Rosenheim – Heute Abend entscheiden die Rosenheimer Stadträte über die Fortschreibung des Nahverkehrsplans. Er regelt die Zukunft des Busverkehrs für Stadt und Landkreis. Die Zustimmung aller Fraktionen gilt als sicher, auch wenn es innerhalb der Fraktionen durchaus unterschiedliche Meinungen gibt. Parteiübergreifendes Ziel ist es, dass mehr Menschen mit dem Bus fahren und das eigene Auto dafür stehen lassen.
Weniger Stau und
eine bessere Luft
Dank der im Nahverkehrsplan festgeschriebenen Regeln soll der Verkehr in Rosenheim entlastet werden. Das heißt, weniger Individualverkehr, weniger Staus, weniger Stress – und natürlich auch weniger Emissionen, was dem Klimaschutzgedanken Rechnung trägt. Ziele, die sich alle Fraktionen auf die Fahnen geschrieben haben. Die aber auch verlangen, das Busnetz so zu gestalten, dass die Kunden es gerne nutzen.
Eine Notwendigkeit, die in der Stadt für viel Streit gesorgt hat, zwischen der „Stadtverkehr Rosenheim GmbH“ (SVR) sowie der Stadt Rosenheim und der Rosenheimer Verkehrsgesellschaft (RoVG). Denn die SVR, die eigenwirtschaftlich das Busnetz in Rosenheim betreibt, fürchtet, die Konzessionen und damit die Existenz zu verlieren, wenn die Forderungen aus dem fortgeschriebenen Nahverkehrsplan umgesetzt werden müssen. Dessen Grundlagen hat das Büro „Plan-Mobil“ in Kassel im Auftrag der RoVG für Stadt und Landkreis Rosenheim erarbeitet. Fazit der Untersuchung: Wenn die Stadt ein dichteres Liniennetz und einen besseren Takt haben möchte, dann muss sie vieles ändern. So viel, dass es fraglich ist, ob die SVR noch für sich wirtschaftlich fahren kann.
Nach Diskussionen im Werkausschuss und im Rahmen einer Sondersitzung scheint nun allerdings klar: Die Stadträte wollen an der SVR festhalten – zumindest so lange sich ein Weg finden lässt, zusammen mit dem SVR und deren Geschäftsführer Ingmar Töppel eine Verbesserung des ÖPNV zu erreichen. Töppels Sorge um das Fortbestehen der SVR sei verständlich, dennoch müsse sich im Busverkehr deutlich etwas ändern, so der Tenor in den Fraktionen. Nichtsdestotrotz haben die Stadträte während einer Sondersitzung auch beschlossen, beim Freistaat finanzielle Unterstützung einzufordern, sollte sich herausstellen, dass ein fahrgastorientierter ÖPNV mit dem SVR allein nicht erreicht werden kann. Die Stadträte entsprachen damit einem Antrag der SPD-Stadtratsfraktion. Zur Diskussion steht auch, dass die Stadt selbst einige Aufgaben in Kooperation mit der SVR übernehmen könnte. Für diesen Fall allerdings gilt zu klären, ob das die Regierung von Oberbayern erlaubt, die für die Vergabe der Konzessionen zuständig ist.
Unklarheiten bei
Konzessionsvergabe
Einige Detailfragen haben die Rosenheimer Stadträte einstimmig verabschiedet. Dazu gehören Forderungen der Stadtratsfraktion der Grünen: ein Verkehrsverbund mit einem einheitlichen Erscheinungsbild und mit einem einheitlichen Tarif- und Fahrkartensystem, ein durchgängiges Angebot auch am Wochenende, eine Fahrzeugflotte, die auf lange Sicht schadstofffrei fährt. Außerdem eine barrierefreie Infrastruktur des ÖPNV bis zum Jahr 2030. Zudem soll es, ganz im Sinne der SPD, keine Ringlinien mehr geben. Und die Betriebszeiten müssen verlängert werden, sollen die Busse abends länger fahren.
Zur Diskussion steht die Vergabe der Konzessionen für die einzelnen Buslinien. Sie sollen harmonisiert werden. Ziel ist es, dass alle Konzessionen zum gleichen Zeitpunkt enden. Bisher ist das nicht so. Zur Diskussion steht dabei auch die Laufzeit der einzelnen Konzessionen.
Welche Kraft die Fortschreibung des Nahverkehrsplans entfalten wird, lässt sich derzeit nicht abschätzen. Wann es welche Veränderungen für die Kunden geben wird, ist offen. Die Rede ist von zwei Jahren, die notwendig sind, um erste Schritte sichtbar zu machen. Schwierig sind die Prognosen unter anderem deshalb, weil der Untersuchung von „Plan-Mobil“ keine Fahrgastzahlen zugrunde liegen.
Prognosen
sind schwierig
Wie berichtet, hatten die Fachleute die Situation in Rosenheim untersucht, ohne zu wissen, wie viele Menschen derzeit auf den einzelnen Buslinien unterwegs sind. Dass die Zahlen fehlten, hatten sich SVR-Geschäftsführer Töppel auf der einen Seite und die Vertreter der RoVG und der „Plan-Mobil“ gegenseitig vorgeworfen, unter dem Hinweis mangelnder Kooperationsbereitschaft. Ingmar Töppel zumindest warnt vor der Zukunft des ÖPNV in Rosenheim: Man habe aus rein politischen Überlegungen „Maximalforderungen postuliert“, ohne abschließend zu wissen, welche Folgen und vor allem Kosten sich daraus ergeben können. In einem Schreiben an die Stadträte bittet Töppel erneut um Gesprächsbereitschaft. Und schließt mit dem Hinweis, man könne mit der SVR über alles reden – bis hin „zum Verkauf des Unternehmens“.
Die Entscheidung fällt heute Abend als Tagesordnungspunkt 7 in der Sitzung des Stadtrats. Beginn ist um 17 Uhr im großen Sitzungssaal des Rathauses.