÖPNV und Bahn-Gelände Süd: Das sind Herzensthemen von März. Sie werden seinen Wahlkampf bestimmen, der zwar noch nicht offiziell begonnen hat. Für den sich März aber bereits einiges zurechtgelegt hat. Vielleicht notiert hat, in seinem Büchlein. Um mit seinen „Ideen und Geistesblitze“ das eigene Profil zu schärfen. Noch bleibt ihm Zeit, um zu überzeugen. Nicht nur die Delegierten bei der CSU-Kreisvertreterversammlung.

Artikel 1 von 11