Vom Schandfleck zum Schmuckstück

von Redaktion

Nach Kauf: Projektgesellschaft will königliches Oberbahnamt behutsam sanieren

Rosenheim – Der Vertrag ist unterzeichnet. Das königlich-bayerische Oberbahnamt samt Grundstück hat den Eigentümer gewechselt. Das alte Gemäuer am Rosenheimer Bahnhof gehört nicht länger der Stadt, die es einst von der Bahn gekauft hatte. Der Käufer, eine Projektgesellschaft, will das denkmalgeschützte Objekt zügig sanieren und beleben. Schon im Jahr 2021 soll es bezugsfertig sein.

Maximilian Reidl hat den Schlüssel für das Haus, das seit den 1990er-Jahren leer steht, bereits in der Tasche. Er ist geschäftsführender Gesellschafter der „Finmo Unternehmensgruppe“ in Rosenheim. Und jetzt auch Geschäftsführer der Projektgesellschaft „Königliches Oberbahnamt Projekt GmbH“, ebenfalls mit Sitz in der Stadt.

Der neu gegründeten Projektgesellschaft gehören außerdem zwei Architekten an. Sie stammen nicht, wie ursprünglich berichtet, aus Schechen, wohl aber aus der Region: Fabian Zimmermann mit einem Wohnsitz in Rimsting, Roland Richter aus Freilassing. Ziel der Projektgesellschaft ist es, das Gebäude denkmalschutzgerecht zu sanieren, um es im Anschluss in einzelnen Einheiten zu vermieten beziehungsweise zu verpachten. Dafür stehen rund 1200 Quadratmeter Nutzfläche zur Verfügung. Im Erdgeschoss soll Gastronomie Platz finden, in den beiden Stockwerken darüber Raum entstehen für Büros oder Praxen. Reidl will das Objekt zu einer guten Adresse umbauen, mit wohlsituierten Mietern. Für die Gastronomie, samt Biergarten, gebe es bereits Gespräche, sagt er. Der Interessent stamme ebenfalls aus der Region. Schon in den Tagen nach dem Herbstfest könnten die Dinge konkret werden.

Umbau innerhalb

von zwei Jahren

Überhaupt legt die Projektgesellschaft einiges an Tempo vor: In den nächsten Monaten schon soll die Stadt den Bauantrag erhalten, die Sanierung innerhalb der nächsten zwei Jahre erfolgen. Zeit ist Geld, das weiß Reidl. Der Projektentwickler, Bauträger und Investor hat nach eigener Aussage bereits einige Projekte realisiert. Zuletzt etwa das Lieblgut in Breitbrunn bei Prien, ebenfalls ein historisches Gebäude, das derzeit umgebaut wird.

Doch im Fall des alten Oberbahnamts scheint die Zeit auch deshalb zu drängen, weil sein baulicher Zustand dramatisch schlecht ist. Der Jahrzehnte lange Leerstand hat den Mauern zugesetzt. Feuchtigkeit zieht sich vom Keller bis ins Obergeschoss. Die innen liegende Wendeltreppe gilt als einsturzgefährdet. Man könne zwar hochsteigen, sagt Reidl, allerdings sei höchste Vorsicht geboten. Insgesamt sei es für das Objekt „Fünf vor Zwölf“. Dringend müssten die Arbeiten beginnen, zumal es mittlerweile durch das Dach regne.

Doch natürlich sehen Reidl, Zimmermann und Richter vor allem Potenzial in dem Objekt: Reidl schwärmt vom alten Fischgrätparkett, das ursprünglich verlegt und später einfach überklebt worden sei. Von der Treppe, die man retten müsse, auch wenn es teuer werde, von den überhohen Decken in den Räumen. „Die emotionale Schiene“ nennt er das. Spricht von einem „erheblichen finanziellen Risiko“, das man trage, aber gerne eingehe. Keinesfalls will er sich und die Projektgesellschaft als „Heuschrecke“ verstanden wissen, die übers Land ziehe, saniere und teuer verkaufe.

Doch eben diese Bedenken gibt es. Schon im Stadtrat hatte es die Überlegung gegeben, das Objekt in städtischer Hand zu halten. Die Entscheidung zum Verkauf fiel mehrheitlich, mit elf Gegenstimmen. Die Stadt hat sich ein Vorkaufsrecht in den Vertrag geschrieben, für den Fall, dass das Objekt nach der Fertigstellung verkauft werden sollte. Reidl selbst verweist in diesem Zusammenhang auch auf die Dienstbarkeit, die vertraglich geregelt ist und eine rein gewerbliche Nutzung im Sinne von Büros, Praxen und Gastronomie vorsehe. Wohnungen an diesem stark frequentierten und lauten Standort werde es auf keinen Fall geben, sagt er, auch wenn das sicher deutlich lukrativer sei. Ihm ist ganz offensichtlich daran gelegen, etwaige Vorbehalte zu zerstreuen: „Die Menschen können sich beruhigen, das Oberbahnamt ist in einheimischer Hand und wird behutsam saniert“, sagt er. Und biete zugleich an, dass sich die Menschen direkt an ihn wenden können, wenn sie Fragen haben (siehe Kasten).

Wie es auch kommen mag, für das königlich-bayerische Oberbahnamt beginnt nun ein neues Kapitel in seiner wechselvollen Geschichte. Einst als Teil einer repräsentativen Bahn-Anlage gebaut und 1876 fertiggestellt, blickt es zurück auf unterschiedlichste Nutzungen. Bereits vor einigen Jahren hatte die Stadt versucht, das Gebäude zu verkaufen.

Planungen

aus einem Guss

2015 dann hatten sich Fabian Zimmermann und Roland Rieger bei einem Bieterverfahren durchgesetzt mit ihrem Konzept für eine gewerbliche Nutzung mit Büros und Gastronomie. Dass nun noch einmal vier Jahre bis zum endgültigen Verkauf ins Land gezogen sind, lag nach Angaben der Stadt insbesondere daran, dass man die Entwicklung rund um das ehemalige Oberbahnamt voranbringen wollte, mit dem Ziel, ein Areal wie aus einem Guss zu schaffen. Jetzt, wo der Südtiroler Platz mehr und mehr Gestalt annimmt, beginnt für das Oberbahnamt eine neue Zeitrechnung. Der Schandfleck soll umgebaut werden in ein Schmuckstück – ein repräsentatives Entree in Richtung Stadtmitte.

Direkter Draht

Wer Fragen zu dem Projekt Oberbahnamt am Rosenheimer Bahnhof hat, kann sich an Maximilian Reidl wenden. Per Mail an:
oberbahnamt@finmo.de.

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